Von Ralf Keuper
Die Digitalisierung wird häufig als ein Vorgang interpretiert, der dafür sorgt, dass die Nutzer ihre verschiedenen Transaktionen orts- und zeitunabhängig durchführen können. Mittels digitaler Transformation soll die alte, analoge Welt (Geräte, Bargeld, Filialen) in die neue überführt werden, deren hervorstechendes Merkmal die Dematerialisierung ist, d.h. aus Dingen werden Daten.
Über die Wirtschaft und Gesellschaft hat sich eine neue Abstraktionsebene gelegt, die der Medienphilosoph Peter Weibel als Daten- und Medienindustrie bezeichnet. Das eigentlich Revolutionäre an der Digitalisierung ist, dass es zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit möglich ist, Dinge in Daten und die Daten wiederum in Dinge zu verwandeln – Beispiel: 3D-Druck. In der analogen Welt, in der Welt der Sprache und Bilder besteht diese Möglichkeit nicht: Das Wort Stuhl kann nicht dazu verwendet werden, einen echten, materiellen Stuhl zu erzeugen. Auch ein Bild von einem Stuhl kann nicht als Vorlage verwendet werden, um daraus einen Stuhl herzustellen.
Die Logik der Produktion, wofür hierzulande die Maschinenbauer und Automobilhersteller exemplarisch sind, wurde durch die Logik der (Daten-)Distribution abgelöst, wofür Unternehmen wie Google und Amazon stehen. Hier spielt die Musik. Länder, die es versäumen, eine eigene Daten- und Medienindustrie aufzubauen, werden daher über kurz oder lang auch in der Produktion …