Von Ralf Keuper

Es hat lan­ge gedau­ert, bis sich die Wis­sen­schaft mit der Rol­le des Unter­neh­mers für die Wei­ter­ent­wick­lung von Wirt­schaft und Gesell­schaft beschäf­tigt hat. Neben Max Weber war es vor allem Joseph Schum­pe­ter, der sich die­ser Her­aus­for­de­rung annahm, wie z.B. in sei­nen Auf­satz Unter­neh­mer aus dem Jahr 1928. Seit­dem macht der Begriff des “Schum­pe­ter­schen Unter­neh­mers” die Run­de. Die­ser ist weni­ger ein Erfin­der, son­dern jemand, dem es gelingt, neue Kom­bi­na­tio­nen bereits vor­han­de­ner Fak­to­ren, Pro­duk­ti­ons­ver­fah­ren durch­zu­set­zen. Das schafft er dadurch, indem er Lücken im “Sys­tem” ent­deckt, die dem Durch­bruch eines neu­es Pro­duk­tes, eines Ver­fah­rens oder Tech­no­lo­gie im Wege ste­hen.  Schum­pe­ter spricht auch von der “Schöp­fe­ri­schen Zer­stö­rung”. Peter F. Dru­cker, der sich in sei­nen Arbei­ten immer wie­der auf Schum­pe­ter bezog, spricht in dem Zusam­men­hang auch von “Sys­tem­schöp­fung”. Anders als noch häu­fig ange­nom­men, sind Unter­neh­mer sel­ten Erfin­der oder Ent­de­cker. Eher schon trifft auf sie die Bezeich­nung “Neue­rer” zu. Die beson­de­re Leis­tung, Fähig­keit des Neue­rers liegt für Dru­cker auf dem intel­lek­tu­el­len Gebiet, der Begriffsbildung:

Das Wesen der Neue­rung liegt vor allem in der Begriffs­bil­dung. Den Neue­rer kenn­zeich­net die Fähig­keit, eine Rei­he völ­lig unter­schied­lich und zusam­men­hang­los erschei­nen­der Ele­men­te als funk­ti­ons­fä­hi­ges Sys­tem zu erfas­sen. Neue­rung ist nicht um so bes­ser, je mehr wirk­lich Neu­es in ihr steckt. Je weni­ger “Neu­es” sie benö­tigt, um wirk­sam zu sein, des­to mäch­ti­ger ist sie in der Regel. Zusam­men­fas­send kann man eine Neue­rung dahin­ge­hend defi­nie­ren, dass sie der erfolg­reich abge­schlos­se­ne Ver­such ist, das kleins­te, noch feh­len­de Glied zu fin­den und ein­zu­set­zen, mit­tels des­sen eine Rei­he bereits vor­han­de­ner Ele­men­te wie Wis­sen, Pro­duk­te, Markt­er­for­der­nis­se und Märk­te sich zu einem neu­en, wesent­lich pro­duk­ti­ve­ren Sys­tem wan­deln. (in: Sinn­voll Wirtschaften)

Als Bei­spiel nann­te Dru­cker u.a. Wer­ner von Sie­mens. Spä­ter füg­te er – für Deutsch­land – noch Heinz Nix­dorf hinzu.

In den letz­ten Jah­ren trifft die Bezeich­nung “Neue­rer” m.E. in beson­de­rer Wei­se auf Ste­ve Jobs und Jeff Bezos zu. Ste­ve Jobs hat­te ein gro­ßes Talent, Lücken zu erken­nen, die noch feh­len­den Tei­le ein­zu­bau­en, um dar­aus ein Sys­tem zu schöp­fen bzw. zu errich­ten – Stich­wort: iTu­nes. Bei Jeff Bezos ver­hält es sich nicht viel anders.

Mitt­ler­wei­le deh­nen Apple und Ama­zon ihren Ansatz auf ande­re Gebie­te, wie das Ban­king, aus. In gewis­ser Wei­se zie­hen sie, eben­so wie die ande­ren gro­ßen Inter­net­kon­zer­ne, einen (Bela­ge­rungs-) Ring um die Banken.

Ein­zig mit der Begriffs­bil­dung hapert es noch. Wel­chen Namen kann man dem neu­en Ban­king geben, der die­sen Stil­wan­del auf eine grif­fi­ge For­mel bringt? Wel­che neue Kate­go­rien brau­chen wir im Ban­king, wel­che gibt es viel­leicht schon, ohne dass uns das bewusst ist? Was ist das noch feh­len­de Glied in der Kette?

Wel­cher Neue­rer löst den “Gor­di­schen Kno­ten”, wem gelingt das “Heu­re­ka”?

Wer­den das ein­zel­ne Unter­neh­mer sein und/​oder Ver­bün­de, die sich z.B. aus meh­re­ren Fin­Tech-Start­ups zusam­men­set­zen? Wel­che Bank könn­te ein “Neue­rer” sein? Kann das – nach Lage der Din­ge – über­haupt (noch) eine Bank sein?

Wem gelingt die Sys­tem­schöp­fung, wer begrün­det einen neu­en Bankstil?

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