Von Ralf Keuper
Es ist eigentlich nur logisch, wenn Messaging Plattformen irgendwann dazu übergehen nicht nur das Versenden von Nachrichten in Form von Texten und Bildern, sondern auch von Geld zu ermöglichen; schließlich ist Geld auch ein Medium.
Wenn die mit ca. 1,6 Mrd. Nutzern größte Messaging-Plattform der Welt ihre Fühler in Richtung Zahlungsabwicklung ausstreckt, dann hat das schon Gewicht. Und wenn man dann noch bedenkt, dass die weltweit zweitgrößte Messaging-Plattform WeChat diesen Schritt schon vollzogen hat, dann spricht einiges dafür, dass wir es hier mit einem Phänomen zu tun haben, das die Bankenlandschaft verändern kann.
Vor einiger Zeit befasste sich Eric Van der Kley von Level39 in Alibay, DACS and the Non-Bank of Facebook mit dem Potenzial von Messaging-Plattformen im Finanzbereich.
Für Hamish McRae wird Facebook das Banking für immer verändern, jedoch zu einem – je nach Sichtweise – hohen Preis, wie er in Facebook payment system will change banking forever, but it comes with its own price tag – your privacy schreibt.
Für die Banken besteht die Gefahr, aus ihrem Stammgeschäft gedrängt und in ihrer wichtigsten Funktion, der Risikoeinschätzung, ersetzt zu werden.
If you know where people have been, what sites they visit, what apps they download, and also their spending habits, you know a massive amount about them – much more than their bankers, the credit and debit card companies, and more than their mobile phone operators. Instead of the crude contextual advertisements of the moment, or the even cruder points-based credit scoring systems, a company could not only target users with sensible advertising, but also be able to make a judgement as to whether people were a good credit risk or not.
Der gläserne Kunde, der sich mit sanftem Druck in eine bestimmte Richtung lenken, ein bestimmtes Ausgabeverhalten aufprägen lässt, könnte das Ergebnis der Bestrebungen von Facebook sein. Die Bequemlichkeit des bargeldlosen Zahlens mittels Messaging-Dienst hat für die Kunden einen Nebeneffekt: Sie zahlen mit ihren Daten und letztlich mit einem Stück Privatheit:
At one extreme there are transaction mechanisms that reveal everything about you: who you are, your monthly income, where you are, what you are buying, and who from. And at the other there is a transaction mechanism that reveals nothing: it is called cash.
Jetzt ist es immer von der jeweiligen Zeit abhängig, was die Menschen unter Privatheit verstehen. Unser Verständnis von Privatheit ist ein anderes, als das der Menschen im 19. Jahrhundert.
Bekommen wir als Reaktion auf die neuen Dienste, bei denen die Kunden vor allem mit ihren Daten zahlen, bald das neue Zeitalter des Barocks, wie Alexander Erofeev in Privatsphäre im Internet: Das neue Zeitalter des Barocks behauptet? Die Menschen würden demnach nach Mittel und Wegen suchen, sich anonym im Netz bewegen zu können – u.a. mit gefälschten Online-Identitäten. Auf der anderen Seite sieht der Autor die Entstehung neuer Gemeinschaften, die sich nach außen hin abschotten, nach innen jedoch transparent sind.
Die Rolle der Banken müsste m.E. zwischen diesen beiden Extremen sein: Die Kunden vor dem Zugriff der “Datenkraken” so weit wie möglich zu schützen, ihnen die Hoheit über ihre Daten zu ermöglichen, und andererseits die Bildung einer Gemeinschaft zu unterstützen, in der die Nutzer ihre Daten tauschen können, ohne die Sorge haben zu müssen, dabei ein schlechtes Geschäft zu machen oder sonst einen Nachteil zu haben.
Vom Modell, von der Philosophie her wäre das nahe bei den Genossenschaftsbanken und Sparkassen.
Die Deutsche Bank hat auf die Entwicklung bereits reagiert, wie aus den Folien 27 und 34 von Online, Mobile und Filiale:Das Digitale Ökosystem der Deutschen Bank hervorgeht.