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Die Berliner Digitalbank N26 feiert seit Jahren ein scheinbar unaufhaltsames Wachstum, meldet regelmäßig Rekordzahlen bei Kundenzuwachs und Umsatz – und kann nun auch endlich Profitabilität vorweisen. Während in Pressemitteilungen und einigen Medien der Wandel von Start-up zu Profibank zelebriert wird, zeigen sich hinter den Kulissen und in den Erfahrungen von Mitarbeitenden und Kunden tiefe Risse: Der vermeintliche Erfolg ist in vielerlei Hinsicht brüchig.
Denn Gewinne sind für Banken keine Erfolgsmeldung, sondern Standard. Dass N26 erst 2024 – nach Jahren mit hohen Verlusten – einen operativen Gewinn erreicht hat, ist kein wettbewerbliches Alleinstellungsmerkmal, sondern schlicht die notwendige Basis, um zu bestehen. Analysten verweisen zudem darauf, dass das Unternehmen seine Ergebnisse seit Jahren immer wieder durch bilanzielle Sondereffekte verbessert[1]Für das Geschäftsjahr 2024 und die jüngsten Gewinne sind vor allem folgende Effekte gemeint: Bilanzielle Maßnahmen im Treasury (Anlageportfolio): Im vierten Quartal 2024 hat N26 laut … Continue reading. Ob N26 tatsächlich dauerhaft rentabel ist, bleibt offen und erscheint zumindest fraglich.
Noch gravierender wiegt das offenkundige Governance-Problem: Anhaltende Schwierigkeiten im Risikomanagement und wiederholte Kritik durch die BaFin führten zu massiven Auflagen und sogar temporären Wachstumsstopps. Investoren verloren das Vertrauen, forderten aktiv den Wechsel der Gründer und pochten auf einen vollständigen Neustart an der Führungsspitze. Folge davon ist, dass der Gründer und CEO Valentin Stalf von seinem Posten zurücktritt; sein Mitgründer Maximilian Tayenthal wird voraussichtlich noch in diesem Jahr folgen. Diese Maßnahmen sind weniger Zeichen von Erfolg als vielmehr Krisenmanagement und der Versuch, weiteren Reputationsverlust einzudämmen.
Wie tief die strukturellen Probleme reichen, zeigen nicht nur Branchengerüchte, sondern auch die nüchternen Erfahrungsberichte auf Bewertungsplattformen:
- kununu: Durchschnittliche Bewertung 3,3 von 5. Nur 57 % der Mitarbeitenden würden N26 weiterempfehlen – ein unterdurchschnittlicher Wert für ein wachsendes Tech- und Finanzunternehmen. Die häufig gemeldete hohe Fluktuation und Unsicherheit im Team passen zu diesem Bild.
- Trustpilot: Auch auf Kundenseite ergibt sich ein gemischtes Bild. Mit 3,5 von 5 Sternen bei rund 36.000 Bewertungen liegt N26 im Mittelfeld. Viele Nutzer loben zwar die moderne App und die einfache Kontoführung, kritisieren aber vor allem die teils mangelhafte Erreichbarkeit und Problemlösung des Kundendienstes sowie Einzelfälle mit Kontosperrungen oder längeren Klärungszeiten. Besonders alarmierend: 25 % vergeben nur einen Stern, was auf einen erheblichen Anteil an sehr unzufriedenen Kunden hinweist. Unter den aktuellen Bewertungen finden sich Beispiele für schnelle und übersichtliche Banking-Services, aber auch massive Frustration und Vorwürfe mangelnder Transparenz und Zuverlässigkeit.
In Summe bleibt festzuhalten: N26 mag nach außen eine Innovationsstory erzählen – tatsächlich spiegelt sich in Kunden- und Mitarbeiterbewertungen sowie im Verhalten der Investoren eine Tiefe der Probleme, die sich mit kurzfristigen PR-Erfolgen nicht kaschieren lässt. Die Bank steht exemplarisch für den Zwiespalt vieler junger Marktteilnehmer: Stark im Produkt, schwach bei Stabilität und Kultur. Solange Fluktuation, Aufsichtsdruck und Vertrauensverluste überwiegen, bleibt der „Erfolg“ von N26 eine hochriskante Zwischenbilanz.
Quellen:
N26 wächst stark und bleibt dennoch ewiger Zweiter
Machtkampf bei Bank N26 entschieden
N26: Gründer Stalf unterliegt im Machtkampf – neue Produkte angekündigt
N26 Konzern – Zusammengefasster Lagebericht 2024
References
↑1 | Für das Geschäftsjahr 2024 und die jüngsten Gewinne sind vor allem folgende Effekte gemeint:
Solche Effekte sind für sich genommen nicht unüblich – sie geben in der Summe aber Anlass, das vermeintlich nachhaltige Ergebnis kritisch zu betrachten. Analysten und Beobachter argumentieren deshalb, dass der Kernsatz „N26 ist profitabel“ noch mit Vorsicht zu genießen ist, solange der Ergebniseffekt maßgeblich von diesen Sondereffekten geprägt ist.Unter den bilanziellen Sondereffekten bei N26 sind insbesondere einmalige oder außerordentliche Maßnahmen zu verstehen, die das Jahresergebnis stark beeinflussen und so das Bild der Profitabilität verzerren können. Für das Jahr 2024 sind folgende Sondereffekte von Relevanz: Im vierten Quartal 2024 gab es eine „einmalige bilanztechnische Maßnahme“ im Treasury-Portfolio von N26. Die Bank hat das Anlageportfolio so angepasst, dass erwartete Änderungen im Marktumfeld vorweggenommen wurden. Durch Umschichtungen und Bewertungsänderungen wurden zusätzliche Mittel für künftige Erträge freigesetzt. Ohne diesen Effekt hätte N26 für das Gesamtjahr 2024 einen operativen kleinen Gewinn ausweisen können; mit Sondereffekt ist das Ergebnis leicht negativ. Das operative Jahresergebnis wurde also durch diesen Einmaleffekt maßgeblich beeinflusst. Ein zweiter Effekt betrifft die Abschreibungen und Rückflüsse aus bereits abgeschriebenen Forderungen. Wegen verbesserter Risikoidentifizierung und Mahnwesen sowie Rückflüssen aus alten Forderungen verbesserte sich das Bewertungsergebnis, was das operative Ergebnis kurzfristig weiter verbesserte. Außerdem kam es mehrfach zu temporären Rückstellungen, zum Beispiel für erwartete Bußgelder, Rechtsrisiken oder außerplanmäßige Kosten im Zusammenhang mit Compliance- und Aufsichtsthemen. Auch diese Größen können je nach Entwicklung im Ergebnis schwanken und für untypische Ergebnisverbesserungen sorgen. |
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