Von Ralf Keuper
Es ist mitt­ler­wei­le in Deutsch­land guter Brauch gewor­den, tech­ni­schen Neue­run­gen gegen­über, vor allem, wenn sie aus dem Aus­land kom­men, und, in man­chen Fäl­len, von bestimm­ten Her­stel­lern stam­men, eine betont skep­ti­sche Hal­tung ein­zu­neh­men. Para­do­xer­wei­se stim­men in die­sen Chor häu­fig auch jene ein, die ansons­ten kei­ne Gele­gen­heit aus­las­sen, um über die deut­sche Zurück­hal­tung tech­no­lo­gi­schen Neue­run­gen gegen­über zu lamentieren. 
Beson­ders anschau­lich wird das an der Dis­kus­si­on über die Erfolgs­aus­sich­ten von Apple Pay wie über­haupt von mobi­len Bezahl­ver­fah­ren in Deutsch­land, wie jüngst in dem Bei­trag Apple Pay: In Deutsch­land kei­ne Chan­ce und die dar­an anschlie­ßen­de Diskussion.
Was mich an den pes­si­mis­ti­schen Stim­men irri­tiert, ist, abge­se­hen von einer Pho­bie bestimm­ten Her­stel­lern gegen­über, die Aus­blen­dung der Wirt­schafts­ge­schich­te. Der Augen­blick und die Stim­mun­gen bekom­men ein deut­li­ches Über­ge­wicht. Da wer­den tech­ni­sche Pro­ble­me und Details in den Vor­der­grund gestellt, die einen Durch­bruch hier­zu­lan­de ver­hin­dern – auch das typisch deutsch. Sich an Details auf­hal­ten, um dann ver­wun­dert fest­zu­stel­len, dass es auf ein­mal doch geht und ande­re das Geschäft machen – wie Apple und ande­re der­zeit und zuvor schon mehr­mals gezeigt haben. Nein – dies­mal soll es aber anders sein.
Auch der ste­ti­ge Hin­weis auf die Vor­lie­be der Deut­schen für das Bar­geld wird ger­ne als Beleg dafür her­an­ge­zo­gen, dass mobi­le Bezahl­ver­fah­ren bei uns auf abseh­ba­re Zeit, viel­leicht sogar auf Dau­er, kei­ne Chan­ce haben. Und wenn das alles noch nicht hilft, kommt das Tot­schlag­ar­gu­ment per se: Die Sicherheit. 
Dem­nach ist Deutsch­land, wie ein eigen­stän­di­ger Pla­net, nicht nur aus der Welt, son­dern auch aus der Zeit gefal­len. Wie­der ein­mal der viel zitier­te Deut­sche Son­der­weg? Wie sonst soll man wei­te Tei­le der Dis­kus­si­on mitt­ler­wei­le interpretieren? 
Bis­her hat noch jede tech­no­lo­gi­sche Neue­rung (Tele­fon, Tele­gra­fie, Elek­trik, Unba­rer Zah­lungs­ver­kehr, Schecks, Kre­dit­kar­ten, Scheck­kar­ten, Geld­au­to­ma­ten, Bezahl­ter­mi­nals, Smart­phones, Tabelt-PCs, Online Ban­king etc.), ja selbst das Inter­net, man stau­ne!, auch in Deutsch­land Ein­zug gehal­ten, wenn­gleich häu­fig mit Ver­zö­ge­rung. Jetzt soll damit aus­ge­rech­net bei den mobi­len Bezahl­ver­fah­ren Schluss sein? 
So weit stim­me ich ja noch zu, dass es bei uns län­ger dau­ern wird als anders­wo. Das ändert jedoch nichts dar­an, dass, wenn sich mobi­le pay­ments als Stan­dard eta­blie­ren, wonach es der­zeit aus­sieht, auch Deutsch­land sich die­sem Wan­del nicht ver­schlie­ßen kann; es sei denn, wir wol­len uns aus dem digi­ta­len Zeit­al­ter verabschieden.

Ein Land wie Deutsch­land, in der Mit­te Euro­pas, ein klas­si­sches Tran­sit­land, export­ori­en­tiert wie kaum eine ande­re Wirt­schafts­na­ti­on, fest ein­ge­bun­den in die Kommunikations‑, Handels‑, Finanz- und Ver­kehrs­strö­me, mit Frank­furt als welt­weit größ­tem Kno­ten­punkt des Inter­nets – und dann reicht es nicht ein­mal mehr für Mobi­le Pay­ments – jetzt ernst­haft? 
Das wird nicht an einem Man­gel an Akzep­tanz­stel­len schei­tern, zumal deren Zahl in den nächs­ten Jah­ren auch in Deutsch­land deut­lich stei­gen wird. 

Ein Blick in die Wirt­schafts­ge­schich­te soll­te uns hier zwar nicht eupho­risch, aber ganz sicher auch nicht pes­si­mis­tisch stim­men. Etwas mehr Rea­li­täts­sinn täte uns hier ganz gut. 
Da hal­te ich es mit Nico Lum­ma, der die aktu­el­le Stim­mung, das aktu­el­le Dilem­ma m.E. gut, sicher ein wenig über­spitzt, in sei­ner Kolum­ne Die Ban­ken schaf­fen sich ab auf den Punkt bringt.

Wei­te­re Informationen:

Inno­va­tio­nen: Typisch deutsch

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