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Nach dra­ma­ti­schen Gewinn­ein­brü­chen und einem Kurs­ver­lust von 60% seit 2023 muss Por­sche am 22. Sep­tem­ber 2025 den DAX ver­las­sen. Der Abstieg in den MDAX mar­kiert einen Wen­de­punkt für den Sport­wa­gen­her­stel­ler und spie­gelt die tief­grei­fen­de Kri­se der deut­schen Auto­mo­bil­in­dus­trie wider.


Es ist ein sym­bol­träch­ti­ger Moment: Por­sche, einst Inbe­griff deut­scher Inge­nieurs­kunst und Bör­sen­star, ver­lässt nach nur weni­gen Jah­ren wie­der den DAX. Was als tri­um­pha­ler Bör­sen­gang im Jahr 2022 begann, endet vor­erst in einem schmerz­haf­ten Abstieg, der weit über ein ein­zel­nes Unter­neh­men hinausweist.

Der stei­le Fall einer Ikone

Die Zah­len spre­chen eine deut­li­che Spra­che: Im zwei­ten Quar­tal 2025 brach der ope­ra­ti­ve Gewinn um dra­ma­ti­sche 91 Pro­zent auf nur noch 154 Mil­lio­nen Euro ein. Die Aktie, die einst bei über 120 Euro notier­te und beim Bör­sen­gang stol­ze 82,50 Euro kos­te­te, düm­pelt heu­te bei rund 44 Euro dahin. Ein Wert­ver­lust von 60 Pro­zent seit dem Hoch – das ist selbst für vola­ti­le Auto­mo­bil­ak­ti­en ein beacht­li­cher Absturz.

Dabei war der Start viel­ver­spre­chend gewe­sen. Am 28. Sep­tem­ber 2022 sprach das mana­ger maga­zin noch von einem “Meis­ter­stück”, das dem dama­li­gen Por­sche-Chef Oli­ver Blu­me mit dem Bör­sen­gang gelun­gen sei. Der avi­sier­te Höchst­preis sei aus dem Stand erzielt wor­den. Doch bereits weni­ge Tage spä­ter wur­de bekannt, was hin­ter den Kulis­sen pas­siert war: Invest­ment­ban­ken hat­ten mit Stüt­zungs­käu­fen über meh­re­re hun­dert Mil­lio­nen Euro ver­sucht, den Akti­en­kurs über dem Aus­ga­be­preis zu hal­ten. Ein Vor­ge­hen, das dar­auf abziel­te, den Ein­druck zu ver­mei­den, der Bör­sen­gang sei ein Miss­erfolg. Nach einem Meis­ter­stück sieht das heu­te wahr­lich nicht aus[1]Por­sches holp­ri­ger Bör­sen­gang.

Hin­ter die­sen nüch­ter­nen Zah­len ver­birgt sich eine viel­schich­ti­ge Kri­se. Das Chi­na-Geschäft, lan­ge Zeit der Wachs­tums­mo­tor der deut­schen Auto­in­dus­trie, schwä­chelt erheb­lich. Gleich­zei­tig kämpft Por­sche mit einem para­do­xen Pro­blem: Wäh­rend die Nach­fra­ge nach tra­di­tio­nel­len Ben­zi­nern rück­läu­fig ist, will der Markt für Elek­tro­au­tos noch nicht so recht ansprin­gen. Hin­zu kom­men die Belas­tun­gen durch US-Zöl­le, die das inter­na­tio­na­le Geschäft erschweren.

Mecha­nik des Marktdrucks

Der DAX-Abstieg ist mehr als nur ein sym­bo­li­scher Akt – er hat hand­fes­te Kon­se­quen­zen. Index­fonds und ETFs, die den DAX nach­bil­den, sind nun zum Ver­kauf ihrer Por­sche-Akti­en gezwun­gen. Die­ser mecha­ni­sche Ver­kaufs­druck kann den Kurs zusätz­lich belas­ten, unab­hän­gig von der fun­da­men­ta­len Ent­wick­lung des Unter­neh­mens. Es ist ein Teu­fels­kreis, der vie­le gefal­le­ne DAX-Mit­glie­der ken­nen: Der Abstieg ver­stärkt den Abwärts­druck, den er eigent­lich nur wider­spie­geln sollte.

Doch die Geschich­te lehrt auch Opti­mis­mus. Luft­han­sa und Com­merz­bank haben vor­ge­macht, dass ein Wie­der­auf­stieg mög­lich ist – wenn die ope­ra­ti­ven Pro­ble­me gelöst wer­den. Der Weg zurück ist stei­nig, aber nicht versperrt.

Zwi­schen Trans­for­ma­ti­on und Tradition

Por­sche-Chef Oli­ver Blu­me gibt sich kämp­fe­risch. In aktu­el­len Inter­views betont er das Ziel einer DAX-Rück­kehr und ver­weist auf neue Umbau­pro­gram­me. Die Mar­ke Por­sche, so sei­ne Bot­schaft, habe schon ganz ande­re Kri­sen über­stan­den. Tat­säch­lich steckt in die­ser Zuver­sicht mehr als nur Durch­hal­te­pa­ro­len: Por­sche ver­fügt nach wie vor über eine der stärks­ten Mar­ken der Auto­mo­bil­welt und eine treue Kundschaft.

Die ent­schei­den­de Fra­ge ist, ob die Elek­tro-Offen­si­ve gelingt. Der Tay­can war ein beacht­li­cher Start, doch die Kon­kur­renz schläft nicht. Tes­la hat gezeigt, wie schnell sich Markt­an­tei­le ver­schie­ben kön­nen, und neue chi­ne­si­sche Anbie­ter drän­gen mit aggres­si­ven Prei­sen in den Luxus­markt[2]Chi­nas Tech-Kon­zer­ne wer­den E‑Au­to-Markt ver­än­dern. Por­sche muss bewei­sen, dass deut­sche Inge­nieurs­kunst auch in der elek­tri­schen Ära einen Pre­mi­um­preis rechtfertigt.

Spie­gel­bild einer Bran­che im Umbruch

Der Por­sche-Abstieg ist sym­pto­ma­tisch für die Her­aus­for­de­run­gen der deut­schen Auto­mo­bil­in­dus­trie. Jahr­zehn­te­lang war sie der Stolz der Nati­on, Garant für Wohl­stand und tech­no­lo­gi­sche Füh­rer­schaft. Heu­te kämpft sie mit einer drei­fa­chen Trans­for­ma­ti­on: der Elek­tri­fi­zie­rung des Antriebs, der Digi­ta­li­sie­rung der Fahr­zeu­ge und dem Wan­del hin zu neu­en Mobilitätskonzepten.

Beson­ders schmerz­haft ist dabei die Erkennt­nis, dass Chi­na nicht mehr nur der gro­ße Markt, son­dern zuneh­mend auch der gro­ße Kon­kur­rent ist. Was einst als ver­län­ger­te Werk­bank dien­te, ent­wi­ckelt sich zur tech­no­lo­gi­schen Bedro­hung. Deut­sche Auto­bau­er, die jah­re­lang von der chi­ne­si­schen Nach­fra­ge pro­fi­tier­ten, müs­sen nun um ihre dor­ti­gen Markt­an­tei­le bangen.

Aus­blick: Mini-Chan­ce in der Krise

Kurz­fris­tig dürf­te der Druck auf die Por­sche-Aktie anhal­ten. Die Unsi­cher­heit über die wei­te­re Ent­wick­lung der E‑Mobilität, geo­po­li­ti­sche Span­nun­gen und die all­ge­mei­ne Kon­junk­tur­schwä­che belas­ten das gesam­te Seg­ment. Doch mit­tel­fris­tig sehen Exper­ten durch­aus Chan­cen auf eine Stabilisierung.

Por­sche hat gegen­über vie­len Kon­kur­ren­ten einen ent­schei­den­den Vor­teil: Die Mar­ke ist so stark, dass sie auch in schwie­ri­gen Zei­ten Prei­s­pre­mi­en durch­set­zen kann – noch. Wenn es gelingt, die­se Stär­ke in die elek­tri­sche Ära hin­über­zu­ret­ten und gleich­zei­tig die ope­ra­ti­ven Pro­ble­me zu lösen, ist eine Erho­lung durch­aus denk­bar. Aller­dings haben die Model­le von Mit­be­wer­bern wie Xiao­mi deut­lich auf­ge­holt – und das zu einem deut­lich güns­ti­ge­ren Preis[3]Xiao­mi SU7 | Was kann der Sport­wa­gen des Smart­phone-Her­stel­lers? | Ers­te Fahrt mit Tho­mas Gei­ger. Die Pro­ble­me, die Por­sche erst noch lösen muss, haben Xiao­mi & Co. erst gar nicht. Deut­sche Pre­mi­um-Mar­ken gel­ten in Chi­na bei der jün­ge­ren und her­an­wach­sen­den Gene­ra­ti­on als alt­ba­cken. In Sachen Bat­te­rie­tech­no­lo­gien und Soft­ware liegt Por­sche im Ver­gleich zu chi­ne­si­schen Her­stel­lern weit hin­ten. In der letz­ten Woche gab Por­sche das Ende der Bat­trie­fer­ti­gung in Deutsch­land bekannt[4]Por­sche been­det Bat­te­rie-Pro­duk­ti­on in Deutsch­land.

Ursa­chen der Por­sche-Kri­se in China 
  • Star­ke hei­mi­sche Kon­kur­renz: Chi­ne­si­sche Mar­ken wie Xiao­mi und BYD bie­ten Elek­tro­au­tos mit min­des­tens ver­gleich­ba­rer Leis­tung zu denen von Por­sche – aber zu deut­lich nied­ri­ge­ren Prei­sen. So kos­tet ein Xiao­mi SU7 Ultra mit über 1500 PS rund 64.000 Euro, wäh­rend ein Por­sche Tay­can mit 402 PS etwa 111.000 Euro kostet.
  • Preis-Leis­tungs-Ver­hält­nis: Chi­ne­si­sche Kon­su­men­ten grei­fen zuneh­mend zu loka­len Mar­ken, weil die­se güns­ti­ge­re und inno­va­ti­ve­re Model­le mit mehr digi­ta­len Fea­tures anbie­ten. Der Xiao­mi SU7 wur­de in weni­gen Stun­den zehn­tau­send­fach ver­kauft und ist medi­en­wirk­sam schnel­ler als der Tay­can auf chi­ne­si­schen Rennstrecken.
  • Kon­sum­ver­hal­ten: Die Mar­ke Por­sche steht tra­di­tio­nell für Pres­ti­ge. Doch im E‑Au­to-Seg­ment ach­ten chi­ne­si­sche Käu­fer zuneh­mend auf Tech­no­lo­gie und Preis, weni­ger auf „alte“ Markenaristokratie.
  • Markt­spe­zi­fi­sche Schwä­che: Neben dem E‑Au­to-Pro­blem belas­ten Kon­junk­tur­schwä­che und Han­dels­bar­rie­ren das Geschäft zusätzlich.

Rol­le von Xiaomi 

  • Xiao­mi ist mit dem SU7 und dem SU7 Ultra direkt zum Wett­be­wer­ber für Por­sche gewor­den, weil die Autos tech­nisch inno­va­tiv, preis­lich attrak­tiv und digi­tal auf dem neu­es­ten Stand sind.
  • Die star­ke Nach­fra­ge nach Xiao­mi-Model­len stiehlt Por­sche die Show im Elek­tro-Pre­mi­um­seg­ment und treibt Por­sche dazu, sei­ne Ver­kaufs­stra­te­gie und Pro­dukt­pa­let­te zu über­den­ken. Teil­wei­se denkt Por­sche über einen Rück­zug vom E‑Au­to-Geschäft in Chi­na nach.
  • Xiao­mi nutzt klu­ges Mar­ke­ting: Die SU7-Serie ori­en­tiert sich optisch und leis­tungs­tech­nisch am Tay­can und setzt gezielt Rekord­fahr­ten und Ver­glei­che mit Por­sche in Sze­ne, was das Image nach­hal­tig herausfordert. 

Wen­de­punkt oder Übergang?

Der DAX-Abstieg mar­kiert zwei­fel­los einen Wen­de­punkt in der jün­ge­ren Geschich­te von Por­sche. Ob es ein vor­über­ge­hen­der Rück­schlag oder der Beginn eines län­ge­ren Nie­der­gangs wird, hängt davon ab, wie erfolg­reich die Trans­for­ma­ti­on gelingt. Die deut­sche Auto­mo­bil­in­dus­trie steht am Schei­de­weg – und Por­sche wird zu einem Test­fall dafür, ob tra­di­ti­ons­rei­che Pre­mi­um­mar­ken den Sprung in die Zukunft schaf­fen. Aktu­ell sieht es eher schlecht aus.