Von Ralf Keuper

Extre­me Ereig­nis­se stel­len das Risi­ko­ma­nage­ment der Ban­ken auf eine har­te Pro­be. Was wir momen­tan erle­ben, ist Stress­test pur. Die aktu­el­le Kri­se trifft in Deutsch­land auf Ban­ken, die sich bereits vor Coro­na in einer unbe­frie­di­gen­den Ertrags­la­ge befan­den. Die BaFin sieht in der Ver­brei­tung des Coro­na-Virus inzwi­schen ein erheb­li­ches Risi­ko für den Finanz­sek­tor[1]“Coro­na-Virus ist ein erheb­li­ches Risi­ko für den Finanz­sek­tor”. Inso­fern dürf­te sich die Markt­kon­so­li­die­rung beschleunigen.

Für den Sys­tem­theo­re­ti­ker Niklas Luh­mann sind Ban­ken zunächst ein­mal Risi­ko­händ­ler. Ihr Geschäft besteht in der Risi­ko­trans­for­ma­ti­on, d.h. die Umwand­lung von Risi­ken in Risi­ken ande­ren Zuschnitts[2]Ban­ken als Risi­ko­ver­ar­bei­ter Sie sor­gen in der Wirt­schaft für Anschluss­fä­hig­keit, also dafür, dass der Wirt­schafts­kreis­lauf nicht zusam­men­bricht. Aus die­sem Grund sind die Ban­ken für Luh­mann der wich­tigs­te Akteur in der Wirtschaft:

Wäh­rend die klas­si­schen Wirt­schafts­theo­rien unter Leit­be­grif­fen wie Pro­duk­ti­on, Tausch oder Ver­tei­lung die Wirt­schaft von Pro­duk­ti­on und Kon­sum oder vom Han­del her inter­pre­tiert hat­ten, liegt es für eine sozio­lo­gi­sche Theo­rie, die die inner­ge­sell­schaft­li­che Aus­dif­fe­ren­zie­rung des Wirt­schafts­sys­tems auf das sym­bo­lisch gene­ra­li­sier­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­me­di­um Geld zurück­führt, eher nahe, den Ban­ken (und nicht der Indus­trie) eine Zen­tral­stel­lung zuzu­wei­sen (in: Sozio­lo­gie des Risikos).

Die eigent­li­che Her­aus­for­de­rung des Risi­ko­ma­nage­ment der Ban­ken besteht dar­in, sich auf den “Zufall” rich­tig ein­zu­stel­len. Leich­ter gesagt als getan:

Wenn­gleich Ban­ken oder funk­tio­nal ähn­lich situ­ier­te Risi­ko­händ­ler in man­chen Fäl­len bes­ser infor­miert sein mögen als ihre Kun­den, müs­sen sie ihr Geschäft im Prin­zip auf Zufall ein­stel­len. Sie kön­nen Risi­ken in gewis­sem Umfan­ge durch Wis­sen ein­schrän­ken oder auch ver­mei­den, nicht aber auf­he­ben. .. Aber auch die Sta­tis­tik hilft den Ban­ken nicht, denn ihr Tätig­keits­feld ist zu stark struk­tu­riert und, zeit­lich gese­hen, zu tur­bu­lent. Die Ban­ken sind auf intern ent­wi­ckel­te Instru­men­te des Risi­ko­ma­nage­ments ange­wie­sen, und dabei erweist es sich als ein Vor­teil und als ein Hin­der­nis, dass sie Orga­ni­sa­tio­nen sind (ebd.).

Seit Aus­bruch der Finanz­kri­se hat sich Qua­li­tät der Risi­ko­in­for­ma­tio­nen in den Ban­ken nicht ver­bes­sert; eher hat sie sich ver­schlech­tert[3]Risi­ko­in­for­ma­tio­nen der Ban­ken nur bedingt aus­sa­ge­kräf­tig. Den Ban­ken feh­len immer häu­fi­ger die nöti­gen exter­nen Infor­ma­tio­nen, um Risi­ken mög­lichst exakt bewer­ten zu kön­nen. Sie haben nicht mehr den exklu­si­ven Zugang wie einst. Zwar kön­nen sie anhand der Kon­to­be­we­gun­gen ihrer Kun­den einen Ein­druck vom Zustand der (regionalen)Wirtschaft gewin­nen (ex post); es ist jedoch nur noch ein Teil­aus­schnitt, da ein Groß­teil der Trans­ak­tio­nen wie auch der Geschäfts­an­bah­nung auf gro­ßen digi­ta­len Platt­for­men erfolgt, die inter­na­tio­nal tätig sind. Allen­falls Black­Rock mit Alad­din stützt sich im hohem Maß auf exter­ne Infor­ma­tio­nen[4]Ban­king on Things mit Alad­din & Co.. Es sind in zuneh­men­dem Maß die ope­ra­ti­ven Risi­ken, die den Ban­ken das Leben schwer machen. Tech­no­lo­gie- und Cyber­ri­si­ken sind, wie der­zeit offen­sicht­lich wird, nur ein Teil davon.

Zu den exter­nen Infor­ma­tio­nen, die an Bedeu­tung noch gewin­nen wer­den, zäh­len die aus der Land­wirt­schaft (Smart Far­ming), von den Roh­stoff­märk­ten, dem Inter­net der Din­ge und die­je­ni­gen, die von Satel­li­ten[5]Ver­än­de­rungs­de­tek­ti­on und Risi­ko­be­wer­tung – Ein­füh­rung zum Arbeits­blatt & Agrar­in­for­ma­tio­nen per Satel­lit über­mit­telt werden.

Um die­se Men­ge an Daten über­haupt sinn­voll ver­ar­bei­ten zu kön­nen, braucht es dann schon mehr als KI – das ist ein Ein­satz­ge­biet für das Quan­ten­com­pu­ting im Banking.