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Die Ent­ste­hung des deut­schen Bank­ge­set­zes von 1875 und die Ent­wick­lung eines geld­po­li­ti­schen Rah­mens zwi­schen 1866 und 1876 waren tief in den poli­ti­schen Pro­zes­sen der Zeit ver­wur­zelt. Die poli­ti­schen Ver­än­de­run­gen, ins­be­son­de­re die Grün­dung des Nord­deut­schen Bun­des, schu­fen die Vor­aus­set­zun­gen für die Har­mo­ni­sie­rung der Wäh­rungs­be­stim­mun­gen und die Ein­füh­rung eines ein­heit­li­chen Wäh­rungs­sys­tems[1]Germany’s 1875 Ban­king Act and the gene­sis of a mone­ta­ry frame­work, 1866–76.

Poli­ti­sche Erneue­rung und Währungsreform

Nach der Nie­der­la­ge Öster­reichs gegen Preu­ßen im Jahr 1866 wur­de der Nord­deut­sche Bund gegrün­det, des­sen Ver­fas­sung die Regu­lie­rung mone­tä­rer Ange­le­gen­hei­ten unter Bun­des­kom­pe­tenz stell­te. Dies führ­te zu einem brei­ten Gefühl der poli­ti­schen Erneue­rung, das Schlüs­sel­ak­teu­re mobi­li­sier­te, um an der Wäh­rungs­re­form teil­zu­neh­men. Die Ver­ab­schie­dung der Münz­ge­set­ze von 1871 und 1873 mar­kier­te den Über­gang zu einer gold­ba­sier­ten Wäh­rung, wäh­rend das Gesetz über kai­ser­li­che Schatz­schei­ne von 1874 die Aus­ga­be von Staats­schei­nen zentralisierte.

Die Rol­le der Reichsbank

Die Debat­te über die Regu­lie­rung des Bank­we­sens erreich­te 1874 ihren Höhe­punkt. Lud­wig Bam­ber­ger trat vehe­ment für die Ein­rich­tung einer Reichs­bank ein, was letzt­lich zur Ein­be­zie­hung die­ser Insti­tu­ti­on in das geplan­te Gesetz führ­te. Die anfäng­li­chen Wider­stän­de der preu­ßi­schen Regie­rung, die auf finan­zi­el­len Inter­es­sen beruh­ten, wur­den durch den Druck des Reichs­tags und die wach­sen­de öffent­li­che Mei­nung über­wun­den. Bam­ber­ger argu­men­tier­te, dass eine Reichs­bank für das natio­na­le Inter­es­se uner­läss­lich sei, und schaff­te es, die poli­ti­sche Dimen­si­on die­ser The­ma­tik in den Vor­der­grund zu rücken.

Legis­la­ti­ve Pro­zes­se und Kompromisse

Die Legis­la­ti­ve folg­te einem prag­ma­ti­schen Ansatz, indem sie sich auf klei­ne, umsetz­ba­re Schrit­te kon­zen­trier­te, anstatt auf eine umfas­sen­de Reform zu drän­gen. Das Bank­ge­setz von 1875 wur­de unter Berück­sich­ti­gung poli­ti­scher Sen­si­bi­li­tä­ten und der Not­wen­dig­keit eines Kon­sen­ses ver­ab­schie­det. Es zen­tra­li­sier­te die Noten­aus­ga­be und leg­te die Grund­la­ge für die Reichs­bank als zen­tra­le Insti­tu­ti­on zur Regu­lie­rung des Geld­um­laufs. Die Reichs­bank über­nahm schnell die Domi­nanz im Noten­aus­ga­be­pro­zess, wäh­rend vie­le pri­va­te Ban­ken auf­grund der neu­en Anfor­de­run­gen ihre Lizen­zen aufgaben.

Lang­fris­ti­ge Auswirkungen

Die Eta­blie­rung der Reichs­bank und die Bestim­mun­gen des Bank­ge­set­zes tru­gen zur Sta­bi­li­tät und Inte­gra­ti­on des deut­schen Finanz­sys­tems bei. Die Reichs­bank wur­de zum wich­tigs­ten Akteur im Geld­we­sen und setz­te eine ein­heit­li­che Geld­po­li­tik um. Trotz anfäng­li­cher Skep­sis in Bezug auf zen­tra­le Bank­funk­tio­nen wur­de die Reichs­bank zu einem Instru­ment der poli­ti­schen Steue­rung und dien­te als „Hüter der Währung“.

Fazit

Ins­ge­samt ver­deut­licht die Geschich­te des Bank­ge­set­zes, wie eng mone­tä­re und poli­ti­sche Inter­es­sen mit­ein­an­der ver­knüpft sind. Die Inte­gra­ti­on der Wäh­rungs­re­form in den poli­ti­schen Kon­text der Zeit zeigt, dass wirt­schaft­li­che Sta­bi­li­tät oft von poli­ti­schen Kom­pro­mis­sen und der Fähig­keit abhängt, auf sich ver­än­dern­de Umstän­de zu reagie­ren. Die­se Erkennt­nis­se sind auch für gegen­wär­ti­ge mone­tä­re und poli­ti­sche Fra­ge­stel­lun­gen von Bedeu­tung, ins­be­son­de­re in einem Kon­text, in dem die Sta­bi­li­tät des Finanz­sys­tems und die Rol­le der Zen­tral­ban­ken zuneh­mend in den Fokus rücken.

Wei­te­re Informationen:

Von der Reichs­bank zur Bundesbank

“Geld-und Wäh­rungs­po­li­tik der Reichs­bank 1875–1914” von Mat­thi­as Wühle

Die Geld- und Wäh­rungs­po­li­tik der ers­ten Zen­tral­bank Deutsch­lands und ihre Lek­tio­nen für die Gegen­wart – Inter­view mit Dr. Mat­thi­as Wühle