Von Ralf Keuper
Gegensätze, wie sie deutlicher kaum sein könnten: Vor 31 Jahren titelte der SPIEGEL Weltmacht Deutsche Bank. Diese Woche nun lautet die Titelgeschichte Zu viele Nullen. Gier. Deutsche Bank: Die Geschichte eines Untergangs.
In den Jahren unmittelbar nach 1985 hat sich im Banking ein Stilwandel vollzogen, dessen Auswirkungen bis heute spürbar sind. Besonders sichtbar wird das am Beispiel der Deutschen Bank.
Was die Zukunft der Deutschen Bank betrifft, kommen die Autoren der aktuellen lesenswerten SPIEGEL-Titelgeschichte zu einem ernüchternden Fazit:
Die Deutsche Bank ist kaputt. Sie mag sich noch mal herauswinden aus den 7800 Rechtsstreitigkeiten, in die sie aktuell verstrickt ist; sie mag so weit schrumpfen, bis sie irgendwann kein Systemrisiko mehr darstellen kann; sie mag noch einmal Investoren finden, die ihr helfen, genügend Kapital zusammenzukratzen, um die gesetzlichen Vorgaben auch künftig zu erfüllen; sie mag, im äußersten Fall, vom deutschen Staat und mit Steuergeld doch noch gerettet werden. Aber kaputt, verglichen damit, was sie war, ist sie so oder so. Als Marke, als Symbol, als deutsche Ikone.
Für die Autoren beginnt der Zerfallsprozess der Deutschen Bank im Jahr 1994 während einer Sitzung in der Madrider Niederlassung. Dort fasste ein kleiner Kreis, unter der Leitung des damaligen Vorstandssprechers Hilmar Kopper, den Beschluss, die Deutsche Bank zu einer global agierenden Investmentbank umzubauen. In Koppers Amtszeit fällt auch die wohl folgenschwerste Personalentscheidung: Die Einstellung des Investmentbankers Edson Mitchell und seiner Söldnertruppe. Koppers Nachfolger, Rolf E. Breuer und Josef Ackermann, setzten den Kurs, d.h. den Ausbau des Investmentbankings, konsequent fort.
Der Deutschen Bank war Deutschland nicht mehr gut genug. Man wollte das deutsche Image abstreifen, vergaß dabei jedoch, dass es gerade diese typisch deutschen Eigenschaften (Anständigkeit, Ordnungsliebe) waren, die den guten Ruf der Deutschen Bank im Ausland begründeten. Der anglo-amerikanische Bankstil war mit der Kultur der Deutschen Bank letztendlich unvereinbar, inkompatibel. Der wertvollste Besitz der Deutschen Bank (F. Wilhelm Chrisitans), der gute Ruf und der Wert der Marke, wurden dadurch zerstört.
Das ist die eigentliche Tragik.
Weitere Informationen:
Deutsche Bank: Niedergang einer Ikone – Eine historische Analyse
Deutsche Bank: Zurück zu den Wurzeln!?
Als die Deutsche Bank dem Duft der großen weiten Investmentbanking-Welt folgte