Von Ralf Keuper
Verglichen mit Mobile Payments scheinen die Aussichten der Banken, im Bereich B2B Payments eine führende Rolle spielen zu können, um einiges günstiger zu sein. Belegen lässt sich diese Annahme u.a. durch die Meldung, die in den vergangenen Tagen für einiges Aufsehen sorgte, dass nämlich der Mainincubator der Commerzbank zusammen mit der Software AG als Lead Investoren an der Serie-B-Finanzierungsrunde der Traxpay AG beteiligt waren.
Die Kommentatoren berichten mit fast überschwenglichem Lob über den Shooting Star der B2B Payments-Szene, wie auf PYMNTS.com und Forbes.
Momentan sind die elektronischen Bezahlvorgänge zwischen Unternehmen von zahlreichen Medienbrüchen und manuellen Eingaben geprägt. Da konsolidierte Datenbestände häufig fehlen und die Zahlungen nur in den seltensten Fällen in Echtzeit über die Bühne gehen, sind gezielte Datenauswertungen ebenso wie ein professionelles Cash Management kaum bis gar nicht realisierbar.
Traxpay wirbt nun damit, mit seiner Lösung Dynamic Payments diesem Missstand abhelfen zu können. Bisherigen B2B-Systeme fehlt die letzte, aber entscheidende Komponente: die Zahlungsfunktion.
Auf dem Firmenblog heisst es dazu:
The execution, clearing, and settlement of the payment itself is a completely disconnected process. And that means, ironically, that there is no actual integrated “pay” component in e‑payables. There is no fully automated commerce in B2B commerce networks. Payments are entirely separate and disconnected.
An diesem Punkt setzt Dynamic Payments an. Die integrierte Workflow Engine, die sich laut Traxpay ohne großen Aufwand in die bestehenden Geschäftsprozesse einfügen lässt, führt die zahlungsrelevanten Daten, seien sie strukturierter oder unstrukturierter Art, zusammen. Gleichzeitig sorgt sie dafür, dass die Daten zwischen den an dem Zahlungsvorgang beteiligten Parteien synchronisiert werden. Als eigentlichen Clou bezeichnet Traxpay, mit seiner cloud-basierten Lösung bisher voneinander getrennte Sichten zu einem Bild zusammenfügen zu können. Dieses setzt sich zusammen aus der Unternehmensebene (Enterprise Data), den Zahlungsflüssen (Cash Flow) und der Finanzierung entlang der Lieferkette (Supply Chain Financing).
Durch die Kontrolle über den stetigen Informations- und Zahlungsfluss können die beteiligten Parteien – im Idealfall – ihre Liquidität so effektiv wie möglich verwenden. Unnötige Zahlungsverzögerungen, u.a. weil die Zahlungen nicht den Rechnungen zugeordnet werden können, gehören damit der Vergangenheit an. Ebenso verbessert sich das Management des Umlaufvermögens, des Working Capital.
Ein wichtiger Lückenschluss für die Realisierung einer modernen und den technologischen Möglichkeiten entsprechenden (internationalen) Unternehmensfinanzierung.
Überhaupt ist der Markt für B2B Payments in Bewegung. Hauptakteure sind hier, wie nicht anders zu erwarten, die großen E‑Commerce-Unternehmen wie Amazon, Alibaba und eBay.
Schon taucht die Frage auf, ob Alibaba in der Lage ist, den Markt für B2B Payments zu dominieren. Überraschenderweise werden Amazon nur geringe Chancen eingeräumt, was ich persönlich nicht wirklich nachvollziehen kann. Als Grund wird u.a. genannt, dass Amazon, anders als Alibaba, keinen direkten Zugriff auf die Hersteller von Industriegütern habe und es dem Unternehmen deshalb an der nötigen Erfahrung fehle. Weitere Kritik kommt von traxpay in dem Beitrag The Impact of Amazon Supply On The Wholesale Industry. Amazon, so traxpay ähnlich wie der zuvor genannte Einwand, fehle die Produktsicht. Die Konzentration gelte dort ganz dem Bezahlvorgang. Zu kurz kommen detailliertere Informationen zum Produkt, Angaben, die Geschäftskunden häufig benötigen, um ihre Kaufentscheidung treffen zu können.
Bei der Gelegenheit: Ein Unternehmen, das ebenfalls mit einer innovativen Payments – Lösung aufwarten kann, ist Credorax mit seiner Smart Acquiring Platform. Technologisches Herz des Ganzen ist die ePower Plattform. Das Unternehmen verfügt über eine Banklizenz.
Der eigentliche “Hecht im Karpfenteich” bei den B2B Payments ebenso wie beim Supply Chain Financing dürfte wohl Baseware sein. Das Lösungsportfolio des Unternehmens ist recht umfangreich und eindrucksvoll. Baseware verfügt über das weltweit größte Netzwerk für die Abwicklung elektronischer Rechnungen. Wieso Baseware der Überzeugung ist, den Nerv der Zeit im Supply Chain Management getroffen zu haben, erläutert der Vice President Bob Cohen auf dem Firmenblog:
The more companies adopt e‑payables solutions—which at Ardent Partners we refer to as those that automate all or part of the accounts payable process, including e‑invoicing, e‑payment, work flow, and document management solutions – the more companies can make decisions with visibility and insight into how they can and should pay their suppliers for maximum benefit. This visibility also enables suppliers to determine how and when to offer discounts for receiving early payments.
Zusammen mit MasterCard hat Baseware kürzlich eine neue Plattform für das automatisierte Supply Chain Financing aus der Taufe gehoben: Baseware Pay.
Vor diesem Hintergrund ist das Investment des Mainincubators in Traxpay keine schlechte Entscheidung. Sie könnte sich als wegweisend herausstellen. Die Commerzbank als führende Mittelstandsbank in Deutschland setzt damit ein deutliches Signal für die Branche. Die Bank scheint entschlossen zu sein, den hoch profitablen Bereich der B2B Payments nicht kampflos den Non- und Nearbanks wie Amazon und Alibaba sowie FinTech Startups wie Klarna, transferwise, Paymill, FastBill, Stripe, iZettle und licuos zu überlassen.
Für die Unternehmen mit eigenem Inhouse Banking bieten fortschrittliche B2B-Payments-Lösungen ganz neue Möglichkeiten in der Finanzierung – auch um sich weiter von den Banken zu emanzipieren.
Neben Kreditkartenunternehmen werden auch Logistikkonzerne und Handelsriesen wie Wal Mart versuchen, an den Erträgen aus dem Supply Chain Management zu partizipieren.
Schon sind Stimmen zu vernehmen, die Apple Pay als ernsthafte Alternative im Bereich B2B Payments sehen.
Jedenfalls scheint der Markt jetzt richtig in Schwung zu kommen. Da will auch American Express nicht tatenlos zuschauen und ist deshalb dabei seine Lösung für B2B Payments weiter zu entwickeln.
Weitere Dynamik wird einsetzen, wenn sich digitale und/oder virtuelle Währungen durchsetzen sollten. Mit Ripple steht bereits eine entsprechende Brückenwährung zur Verfügung. Von allen großen E‑Commerce-Unternehmen scheint eBay am entschlossensten zu sein, u.a. über seine Tochtergesellschaft Braintree, von dem Trend hin zu digitalen Währungen zu profitieren.
Anfang September diesen Jahres gab Alternet Systems eine Kooperation mit BitPay bekannt. Zusammen wollen sie das Ökosystem für die nächste Generation digitaler Währungen und Zahlungssysteme bilden.
Weitere Informationen:
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