Von Ralf Keuper
Als das amerikanische Justizministerium im Herbst vergangenen Jahres der Deutschen Bank mit einer Strafzahlung in Höhe von 14 Mrd. Dollar drohte, war die Sorge groß, die Bank könnte daran zerbrechen. Eine Studie des IWF, die wenige Monate zuvor veröffentlicht wurde, kam zu dem Ergebnis, dass von der Deutschen Bank im Falle einer erneuten Finanzkrise die größte Gefahr für den Bankensektor ausgehe.
In dem Bericht des IWF heisst es wörtlich:
Among the G‑SIBs (Banken mit systemischer Bedeutung, RK), Deutsche Bank appears to be the most important net contributor to systemic risks, followed by HSBC and Credit Suisse (Figure 15). In turn, Commerzbank, while an important player in Germany, does not appear to be a contributor to systemic risks globally. In general, Commerzbank tends to be the recipient of inward spillover from U.S. and European G‑SIBs. The relative importance of Deutsche Bank underscores the importance of risk management, intense supervision of G‑SIBs and the close monitoring of their cross-border exposures, as well as rapidly completing capacity to implement the new resolution régime.
Im Zentrum steht dabei das sog. Übertragungsrisiko im Falle einer Finanzkrise. Die Zeit schrieb dazu in IWF hält Deutsche Bank für gefährlich:
Gemeint ist damit die Nettosumme der Kapitalverluste, die die Banken eines Landes im Falle einer Krise denen eines anderen Landes zufügen könnten. Dies mache deutlich, dass eine intensive, grenzüberschreitende Überwachung der Risiken notwendig sei, heißt es in dem Bericht.
Mittlerweile konnte das Ausmaß der Strafzahlung von 14 auf 7 Mrd. Dollar reduziert werden. Dennoch ist das Vertrauen der Kapitalmärkte und weiter Teile der Öffentlichkeit in die Deutsche Bank erschüttert. Wohl aus diesem Grund sah sich die Deutsche Bank veranlasst, sich ein wenig zu öffnen. Deshalb durften einige Journalisten-Teams in den letzten Monaten in die “heiligen Hallen”, um dort Interviews, u.a. mit dem Chef der Bank, John Cryan, und dem AR-Vorsitzenden, Paul Achleitner, zu führen. Weitere Interviewpartner waren die “Kronprinzen” Cristian Sewing (Privatkundengeschäft) und Marcus Schenck (Investmentbanking).
Im Mai brachte Plusminus extra einen Beitrag, der sich mit der Frage beschäftigte, ob die Bank gefährlich oder gefährdet sei. Darin wird auch die Ertragssituation der Bank beleuchtet, die noch nicht so ist, wie sich das Investoren vorstellen, wie u.a. Ingo Speich von der Union Invest, der weiterhin eine klare Strategie vermisst. Die Bank will an den beiden Säulen Investmentbanking und Privatkundengeschäft festhalten. Im vergangenen Jahr sorgte das Investmentbanking für 880 Mio. Euro Verlust, während das Privatkundengeschäft 610 Euro Gewinn verbuchen konnte. Auch um die Verwurzelung im Inland zu erhalten, halte man, so Cryan in dem Beitrag, an der Postbank fest. Künftig soll ein runderneuertes Investmentbanking das Privatkundengeschäft ertragsmäßig überholen. Der Beitrag bringt auch ein Beispiel (Samson Maschinenbau) für das Zusammenwirken des Mittelstands mit einer global agierenden Bank.
Der aktuelle Beitrag Wie gefährlich ist die Deutsche Bank? auf arte legt einen etwas anderen Schwerpunkt. Ebenso wie bei Plusminus kommen führende Vertreter der Deutschen Bank, aber auch prominente Wirtschaftswissenschaftler wie Simon Johnson und Robert Shiller zu Wort. Die Stuttgarter Zeitung fasst den Beitrag in Arte-Doku über die Deutsche Bank. Willkommen im 36. Stock zusammen.
Zu der einen oder anderen Formulierung in den Interviews hält der Autor fest:
Während der knuffige Brite Cryan gelassen und bedächtig wirkt, tut sich insbesondere Paul Achleitner eigenwillig hervor. Dass der Internationale Währungs-Fonds (IWF) die Deutsche Bank aufgrund ihrer zahlreichen Beteiligungen und Altlasten vor einem Jahr als „bedeutendsten Träger systemischer Risiken“ bezeichnet hatte, klingt in den Ohren des Aufsichtsratschefs offenbar wie ein Lob. Es sei eine „Bestätigung der Bedeutung der Deutschen Bank im gesamten System“, sagt er. Und die zu zahlenden 7,2 Milliarden Dollar, auf die man sich in Verhandlungen mit dem US-Justizministerium geeinigt hatte, um langwierige Prozesse zu vermeiden, seien keine Strafe, sondern eine „Solidar-Abgabe“.
In einem Gespräch Deutsche Bank- Gespräch mit Éric Albert im Anschluss an die arte-Dokumentation, äußerte sich der London-Korrespondent und Bankexperte von Le Monde skeptisch zu der Verfassung der Deutschen Bank. Die Deutsche Bank, so Albert, sei im Vergleich zur Vergangenheit noch immer sehr geschwächt.
Eigentlich wissen nur die Banker, was in ihren Häusern, die er als Black Boxes bezeichnete, abläuft.
Im Prinzip, so Albert, stehen wir momentan nicht vor einer neuen Krise – im Prinzip. Die alte Krise kann im neuen Gewand jederzeit wieder kommen. Niedrigzinsen sind ein Problem. Hinzu kommen: Studienkredite, Autofinanzierung, Kreditkarten in den USA. Könnte das Ausgangspunkt der nächsten Finanzkrise sein?
Banken, so Albert weiter, machen, was erlaubt ist. Zwar dürfen sie bei Spekulationen kein eigenes Geld mehr einsetzen; die Spekulation gehe jedoch weiter.
Es besteht derzeit die Versuchung, die Krise zu vergessen, wie die Deregulierungs-Vorhaben von Macron und Trump zeigten. Richtig sei, dass Regulierung das Wachstum behinderte, ebenso so richtig sei jedoch, dass Deregulierung noch viel teurer komme.
Im April brachte Report Mainz den Beitrag Die Deutsche Bank und die Schrottimmobilien. Darin werden Zweifel an der Botschaft laut, die Bank wolle verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Die Tatsache, dass ein Gericht in Seoul die Deutsche Bank gerade erst zu einer Strafzahlung in Höhe von 538.000 Dollar verurteilt hat, was wiederum weitere Schadensersatzforderungen in Korea zur Folge haben könnte, macht es nicht leichter.
Da scheint noch einiges an Überzeugungsarbeit nötig zu sein. Das Schlimmste scheint überwunden; allein – die Zukunft wird zeigen, wie nachhaltig die Entwicklung ist.