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„Wie ich es auch dre­he und wen­de, so kom­me ich in die­sem Dra­ma zu kei­nem guten Ende” – mit die­sen Wor­ten, ange­lehnt an Peter Weiss, lässt sich die Geschich­te der deut­schen Lan­des­ban­ken tref­fend beschrei­ben. Sie gleicht einem klas­si­schen Dra­ma – mit dem Unter­schied, dass eine rei­ni­gen­de Kathar­sis aus­bleibt. Es ist das Schau­spiel einer Insti­tu­ti­on, die ihre his­to­ri­sche Mis­si­on ver­lo­ren hat, aber zu stolz oder zu ver­strickt ist, um von der Büh­ne abzu­tre­ten. Die “ver­ges­se­ne vier­te Säu­le”[1]Die ver­ges­se­ne vier­te Säu­le – die Grün­dung von Staats- und Lan­des­ban­ken in der deut­schen Kre­dit­wirt­schaft des deut­schen Bank­we­sens hat ihre Funk­ti­on längst ver­lo­ren. Sie trägt nicht mehr, sie gefähr­det die gesam­te Sta­tik des Gebäudes. 


Der Fall der Titanen

Die Finanz­kri­se von 2007/​2008 riss den Vor­hang auf und leg­te scho­nungs­los offen, was vie­le längst geahnt hat­ten: Die deut­schen Lan­des­ban­ken waren zu Hasar­deu­ren gewor­den. Wäh­rend pri­va­te Ban­ken wenigs­tens noch den Markt­me­cha­nis­men unter­wor­fen waren, genos­sen die Lan­des­ban­ken bis 2005 den schüt­zen­den Schirm der Gewähr­trä­ger­haf­tung. Die­se staat­li­che Garan­tie ver­lieh ihnen auf den inter­na­tio­na­len Finanz­märk­ten einen unschätz­ba­ren Vor­teil – bes­se­re Kon­di­tio­nen, höhe­re Kre­dit­wür­dig­keit, grö­ße­re Risikobereitschaft.

Doch dann kam der Bruch. Der Weg­fall der Gewähr­trä­ger­haf­tung war mehr als nur eine regu­la­to­ri­sche Ände­rung; er war ein Para­dig­men­wech­sel, der die Lan­des­ban­ken ihrer exis­ten­zi­el­len Grund­la­ge beraub­te. Plötz­lich muss­ten sie sich wie jede ande­re Bank am Markt bewei­sen – ein Spiel, für das sie nicht gerüs­tet waren.

Was folg­te, war eine Pha­se der Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit. Auf der Suche nach einem neu­en Geschäfts­mo­dell war­fen sich die Insti­tu­te in das ver­meint­lich lukra­ti­ve Aben­teu­er des Invest­ment­ban­king. Die Ver­lo­ckung war groß: hohe Gewin­ne bei schein­bar über­schau­ba­ren Risi­ken im Han­del mit struk­tu­rier­ten Finanz­pro­duk­ten. Es war eine Annah­me, die sich als fata­ler Irr­tum erwei­sen sollte.

Der WestLB – einst die größ­te und mäch­tigs­te Lan­des­bank Deutsch­lands – kos­te­te die­ser Aus­flug die Exis­tenz. Ande­re gerie­ten in gefähr­li­che Schief­la­ge. Eine Stu­die des Max-Planck-Insti­tuts für die Erfor­schung von Gemein­schafts­gü­tern kam 2014 zu dem ver­nich­ten­den Urteil, dass nicht die Deut­sche Bank, son­dern die staat­lich beein­fluss­ten Lan­des­ban­ken der eigent­li­che Herd der Finanz­kri­se in Deutsch­land waren.

Die ewi­ge Suche nach dem ver­lo­re­nen Geschäftsmodell

„Sie haben sich in der Kri­se ver­spe­ku­liert und hän­gen am Tropf des Staa­tes. Sie bestehen wohl nur noch des­halb, weil es der­zeit kei­ne Käu­fer gibt.” Die­se har­schen Wor­te von Susan­ne Schmidt, Toch­ter des ehe­ma­li­gen Bun­des­kanz­lers Hel­mut Schmidt, aus dem Jahr 2010 haben nichts an ihrer Aktua­li­tät ver­lo­ren. Mehr als ein Jahr­zehnt spä­ter ste­hen die Lan­des­ban­ken immer noch vor der­sel­ben exis­ten­zi­el­len Fra­ge: Wozu sind sie eigent­lich da?

Die Ant­wort dar­auf fällt schwer. Im regio­na­len Fir­men­kun­den­ge­schäft kon­kur­rie­ren sie mit ihren eige­nen Anteils­eig­nern, den Spar­kas­sen, sowie mit Volks­ban­ken und der Com­merz­bank. Im inter­na­tio­na­len Geschäft feh­len ihnen die Exper­ti­se und die Markt­macht der Groß­ban­ken. Sie sind zu groß für das regio­na­le Geschäft und zu klein für das glo­ba­le – eine struk­tu­rel­le Zwi­schen­po­si­ti­on, die sie hand­lungs­un­fä­hig macht.

Johann Rudolf Flesch sah bereits 2010 kei­ne stra­te­gi­sche Opti­on mehr für die tra­di­tio­nel­len Lan­des­ban­ken: „Es gibt für Lan­des­ban­ken kei­ne stra­te­gi­sche Opti­on, die einen Über­gang aus dem tra­dier­ten in ein neu­es Geschäfts­mo­dell ermög­licht.” Sei­ne Pro­gno­se war düs­ter, aber prä­zi­se: „Das Kapi­tel der ‚tra­di­tio­nel­len Lan­des­ban­ken’ ist abgeschlossen.”

Das Dilem­ma der digi­ta­len Transformation

Die fort­schrei­ten­de Digi­ta­li­sie­rung hat den Druck auf die Lan­des­ban­ken zusätz­lich ver­schärft. Wäh­rend Fintechs und Big­Tech-Unter­neh­men mit schlan­ken Struk­tu­ren und inno­va­ti­ven Ansät…