Die erneu­te auf­sicht­li­che Inter­ven­ti­on bei N26 ist kein Betriebs­un­fall, son­dern die logi­sche Kon­se­quenz eines Geschäfts­mo­dells, das Ska­lie­rung sys­te­ma­tisch über Sub­stanz gestellt hat. Für die deut­sche Fin­tech-Bran­che mar­kiert der Fall einen Wendepunkt.


Dass die BaFin erneut gegen N26 vor­geht[1]Das Dra­ma bei N26 geht wei­ter – jetzt greift die BaFin wie­der ein, über­rascht nur, wer das Nar­ra­tiv der Neo­bank für bare Mün­ze genom­men hat[2]Auf die­sem Blog beglei­ten wir N26 seit Jah­ren. Dabei hat sich immer deut­li­cher her­aus­ge­stellt, dass die Umset­zung regu­la­to­ri­sche Vor­ga­ben nicht unbe­dingt höchs­te Prio­ri­tät hat­te: N26: Erfolg … Con­ti­nue rea­ding. Die Geschich­te bestä­tigt viel­mehr, was sich seit Jah­ren abzeich­net: Das Insti­tut hat sei­ne struk­tu­rel­len Haus­auf­ga­ben nie wirk­lich gemacht. Die Auf­sicht zieht nun kon­se­quent nach.

Die Fak­ten spre­chen eine deut­li­che Spra­che[3]N26 Bank SE: BaFin ord­net Maß­nah­men­pa­ket an. Eine Son­der­prü­fung im Jahr 2024 sowie die Prü­fung des Jah­res­ab­schlus­ses erga­ben, dass bei N26 kei­ne ord­nungs­ge­mä­ße Geschäfts­or­ga­ni­sa­ti­on gege­ben war. Die BaFin benennt gra­vie­ren­de Män­gel in drei Kern­be­rei­chen: im Risi­ko­ma­nage­ment, im Beschwer­de­ma­nage­ment und bei der Orga­ni­sa­ti­on des Kre­dit­ge­schäfts. Das Maß­nah­men­pa­ket, das seit dem 10. und 13. Dezem­ber 2025 bestands­kräf­tig ist, fällt ent­spre­chend umfas­send aus: Die Behör­de hat einen Son­der­be­auf­trag­ten bestellt, zusätz­li­che Eigen­mit­tel­an­for­de­run­gen ver­hängt und Geschäfts­be­schrän­kun­gen ange­ord­net. Kon­kret darf N26 in den Nie­der­lan­den kein Neu­ge­schäft mit Hypo­the­ken­kre­di­ten mehr betrei­ben; auch die Ver­brie­fung von For­de­run­gen aus die­sem Geschäft ist dem Insti­tut untersagt.

Es ist nicht das ers­te Mal, dass die Auf­sicht durch­greift. Bereits 2021 ver­häng­te die BaFin eine Geld­bu­ße von 4,25 Mil­lio­nen Euro wegen ver­spä­te­ter Geld­wä­sche­ver­dachts­mel­dun­gen und setz­te einen Son­der­be­auf­trag­ten ein. 2024 folg­te eine wei­te­re Stra­fe über 9,2 Mil­lio­nen Euro – aber­mals wegen sys­te­ma­tisch ver­spä­te­ter Mel­dun­gen. Dass die Wachs­tums­be­schrän­kung für Neu­kun­den erst im Mai 2024 auf­ge­ho­ben wur­de, nur um weni­ge Mona­te spä­ter erneut schwe­re Defi­zi­te fest­zu­stel­len, wirft Fra­gen auf, die über ope­ra­ti­ve Ver­säum­nis­se hinausgehen.

Die auf­sicht­li­che Dimen­si­on des Vor­gangs wiegt schwer. Bereits in der Ver­gan­gen­heit hat­te die BaFin Son­der­auf­la­gen ver­hängt, um Defi­zi­te in den Kon­troll­sys­te­men zu adres­sie­ren. Dass die Behör­de nun aber­mals ein­grei­fen muss, legt nahe, dass Män­gel bei Com­pli­ance, Risi­ko­ma­nage­ment oder IT-Kon­trol­len nicht nach­hal­tig abge­stellt wur­den. Für ein Insti­tut mit Voll­bank­li­zenz han­delt es sich dabei nicht um einen ent­schuld­ba­ren Wachs­tums­schmerz, son­dern um ein Kern­pro­blem, das die Trag­fä­hig­keit des Geschäfts­mo­dells selbst berührt.

Im Zen­trum steht ein Gover­nan­ce-Defi­zit, das für vie­le Neo­ban­ken cha­rak­te­ris­tisch ist. Das Prin­zip „Hyper­growth first, Gover­nan­ce later” prägt die Bran­che seit ihren Anfän­gen. Hohe Kun­den­zah­len und ambi­tio­nier­te Bewer­tun­gen tref­fen auf unter­ent­wi­ckel­te Pro­zes­se – ins­be­son­de­re in der Geld­wä­sche­prä­ven­ti­on, im Betrugs­ma­nage­ment und bei inter­nen Kon­troll­sys­te­men. Dass die Auf­sicht wie­der­holt ein­schrei­ten muss, spricht gegen eine lern­fä­hi­ge Gover­nan­ce-Struk­tur. Von einem nach­hal­ti­gen Kul­tur­wan­del in Rich­tung regu­la­to­ri­scher Rei­fe kann offen­bar kei­ne Rede sein.

Die Markt­wir­kung des Falls reicht über N26 hin­aus. Für den deut­schen und euro­päi­schen Fin­tech-Sek­tor ist er ein unmiss­ver­ständ­li­ches Signal: Die regu­la­to­ri­sche Tole­ranz für das Sili­con-Val­ley-Cre­do „Move fast and break things” ist im Zah­lungs­ver­kehr und Retail-Ban­king end­gül­tig erschöpft. Für eta­blier­te Ban­ken wie­der­um bie­tet der Vor­gang eine Steil­vor­la­ge. Das Argu­ment der Sicher­heit, Sta­bi­li­tät und Regu­lie­rungs­kom­pe­tenz lässt sich gegen­über Kun­den wie Poli­tik nun mit neu­er Glaub­wür­dig­keit vor­tra­gen – wenn da nicht die eige­nen z.T. gra­vie­ren­den Defi­zi­te wären …

Was bleibt, ist die Fra­ge, ob N26 die Kur­ve noch bekommt – oder ob der Fall exem­pla­risch zeigt, dass man­che Geschäfts­mo­del­le mit den Anfor­de­run­gen einer regu­lier­ten Bran­che struk­tu­rell inkom­pa­ti­bel sind.