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Die Dis­kus­si­on über die Not­wen­dig­keit von Fusio­nen inner­halb der Spar­kas­sen­or­ga­ni­sa­ti­on in West­fa­len-Lip­pe war stark geprägt von unter­schied­li­chen Auf­fas­sun­gen zwi­schen den kom­mu­na­len Trä­gern und höhe­ren staat­li­chen Stel­len wie dem Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um und dem WLSGV. Wäh­rend die kom­mu­na­len Trä­ger bei aus­rei­chen­der Ren­ta­bi­li­tät kei­nen Anlass zur Fusi­on sahen, argu­men­tier­ten die höhe­ren Stel­len für Fusio­nen zur Stei­ge­rung der Effi­zi­enz und Leis­tungs­fä­hig­keit der Sparkassen.

Hin­ter­grund der Reformen

Die kom­mu­na­le Neu­glie­de­rung und die Gebiets- sowie Ver­wal­tungs­re­for­men in den 1960er und 1970er Jah­ren führ­ten zu einer signi­fi­kan­ten Redu­zie­rung der Spar­kas­sen von 158 im Jahr 1965 auf ledig­lich 99 bis 1981. Die­se Refor­men ver­än­der­ten nicht nur die räum­li­chen Gren­zen der Kom­mu­nen, son­dern auch deren Ver­wal­tungs­struk­tu­ren. Die Fusio­nen wur­den als not­wen­dig erach­tet, um klei­ne­re und mitt­le­re Spar­kas­sen, die in einem sich ver­schär­fen­den Wett­be­werbs­um­feld oft nicht mehr selb­stän­dig ope­rie­ren konn­ten, zu stärken.

Ver­än­de­run­gen im Sparkassenwesen

Die Refor­men des Spar­kas­sen­ge­set­zes von 1958 und 1970 führ­ten zu einer stär­ke­ren Ver­selb­stän­di­gung der Spar­kas­sen. Die­se wur­den zu eige­nen Rechts­per­so­nen und konn­ten ihre Geschäf­te unab­hän­gig von der Kom­mu­nal­ver­wal­tung füh­ren. Die Ände­run­gen ziel­ten dar­auf ab, ein hand­lungs­fä­hi­ges Manage­ment zu eta­blie­ren, das den Anfor­de­run­gen eines Wett­be­werbs­mark­tes gerecht wer­den konn­te. Die­se Ver­än­de­run­gen tru­gen dazu bei, dass die Spar­kas­sen nicht nur als loka­le Insti­tu­te, son­dern auch als rele­van­te Akteu­re im über­re­gio­na­len Finanz­we­sen agierten.

Markt­ent­wick­lung und Wettbewerbsdruck

In den 1960er Jah­ren erleb­ten die Spar­kas­sen ein “gol­de­nes Zeit­al­ter”, geprägt von hohen Spar­ein­la­gen und einer star­ken Spar­fä­hig­keit der Bevöl­ke­rung. Den­noch begann ab 1960 ein Rück­gang des Markt­an­teils der Spar­kas­sen im Geschäft mit Spar­ein­la­gen, der von 63,5 % auf 55 % bis 1980 fiel. Die stei­gen­den Anfor­de­run­gen der Kun­den und der Wett­be­werb mit ande­ren Kre­dit­in­sti­tu­ten, ins­be­son­de­re durch Zins­li­be­ra­li­sie­run­gen und neue Bank­dienst­leis­tun­gen, erfor­der­ten eine Anpas­sung der Geschäftsmodelle.

Not­wen­dig­keit zur Rationalisierung

Die stei­gen­den Anfor­de­run­gen an die Ren­ta­bi­li­tät und die Effi­zi­enz führ­ten zu Über­le­gun­gen zur Ratio­na­li­sie­rung inner­halb der Spar­kas­sen. Die Dis­kus­si­on um Min­dest­be­triebs­grö­ßen und Effi­zi­enz­stei­ge­run­gen fand ihren Aus­druck in der Not­wen­dig­keit, Fusio­nen als Mit­tel zur Ver­grö­ße­rung und Sta­bi­li­sie­rung der Insti­tu­te zu betrach­ten. Der Fokus auf die Betriebs­grö­ße wur­de als ent­schei­dend ange­se­hen, um im Wett­be­werbs­um­feld bestehen zu können.

Poli­ti­sche und recht­li­che Rahmenbedingungen

Die poli­ti­sche Dimen­si­on spiel­te eine wesent­li­che Rol­le in den Fusi­ons­pro­zes­sen. Die kom­mu­na­len Trä­ger waren oft gegen Fusio­nen, da sie die loka­le Anbin­dung und Kon­trol­le über ihre Spar­kas­sen wah­ren woll­ten. Der Gesetz­ge­ber reagier­te auf die­se Beden­ken und schuf mit den Novel­len des Spar­kas­sen­ge­set­zes einen recht­li­chen Rah­men, der die Not­wen­dig­keit von Fusio­nen und die Auf­lö­sung von “Gemenge­la­gen” beton­te. Die­se recht­li­chen Vor­ga­ben führ­ten jedoch auch zu Kon­flik­ten über die Defi­ni­ti­on der “Leis­tungs­fä­hig­keit” von Spar­kas­sen, die von ver­schie­de­nen Akteu­ren unter­schied­lich inter­pre­tiert wurde.

Fusi­ons­dy­na­mik und Herausforderungen

Die Fusio­nen wur­den durch die Gebiets­re­for­men und die damit ver­bun­de­nen Ände­run­gen in der Trä­ger­schaft der Spar­kas­sen beschleu­nigt. Kom­mu­nen, Krei­se und Zweck­ver­bän­de muss­ten sich neu orga­ni­sie­ren, was oft zu Unsi­cher­hei­ten über die Zukunft der ein­zel­nen Spar­kas­sen führ­te. Wäh­rend eini­ge Akteu­re Fusio­nen als Mög­lich­keit sahen, die Leis­tungs­fä­hig­keit zu stei­gern, sahen ande­re in der Erhal­tung klei­ne­rer, orts­ge­bun­de­ner Spar­kas­sen einen wich­ti­gen Bestand­teil der kom­mu­na­len Identität.

Fazit

Ins­ge­samt war die Fusio­nie­rung von Spar­kas­sen ein kom­ple­xer Pro­zess, der von wirt­schaft­li­chen, poli­ti­schen und recht­li­chen Fak­to­ren geprägt war. Der Druck zur Effi­zi­enz­stei­ge­rung und die Not­wen­dig­keit, im Wett­be­werb zu bestehen, führ­ten zu einer Viel­zahl von Fusio­nen, die jedoch nicht ohne Wider­stän­de und Her­aus­for­de­run­gen ver­lie­fen. Die unter­schied­li­chen Inter­es­sen der Akteu­re – von kom­mu­na­len Trä­gern bis hin zu über­ge­ord­ne­ten Insti­tu­tio­nen – mach­ten die Neu­ord­nung der Spar­kas­sen­land­schaft zu einem lang­wie­ri­gen und ver­wo­be­nen Pro­zess, der bis 1988 andauerte.

Quel­le: Spar­kas­sen­neu­ord­nung und ‑fusio­nen im Zuge der Gebiets­re­form in West­fa­len-Lip­pe (1966−1988) Moti­ve, Pro­zes­se, Folgen