Von Ralf Keuper

Über die aktu­el­len Umbau­plä­ne der Deut­schen Bank, denen bis zu 18.000 Stel­len zum Opfer fal­len sol­len, berich­ten die Wirt­schafts­re­dak­tio­nen eif­rig. So weit so gut. Aller­dings ent­hal­ten eini­ge Kom­men­ta­re deut­li­che Spu­ren einer Erzäh­lung, die in der Ver­gan­gen­heit als Hel­den­my­thos bezeich­net wur­de. Um so einen Fall han­delt es sich m.E. bei „Held des Rück­zugs“: Chris­ti­an Sewing hat mit der Deut­schen Bank His­to­ri­sches vor von Gabor Stein­gart. Der Held der Geschich­te, Deut­sche Bank-Chef Sewing, sei dabei, His­to­ri­sches, Ein­ma­li­ges zu leis­ten. Ange­sichts der Auf­ga­be dro­he der Held jedoch, sich in eine tra­gi­sche Figur zu wan­deln, so Stein­gart. Nicht weni­ger als eine neue Welt begin­ne nun mit dem stra­te­gi­schen Rück­zug der Deut­schen Bank. Par­al­le­len glaubt Stein­gart bei Micha­el Gor­bat­schow, Gerald Ford und Die­ter Zet­sche zu erken­nen. Bei his­to­ri­schen Ver­glei­chen gera­ten mal schnell, ins­be­son­de­re in den Wirt­schafts­re­dak­tio­nen, die Rela­tio­nen durch­ein­an­der. Den neu­es­ten Kurs der Deut­schen Bank mit Glas­nost bzw. Pere­stroi­ka in Ver­bin­dung zu brin­gen – dazu braucht man schon Phantasie. 

Nüch­tern betrach­tet, haben wir es bei der Deut­schen Bank mit einem Geld­haus zu tun, das sei­nen Zenit auf­grund haus­ge­mach­ter Feh­ler längst über­schrit­ten hat. Wer gera­de Chef der Deut­schen Bank ist, ist, wie all­ge­mein bei Vor­stän­den von Akti­en­ge­sell­schaf­ten, eher Neben­sa­che. Zum Hel­den, gleich wel­cher Les­art, reicht es da jeden­falls nicht. Der Halo-Effekt, bei dem Unter­neh­men und Per­so­nen häu­fig Eigen­schaf­ten zuge­schrie­ben wer­den, die sich im Lauf der Zeit als Fik­ti­on erwei­sen, ist in eini­gen Wirt­schafts­re­dak­tio­nen schein­bar noch immer nicht als sol­cher erkannt wor­den. Sei­ne Kennt­nis wür­de den meis­ten Geschich­ten ohne­hin von vor­ne her­ein den Boden entziehen. 

Bedenk­lich dar­an ist indes, dass der Wirt­schafts­jour­na­lis­mus immer noch Pro­ble­me damit zu haben scheint, Fik­ti­on und pro­fa­ne Rea­li­tät aus­ein­an­der zu hal­ten. Wer geglaubt hat, die jüngs­ten Skan­da­le und Ereig­nis­se im Jour­na­lis­mus hät­ten hier zu einem Umden­ken geführt, könn­te sich getäuscht sehen. Hel­den­pa­thos und schlecht kon­stru­ier­te Geschich­ten, die bes­ten­falls ein soli­des Halb­wis­sen offen­ba­ren, brauch­ten wir nicht mehr.