Von Ralf Keuper
Denkt man an Kar­ten und Ban­king, dann dürf­ten einem als Ers­tes Kre­dit­kar­ten oder viel­leicht noch Debit­kar­ten in den Sinn kom­men. Weni­ger dage­gen die Art von Kar­ten, die in der Ver­gan­gen­heit unter dem Sam­mel­be­griff der Kar­to­gra­fie zusam­men­ge­fasst wur­den. Als Navi­ga­ti­ons­hil­fe leis­te­ten und leis­ten Kar­ten noch immer Schiffs­füh­rern, Flug­ka­pi­tä­nen und mitt­ler­wei­le vie­len Auto­fah­rern wert­vol­le Diens­te. Ja sie kön­nen sogar einen nicht uner­heb­li­chen Ein­fluss auf unser Welt­bild neh­men, wie u.a. Ute Schnei­der in Die Macht der Kar­ten. Eine Geschich­te der Kar­to­gra­phie vom Mit­tel­al­ter bis heu­te beschreibt. 

Die Prä­gung von Welt­sich­ten durch Kar­ten beschränkt sich aber nicht nur auf geo­gra­fi­sche Vor­stel­lun­gen. Denn die “rhe­to­ri­schen Bil­der” ver­mit­teln auch die Wer­te und Nor­men, die ihre Pro­du­zen­ten ihnen ein­schrei­ben und zu ver­mit­teln suchen. Gera­de dar­in liegt die Macht der Kar­ten .. . Denn erst wenn wir Kar­ten wie Tex­te und Bil­der lesen, kön­nen wir ihre Macht wirk­lich verstehen.

Sicher, wir wol­len das Ban­king nicht gleich zu einem neu­en Pro­jekt der Auf­klä­rung machen. Das wäre dann doch etwas über ambi­tio­niert. Aller­dings wird die Macht der Kar­ten auch im Ban­king schon bald ihren Ein­fluss gel­tend machen, und die Art und Wei­se, wie wir Bank­ge­schäf­te abwi­ckeln, und damit ein Stück weit auch unse­re Welt­sicht, verändern. 
Deut­lich mach­te das ein­mal mehr Ende der letz­ten Woche Apple mit sei­ner neu­es­ten Patent­an­mel­dung für eine All-In-Navi­ga­ti­ons-App. Die dar­in zur Ver­fü­gung gestell­ten Daten sol­len an den jewei­li­gen Stand­ort des Kun­den abge­stimmt sein und in Echt­zeit ange­zeigt wer­den. Das hat gro­ße Ähn­lich­keit mit der Loca­ti­on Based Intel­li­gence oder den Geo­in­for­ma­ti­ons­sys­te­men
In gewis­ser Hin­sicht lässt sich so das Raum­emp­fin­den, die Ori­en­tie­rung der Nut­zer, zumin­dest indi­rekt, beein­flus­sen. Was die Kar­te nicht anzeigt, exis­tiert irgend­wie nicht – auch nicht eine Bank. Die moder­nen Navi­ga­ti­ons­sys­te­me prä­gen, wenn man so will, die Kar­te in unse­rem Kopf. Inter­es­sant in dem Zusam­men­hang sind die For­schun­gen der dies­jäh­ri­gen Nobel­preis­trä­ger für Medi­zin, des Ehe­paars Moser und von John O’ Kee­fe
Auf netz­wer­tig sprach vor eini­ger Zeit Jür­gen Viel­mei­er bereits, davon, dass die Kar­ten Apps und Web­sites dem­nächst ablö­sen könn­ten. Mit­tel- bis lang­fris­tig wird die Ent­wick­lung m.E. in die­ser Rich­tung verlaufen.
Von den Aus­wir­kun­gen wird das Ban­king als wohl infor­ma­ti­ons- und tech­no­lo­gie­in­ten­sivs­te Bran­che in beson­de­re Wei­se betrof­fen sein. Navi­ga­ti­on bedeu­tet ja auch, dass man die Nut­zer zu bestimm­ten Zie­len hin­len­ken, von ande­ren dage­gen weg len­ken kann. Wer hier also die Macht über die Kar­ten hat, kann – ins Extre­me gedacht – dar­über bestimm­ten, wer über­haupt noch von den Kun­den ange­lau­fen wird. 
Damit wären wir wie­der bei den The­men Media­li­sie­rung und Sym­bo­li­sie­rung des Ban­king ange­langt. Es droht eine Art von Analpha­be­ti­sie­rung in den Ban­ken. Sie ver­ste­hen irgend­wann nicht mehr die Spra­che und die Sym­bo­le des Banking. 

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