Von Ralf Keuper
Mit zunehmendem Alter gewöhnt man sich daran, idealistische Gesellschaftsentwürfe kommen und gehen zu sehen. Die Kunst besteht wohl darin, angesichts dessen die Hoffnung auf eine gerechtere Welt zu bewahren und nicht in das Lager der Zyniker zu wechseln.
Um einen solchen Fall bzw. so eine Probe handelt es sich bei der Sharing Economy. Die hohen Erwartungen weichen der ersten Ernüchterung. Schon erscheinen die ersten Beiträge, die von einem Ende der Sharing Economy künden, wie The “Sharing Economy” Is Dead, And We Killed It. Es hat den Anschein, als würde die Sharing Economy zum Opfer dessen, was Sascha Lobo als Plattformkapitalismus bezeichnet. Anders, als es die Idee der Sharing Economy vorsah, sind die Mittelsmänner keineswegs verschwunden; sie sind sogar noch mächtiger als die “alten”. Gemeint sind damit die großen Plattformen wie Airbn oder Uber aber vor allem auch Amazon, Alibaba, Google, facebook und Apple.
Im Banking werden die Grenzen der Sharing Economy derzeit am eindrücklichsten im P2P-Lending sichtbar, wie es auf diesem Blog bereits mehrfach ein Thema war, wie zuletzt in Die Evolution der P2P-Kreditplattformen #4.
Aktuell bringt Gillian Tett das Dilemma in dem Beitrag The sharing economy is now a playground for Wall Street – Hedge funds and banks are repackaging P2P loans and lending via these platforms auf den Punkt.
So gesehen ist die Diagnose von Jörn Lamla nach wie vor aktuell:
Die Dimensionen und Ausmaße der Probleme der heutigen Konsumgesellschaft drohen die politischen Kräfte zivilgesellschaftlicher Bewegungen, Organisationen und Öffentlichkeiten doch tendenziell zu überfordern. Es fehlt in vielen Bereichen noch an geeigneten Strukturen der Governance, also des verteilten Regierens, über die sich die Probleme, Konflikte und Interdependenzen dieser Gesellschaft angemessen regeln lassen. (in: Verbraucherdemokratie)