Getting your Trinity Audio player ready...
|
Von Tobias Ehret
Bei Henrys (high earners, not rich yet) sind die Neobanken/-broker traditionellen Banken weit enteilt. Traditionellen Banken gelingt die Konversion der Hauptbankverbindung zum Vermögensaufbau nur unzureichend, schlimmer noch sie verlieren Marktanteile in der relevantesten Zielgruppe der nahen Zukunft. Wir haben in unserem Benchmarking 20 Neobanken/-broker und traditionelle Banken analysiert und die wichtigsten Stellhebel zur Adressierung der „Must-Win“-Zielgruppe identifiziert.
Wir haben zwanzig Banken & Broker analysiert und die Angebote mit unserem finwyz Score[1]Über den fw-Score. Mit dem fw-Score wollen wir einen objektiven und nachvollziehbaren Erfüllungsgrad für die Qualität digitaler Lösungen einführen. Der fw-Score wird auf einer Skala von 0 … Continue reading bewertet.
Mit unserem Benchmarking, das Ihnen zum Download bereitsteht, können Sie in die Detailergebnisse eintauchen und Handlungsfelder für ein passendes Angebot für Henrys ableiten.
Wer wurde betrachtet
- Neobanken/-broker (8): Trade Republic, Scalable Capital, finanzen.net zero, justtrade (neu), Traders Place (neu), smartbroker+, revolut (neu), N26 (neu).
- Direktbanken/-broker (6): ING, DKB, comdirect, 1822direkt, flatex und die consorsbank.
- Geschäftsbanken (6): Deutsche Bank (maxblue), Postbank, Hypovereinsbank, Volksbank Köln Bonn, Sparkasse Köln Bonn sowie die Targobank.
Mit N26, Revolut, justtrade und Traders Place sind vier neue Depot-Anbieter für Henrys dazugekommen, offensichtlich wird die Zielgruppe als sehr interessant erkannt.
SUMMARY:
Neobanken/-broker – unsere Gewinner Trade Republic, Scalable Capital, smartbroker und flatex – sind bereits weit enteilt. Traditionellen Banken gelingt die Konversion der (noch) bestehenden Hauptbankverbindung zum Vermögensaufbau nur unzureichend. Stellhebel zur Adressierung der Henrys in unserem Benchmarking identifiziert.
Kernergebnisse
- Neobanken/-broker mit passendem Angebot für Henrys. App-Onboarding, Produkte und Pricing für langfristigen Vermögensaufbau (Sparpläne und Krypto) und Aktivierung der Depots
- Direktbanken/-broker und Geschäftsbanken weit abgeschlagen. selten passendes Angebot für die „Must-Win“-Zielgruppe
- auch Top-Anbieter erlauben sich Ausrutscher und massive Fails: Revolut & N26 mit extrem hohen Ordergebühren im Kryptohandel, Trade Republic mit Trump & Melania Sh…t‑Coins
- Stellhebel identifiziert & Hauptbankverbindung NOCH bei traditionellen Anbietern … aber auch hohe Wechselbereitschaft bei den Henrys
- Time is ticking – Henrys lernen heute Neobanken-/broker schätzen. Sie werden im Fall einer Erbschaft (durchschnittlich knapp 80.000 EUR) nicht wieder zu einer traditionellen Bank (zurück)wechseln
Aktuelle Marktentwicklungen und Must-Win-Zielgruppe Henrys
Charles Schwab (vgl. Earning Call Q1 2025) und BCG (die-12-milliarden-gelegenheit‑2.pdf) sehen in den Henrys (high earners, not rich yet) die „Must-Win“-Zielgruppe.
Henrys sind meist junge, gut ausgebildete Berufstätige mit einem Jahreseinkommen zwischen 80.000 und 250.000 Euro. Trotz ihres hohen Einkommens verfügen sie oft noch über wenig Vermögen, investieren jedoch zunehmend am Kapitalmarkt und gelten als die Private-Banking-Kunden von morgen. Sie sind digital affin, treffen eigenständig Anlageentscheidungen und werden in den kommenden Jahren als Erben (Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung nennt einen mittleren Wert (Median) von rund 79.500 Euro) eine zentrale Rolle beim Vermögensaufbau spielen.
Für Banken und Broker sind Henrys damit eine „Must-Win“-Zielgruppe: Sie bieten enormes Ertragspotenzial und sind bereit, ihre Finanzbeziehungen zu wechseln, wenn das Angebot stimmt.
Während Geschäfts- und Direktbanken weiterhin über 90 % der Hauptbankverbindungen bei Henrys halten, haben Neobanken und Neobroker ihre Marktanteile im Wertpapiergeschäft massiv ausgebaut. Bereits 52 % der Henrys führen ihr Depot bei einem Neobroker oder einer Neobank.
Die Konversion der Hauptbankverbindung gelingt den traditionellen Banken unzureichend: die Konversion muss entweder deutlich verbessert oder aber das Depotangebot auch direkt an Neukunden adressiert werden.
Die Bundesbank-Statistik bestätigt: Die Zahl privater Depots ist seit 2013 (bis Ende 2024) um über 43 % gestiegen, während Sparkassen und Genossenschaftsbanken jeweils 16 % bzw. 28 % ihrer Depots verloren haben.
Auch das Wachstum der Wertpapierbestände fällt bei traditionellen Banken unterdurchschnittlich aus: Während der Gesamtmarkt im gleichen Betrachtungszeitraum um 163 % zulegte, wuchsen Sparkassen nur um 92%, VR-Banken um 83%.
Ein Blick auf die Entwicklung der Marktanteile (Zielgruppe Henrys) zeigt, dass sowohl Geschäfts- als auch Direktbanken rückläufig sind, während insbesondere Neobanken/-broker profitieren.
„Trend is NOT your friend“ – Filialbanken haben in den letzten beiden Jahren 4 Prozentpunkte (2020: 20%, 2024: 16%), Direktbanken sogar 10 Prozentpunkte (2020: 42%, 2024: 32%) verloren, während Neobroker um 14 Prozentpunkte (2020: 38%, 2024: 52%) zulegen konnten. Für die Zukunft verheißt das nichts Gutes für das Wertpapiergeschäft traditioneller und Direktbanken.
Ergebnisse auf einen Blick
Erfolgsfaktoren bei Henrys mit Investitionsziel langfristiger Vermögensaufbau
Digitales App-Onboarding und Nutzerfreundlichkeit
Neobanken und Neobroker bieten durchgängig ein vollständig digitales App-Onboarding an – Zugangsdaten werden direkt vergeben, Ident-Verfahren sind nahtlos integriert (Video‑, Bank‑, eID- oder Selfie-Ident). Das Onboarding ist für Neukunden optimiert und benötigt nur wenige Angaben. Nur jede Dritte Direktbank und auch jede dritte Geschäftsbank bieten ein App-Onboarding.
Geschwindigkeit und Komfort
Neobrokern bieten meist schlanke Prozesse mit wenigen Angaben, bei Direkt- und Geschäftsbanken sind meist deutlich mehr Angaben erforderlich, um digital Depot zu eröffnen. Man muss Direkt- und Geschäftsbanken aber zugutehalten, dass sie an ihren Onboarding-Prozessen arbeiten – bei Direktbanken sind 2025 gegenüber 2023 durchschnittlich 30% weniger Angaben erforderlich (2023: 20 Angaben, 2025: 14 Angaben), bei Geschäftsbanken sind es 21% weniger (2023: 24 Angaben, 2025: 19 Angaben).
Zielgruppengerechte Ansprache
Neobroker adressieren gezielt Neukunden mit Vermögensaufbau-Fokus, während viele Direkt- und Geschäftsbanken weiterhin den Einstieg über das Girokonto wählen und das Depot als Cross-Selling-Produkt betrachten. Dies vor dem Hintergrund des oben beschriebenen Problems der mangelhaften Konversion der Hauptbankverbindung betrachtet, macht den Antritt von N26 und Revolut beachtenswert. Beide versuchen den Markt über das Girokonto zu gewinnen und ihre Kunden anschließend in Depotkunden zu konvertieren.
Exkurs:
Direktbanken wie Consorsbank und comdirect haben ihren Markteintritt ursprünglich über das Wertpapierdepot gesucht und sich damit als spezialisierte Broker im Markt positioniert. Im Laufe der Zeit haben sie ihr Angebot schrittweise um Girokonten, Kredite und weitere Bankdienstleistungen erweitert und sich so zu umfassenden Retailbanken entwickelt, die heute ein vollständiges Produktportfolio für Privatkunden anbieten. Die ING Deutschland hingegen wählte den entgegengesetzten Weg: Sie startete als reine Kontobank und baute das Wertpapiergeschäft erst später als Cross-Selling-Produkt aus.
Diese Strategien spiegeln sich heute bei modernen Neobanken und Neobrokern wider:
N26 und Revolut setzen auf den Einstieg über das Girokonto und erweitern ihr Angebot sukzessive um Investment- und Zusatzprodukte, während Trade Republic mit dem Depot als Kernprodukt startete und erst später ein Girokonto sowie weitere Bankdienstleistungen ergänzte. Damit verfolgen beide Gruppen einen ähnlichen Weg wie die Direktbanken der ersten Generation – die Zeit scheint sich zu wiederholen.
Produktangebot und Pricing: Was Henrys wirklich wollen
Für Henrys steht der langfristige Vermögensaufbau und Investitionen in Krypto im Vordergrund.
Laut Digital Assets Studie von KPMG und BTC Echo (März 2025) sind Henrys eine der drei Hauptgruppen von Krypto-Investoren, wobei Krypto Investoren lt. der Studie durchschnittlich 29% ihres Gesamtvermögens in digitalen Assets halten – 61% der Befragten investieren über 50% ihres Gesamtvermögens in digitale Assets und 20% sogar ihr gesamtes Vermögen.
- Krypto: Nur wenige Anbieter haben native Kryptowährungen im Angebot. Revolut sticht als einziger Anbieter hervor, der Ein- und Auszahlungen auf externe Wallets erlaubt.
- Alternativ bieten einige Banken/Broker verbriefte Kryptowerte, was allerdings auf Grund hoher Verwaltungsvergütungen nachteilig für die Anleger ist.
- Trade Republic sticht mit einem negativen Beispiel hervor, indem sie den Trump- und Melanie-Coin anbieten. Diese Coins sind bestimmt nicht für den langfristigen Vermögensaufbau geeignet und es besteht durchaus die Gefahr, dass solche Angebote zu einem Vertrauensverlust von Investoren führen – gegenüber Krypto, aber auch gegenüber Trade Republic.
- Sparpläne: Fast alle Anbieter bieten ETF- und Aktiensparpläne, aber nur Neobroker und einige Direktbanken ermöglichen auch Krypto-Sparpläne.
- Die tägliche (oder wöchentliche) Sparplanausführung hat aus Anbietersicht den Vorteil, dass sich Kunden in höherer Frequenz mit ihrem Depot beschäftigen, häufiger mit der App interagieren. Jede Interaktion, jeder Login bietet die Chance auf weitere Trades.
- Gebühren: Neobroker überzeugen mit günstigen oder kostenlosen Sparplanausführungen. Negativ fallen hohe Krypto-Ordergebühren bei Revolut und N26 auf.
Aktivierung und Lock-in: Wie Anbieter Henrys binden
- Zinsen auf dem Verrechnungskonto: Neobroker wie Trade Republic (Girokonto dient auch als Verrechnungskonto) und Scalable bieten 2,25 % Zinsen für Neu- und Bestandskunden – ein klarer Vorteil gegenüber Direkt- und Geschäftsbanken, die Zinsen meist nur zur Neukundengewinnung einsetzen. Zudem lässt sich Liquidität auf dem Verrechnungskonto leichter in Trades konvertieren, als wenn ich erst noch Geld auf das Verrechnungskonto überweisen und warten muss bis es gutgeschrieben ist.
- Empfehlungsprogramme: Empfehlungsprogramme sind bei Neobrokern und Direktbanken weit verbreitet und fördern sowohl Neukundengewinnung als auch Bestandskundenbindung.
- Depotübertrag/-wechsel: Einige Anbieter setzen auf eigene digitale Depotwechsel- oder FinTech-Lösungen, um bestehende Depots zu übertragen und so die Assets under Management zu erhöhen.
- Weitere Aktivierungsmaßnahmen: Podcasts, Trading-Tipps und Szenarioanalysen sind bei Neobrokern Standard und steigern die Nutzeraktivität und Interaktionsrate.
Ranking aller getesteten Banken & Broker
Auf den ersten Plätzen finden sich fast ausschließlich Neobanken/-broker wieder. Einzig flatex und ING Deutschland können die Dominanz der Neobanken/-broker etwas aufbrechen. Auf den hinteren Plätzen finden sich die weiteren Direktbanken/-broker sowie Geschäftsbanken ein.
Trade Republic, Scalable Capital, smartbroker und flatex gelingt es am besten die Anforderungen der Henrys zu adressieren – ein vollständig digitales App-Onboarding, Produkte und Pricing für den langfristigen Vermögensaufbau und Krypto sowie die Kunden- und Depot-Aktivierung!
Link zur Studie: https://finwyz.com/depotstudie2025/
Ansprechpartner:
Tobias Ehret
Geschäftsführer finwyz GmbH
T: 0151 1420 2357
E: tobias.ehret@finwyz.com
References
↑1 | Über den fw-Score. Mit dem fw-Score wollen wir einen objektiven und nachvollziehbaren Erfüllungsgrad für die Qualität digitaler Lösungen einführen. Der fw-Score wird auf einer Skala von 0 (schlecht) bis 100 (perfekt) abgetragen und soll so für eine Vergleichbarkeit von digitalen Lösungen stehen.
Nachdem wir in den letzten Jahren eine Vielzahl von Benchmarkings beauftragt und im Kundenauftrag begleitet haben, missfiel uns immer wieder, dass entweder eine Bewertung des Geschäftsmodells oder aber eine UX/UI-Bewertung erfolgte. Nie wurde versucht, die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Bank und die Kundenerwartungen in einem Benchmarking zu untersuchen. Unser Anspruch und Antritt ist genau das sicherzustellen: Eine ausgewogene Betrachtung der wirtschaftlichen Wirkung für die Bank (Optimierung der Vertriebs- und Prozesskosten, Margenausweitung, usw.) und der Nutzererwartungen. Die wirtschaftliche Wirkung für die Bank bemessen wir im Digitalisierungsgrad und gewichten ihn mit 70%, während wir die Kundenerwartungen mit dem Bedienkomfort bewerten und mit 30% gewichten. Die beiden Kriterien schließen sich selbstverständlich nicht aus und sind auch nicht überschneidungsfrei. |
---|