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Euro­pa erlebt der­zeit eine Rüs­tungs­dy­na­mik, die weni­ger aus rea­ler Bedro­hung als aus der Erwar­tung eines Kon­flikts gespeist wird. Zwi­schen poli­ti­scher Insze­nie­rung, öko­no­mi­schem Kal­kül und spe­ku­la­ti­ver Sicher­heit ent­steht ein neu­es Markt­phä­no­men: die Kapi­ta­li­sie­rung der Angst.


Die aktu­el­le Ent­wick­lung zeigt tat­säch­lich eine star­ke Par­al­le­le zu his­to­ri­schen Rüs­tungs­pha­sen, in denen geo­po­li­ti­sche Span­nun­gen – ob real oder anti­zi­piert – gezielt als Trei­ber für mas­si­ve Inves­ti­tio­nen genutzt wur­den. Der ent­schei­den­de Unter­schied in der gegen­wär­ti­gen deut­schen und euro­päi­schen Situa­ti­on liegt jedoch dar­in, dass heu­te bereits die blo­ße Annah­me oder evtl. auch Hoff­nung auf einen mög­li­chen Kon­flikt – und nicht ein tat­säch­lich statt­fin­den­der Krieg – als Argu­ment für Ver­tei­di­gungs­aus­ga­ben, Kapi­tal­strö­me und wirt­schaft­li­che Neben­ef­fek­te dient.

Die Erwar­tung als öko­no­mi­sche Realität

Rüs­tungs­un­ter­neh­men, Bera­tungs­fir­men und spe­zia­li­sier­te Asset Mana­ger pro­fi­tie­ren schon jetzt von stei­gen­den Auf­trä­gen, kon­zen­trier­tem Kapi­tal und staat­li­chen Schutz­ver­spre­chen – ganz ohne einen tat­säch­li­chen Krieg. Die blo­ße Mög­lich­keit eines Kon­flikts genügt, um Kapi­tal­märk­te zu mobi­li­sie­ren und stra­te­gi­sche Pro­jek­te poli­tisch abzusichern.

Die Erwar­tung eines Kon­flikts wird in poli­ti­sche und wirt­schaft­li­che Dis­kur­se ein­ge­speist, um Son­der­ver­mö­gen, Infra­struk­tur­vor­ha­ben und markt­be­glei­ten­de Inves­ti­tio­nen – etwa im Immo­bi­li­en- oder Logis­tik­sek­tor – zu legi­ti­mie­ren. Die­se Dyna­mik zeigt, wie stark Unsi­cher­heit selbst zum Wirt­schafts­gut gewor­den ist: ein han­del­ba­rer Fak­tor, eine Res­sour­ce für Wachs­tumser­zäh­lun­gen und poli­ti­sche Handlungsfähigkeit.

Zwi­schen Kal­kül und Kritik

Kri­ti­sche Stim­men war­nen, dass gan­ze Bran­chen­seg­men­te und Geschäfts­mo­del­le inzwi­schen dar­auf bau­en, dass Bedro­hung wahr­ge­nom­men oder sogar insze­niert wird – mit enor­men Gewinn­chan­cen für eini­ge, aber erheb­li­chen Risi­ken für die Real­wirt­schaft und die gesell­schaft­li­che Stabilität.

Im Ver­gleich zu frü­he­ren Epo­chen ist bemer­kens­wert, wie sehr bereits media­le Rhe­to­rik und poli­ti­sche Nar­ra­ti­ve öko­no­mi­sches Han­deln prä­gen. Wo frü­her tat­säch­li­che Krie­ge Kapi­tal mobi­li­sier­ten, reicht heu­te die Idee des Krie­ges, um Inves­ti­tio­nen, Haus­halts­ver­schie­bun­gen und tech­no­lo­gi­sche Pro­gram­me in Gang zu setzen.

Die kapi­ta­li­sier­te Angst

Die­ses Mus­ter legt offen, dass der soge­nann­te „Kriegs­fak­tor“ zuneh­mend weni­ger mit rea­ler Sicher­heits­po­li­tik zu tun hat – und mehr mit Erwar­tungs­ma­nage­ment, sym­bo­li­scher Poli­tik und der spe­ku­la­ti­ven Aus­sicht auf zukünf­ti­gen Profit.

Was ent­steht, ist ein para­do­xes Sze­na­rio: Sicher­heit wird nicht mehr her­ge­stellt, son­dern erzählt – und die­se Erzäh­lung selbst wird zum Wirtschaftsfaktor.


Quel­len:

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