Die Renditeerwartungen der Anleger sind auf den Aktienmärkten von zentraler Bedeutung, aber die Gründe für diese Erwartungen bleiben für Wirtschaftswissenschaftler eine Blackbox. Die vorliegende Arbeit beleuchtet die mentalen Modelle der Wirtschaftsakteure – ihr subjektives Verständnis des Aktienmarktes – und stützt sich dabei auf Umfragen unter der US-Bevölkerung, US-Kleinanlegern, US-Finanzfachleuten und wissenschaftlichen Experten. Die Befragten geben Renditeprognosen in Szenarien ab, die veraltete Nachrichten über die künftigen Ertragsströme von Unternehmen beschreiben, und wir sammeln umfangreiche Daten über die Argumentation der Befragten. Wir dokumentieren drei Hauptergebnisse. Erstens ist die Schlussfolgerung aus veralteten Nachrichten bei akademischen Experten selten, bei privaten Haushalten und Finanzexperten jedoch häufig, da sie glauben, dass veraltete gute Nachrichten zu dauerhaft höheren erwarteten Renditen in der Zukunft führen. Zweitens: Während sich Experten zur Erklärung ihrer Prognosen auf den Begriff der Markteffizienz berufen, vernachlässigen Haushalte und Finanzexperten die Kräfte des Gleichgewichts. Sie setzen auf naïve Weise höhere künftige Erträge mit höheren künftigen Renditen gleich und vernachlässigen dabei die ausgleichende Wirkung endogener Preisanpassungen. Drittens zeigt eine Reihe von experimentellen Eingriffen, dass diese naiven Prognosen nicht aus Unaufmerksamkeit gegenüber dem Handel oder den Preisreaktionen resultieren, sondern eine Lücke in den mentalen Modellen der Befragten widerspiegeln – eine grundlegende Unvertrautheit mit dem Konzept des Gleichgewichts.
Quelle: Mental Models of the Stock Market