Von Ralf Keuper

Die For­mu­lie­rung bzw. Meta­pher der Stra­te­gi­schen Wen­de­punk­te wur­de von Andy Gro­ve, dem Mit­grün­der von Intel, in sei­nem Buch Nur die Para­no­iden über­le­ben. Stra­te­gi­sche Wen­de­punk­te vor­zei­tig erken­nen in die Manage­ment­li­te­ra­tur eingeführt.

Mit der Zeit steu­ert jedes Unter­neh­men, jede Bran­che auf einen oder meh­re­re stra­te­gi­sche Wen­de­punk­te zu, die ein ent­schlos­se­nes Vor­ge­hen erfor­dern, sofern man nicht den Anschluss an die Ent­wick­lung ver­lie­ren und damit vom Markt ver­schwin­den will.

Gro­ve emp­fahl bei der Bestim­mung des IST-Zustan­des die fol­gen­de Fra­gen abzuarbeiten:

  • Ändert sich ihr Hauptkonkurrent?
  • Ändert sich etwas bei dem Haupt­an­bie­ter von Kom­ple­men­tär­pro­duk­ten? (Bran­chen­struk­tur)
  • Haben ihre Kol­le­gen und Mit­ar­bei­ter nicht mehr alles im Griff? d.h. haben Sie den Kon­takt zum Markt und den Kun­den verloren?

Mitt­ler­wei­le dürf­ten wohl kaum noch Zwei­fel bestehen, dass die Ban­ken­bran­che den stra­te­gi­schen Wen­de­punkt soeben pas­siert. Noch vor etwas über einem Jahr kam ich in dem ers­ten Bei­trag die­ser Serie Stra­te­gi­sche Wen­de­punk­te im Ban­king #1 zu dem vor­läu­fi­gen Ergeb­nis, dass sich die Bran­che auf den Wen­de­punkt zube­wegt. Heu­te hat sie ihn bereits erreicht. In spä­tes­tens einem Jahr wer­den wir wis­sen, ob die Ban­ken noch eine ech­te Chan­ce haben, das Ruder her­um­zu­rei­ßen, um nicht völ­lig den Anschluss zu verlieren.

Zur Lis­te der aku­ten Bedro­hun­gen des Geschäfts­mo­dells der Ban­ken ist die Ver­la­ge­rung wei­ter Tei­le des Bank­ge­schäfts auf die digi­ta­len und media­len Platt­for­men hin­zu­ge­kom­men. Ein Trend, der sich in den nächs­ten fünf Jah­ren noch deut­lich ver­stär­ken wird.

Zusam­men­fas­sen lässt sich die­se rela­tiv neue Markt- und Macht­ver­schie­bung unter dem Schlag­wort “Medi­al Turn”, der in der Medi­en­wis­sen­schaft seit eini­ger Zeit dis­ku­tiert wird, wie u.a. in dem Buch Phi­lo­so­phie nach dem “Medi­al Turn”. Bei­trä­ge zur Theo­rie der Medi­en­ge­sell­schaft.

Der Medi­en­wan­del, der Medi­al Turn hat die Ban­ken­bran­che voll erfasst.

Die eigent­li­che Bedro­hung beschreibt der Learn Signal Blog in Fin-tech Inno­va­ti­on: Unra­ve­ling Retail Ban­king Model ges­tern treffend:

The end game for the APS (alter­na­ti­ve pay­ments sys­tems) pro­vi­ders is to dis­place the tra­di­tio­nal fee-for-tran­sac­tion model reli­ed upon by the banks with new models based on using tran­sac­tion plat­forms for adver­ti­sing and ser­vices up-sel­ling. Thus, for exam­p­le, Goog­le is alre­a­dy fore­go­ing tran­sac­tions fees in exch­an­ge for using finan­cial ser­vices plat­forms as adver­ti­sing plat­forms. Fin-tech also holds the pro­mi­se of chal­len­ging the cur­rent sta­tus quo in the finan­cial advi­so­ry and plan­ning sub-sector.

Und eini­ge Zei­len später:

Recent ent­ry by Apple into APS space, built on the broa­der frame­work of iTu­nes is one exam­p­le of reve­nue stra­tegy sub­sti­tu­ti­on that acts to broa­den the mar­kets for tran­sac­tions, and ulti­m­ate­ly, retail ban­king. iTu­nes is a de fac­to digi­tal wal­let alre­a­dy. Exten­ding its offer to include pay­ments and ulti­m­ate­ly to offer a shared plat­form for allo­ca­ting depo­sits will be the first steps toward making it home for both direct peer-to-peer len­ding and to inter­me­dia­ted cre­dit issu­an­ce. Howe­ver, it also pro­mi­ses to draw in the demo­gra­phic curr­ent­ly not cap­tu­red by the new finan­cial ser­vices pro­vi­ders – the group of tra­di­tio­nal banks’ cus­to­mers in the age cate­go­ry 45 and older who are alre­a­dy the users of other iTu­nes services.

Zu einer ähn­li­chen Ein­schät­zung gelangt Ben Ros­si in The future of social tech­no­lo­gy in banking

In other words, the inte­gra­ti­on of a pay­ments ser­vice within social media will turn the likes of Face­book, Lin­ke­dIn and others into the ulti­ma­te desti­na­ti­on for pay­ments and e‑commerce.

Und das ist noch längst nicht alles: Neben den genann­ten Unter­neh­men sind Ten­cent, Bai­du, Alibaba/​Alipay, Drum Kakao und noch wei­te­re dabei, digitale/​mediale Öko­sys­te­me zu errich­ten, deren zen­tra­le Bestand­tei­le Bezahl­diens­te sind. Die gro­ßen Inter­net­kon­zer­ne drän­gen der­zeit mit gro­ßem Druck in die Film- und Unter­hal­tungs­in­dus­trie.

Einen wei­te­ren Über­blick über die Her­aus­for­de­run­gen der Bran­che lie­fert Rich Pell in dem Bei­trag Mobi­le pay­ment tech­no­lo­gy rea­ching cri­ti­cal mass?

Ange­sichts des­sen wir­ken die Rat­schlä­ge von McK­in­sey wie in The bank of the future recht alt­ba­cken. Es über­wiegt noch immer die Innen­sicht; Pro­zes­se, Kern­ban­ken­sys­te­me, Effizienz.

Wei­te­re Informationen:

Wes­halb die neu­en Medi­en­kon­zer­ne das Ban­king domi­nie­ren werden

Mobi­le Pay­ments, E‑Commerce und Social Media bewe­gen sich auf­ein­an­der zu

Sozia­le Medi­en und Mes­sa­ging-Diens­te über­neh­men im Ban­king eine Schlüsselfunktion

Stra­te­gi­sche Wen­de­punk­te im Ban­king #1

Stra­te­gi­sche Wen­de­punk­te im Ban­king #2

Stra­te­gi­sche Wen­de­punk­te im Ban­king #3

Stra­te­gi­sche Wen­de­punk­te im Ban­king #4

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert