Von Ralf Keuper

Geld als Medi­um zu betrach­ten, fällt vie­len Öko­no­men bis heu­te schwer. Anders dage­gen Karl Marx, der 1857 schrieb:

Das Geld ist das sach­li­che Medi­um, wor­ein die Tausch­wer­te getaucht, eine ihrer all­ge­mei­nen Bestim­mung ent­spre­chen­de Gestalt erhalten. 

Die­se Aus­sa­ge zitiert Jens Schrö­ter in sei­nem Bei­trag Das Geld und die Medi­en­theo­rie. Dar­in geht Schrö­ter der Fra­ge nach, wel­chen Bei­trag die Medi­en­theo­rie zum bes­se­ren Ver­ständ­nis der Funk­ti­ons­wei­se und des Wesens des Gel­des bei­tra­gen kann. Für Schrö­ter ist Geld das “Medi­um schlechthin”. 

Das Geld erst, so Schrö­ter, hat den Markt und letzt­lich den Kapi­ta­lis­mus geschaf­fen – nicht umge­kehrt. Geld ist dem­nach kein neu­tra­les Medium: 

Wenn aber Geld als Medi­um mit einer Eigen­dy­na­mik wirk­lich ernst­ge­nom­men wird, dann ist – im Ein­klang mit his­to­ri­scher For­schung – der «Markt […] nicht Quel­le des Gel­des, son­dern sein Pro­dukt, ein Deri­vat mone­tä­rer Bezie­hun­gen, nicht ihr Ursprung.» .. .. Das wird auch dadurch gedeckt, dass es Geld schon lan­ge vor dem Kapi­ta­lis­mus gab und die­ser Geld erst zen­tral mach­te. Was das nun im Ein­zel­nen heißt, wie­so Geld (das ja viel älter ist als der ‹Kapi­ta­lis­mus›) nicht auto­ma­tisch zur gesell­schafts­wei­ten Aus­deh­nung der Markt­för­mig­keit geführt hat, ob es vor- und womög­lich auch nach­ka­pi­ta­lis­ti­sches Geld gab und geben kann oder nicht (oder gar eine post­mo­ne­tä­re Gesell­schaft), ob vor­ka­pi­ta­lis­ti­sches Geld über­haupt Geld ist, kann hier nicht dis­ku­tiert wer­den. Ent­schei­dend ist bloß, dass eine Beschrei­bung des Gel­des als Medi­um im Sin­ne der Medi­en­theo­rie mit bestimm- ten Annah­men über die Neu­tra­li­tät des Gel­des unver­ein­bar ist. 

Die Mate­ria­li­tät bzw. Stoff­lich­keit des Gel­des spielt bei sei­ner Betrach­tung als Medi­um häu­fig nur eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le. Eine Ansicht, die sich trotz der Ver­brei­tung des Buch­gel­des so nicht hal­ten lässt:

Bei rei­nem Buch­geld, etwa beim Online-Ban­king, besteht die Sta­bi­li­tät dar­in, dass der Zugang mit Pass­wör­tern, Ver­schlüs­se­lun­gen und der­glei­chen gesi­chert ist und auf­wän­di­ge Back­up-Vor­rich­tun­gen für den unbe­ding­ten Erhalt der Daten sor­gen etc. Geld wird mit­nich­ten imma­te­ri­el­ler (die heu­ti­gen Ban­king-Netz-Infra­struk­tu­ren sind mate­ri­el­ler als ein Hau­fen Gold­stü­cke), die Mate­ria­li­tät ändert sich nur: Und sie hat die Auf­ga­be, vor allem die Echt­heit und Gül­tig­keit des Gel­des zu sta­bi­li­sie­ren – das ist eine tech­no­lo­gi­sche Bedin­gung des ‹Ver­trau­ens›, das das Geld vor­aus­setzt (zwei­te Sta­bi­li­sie- rungs­funk­ti­on: Tech­no­lo­gien des Vertrauens).

Die Media­li­sie­rung des Gel­des geht ein­her mit der Digi­ta­li­sie­rung aller Güter (Struk­tu­rel­le Digi­ta­li­tät des Geldes). 

Eine Schluss­fol­ge­rung:

Die medi­en­theo­re­tisch zen­tra­le Fra­ge nach der Mate­ria­li­tät des Medi­ums, wel­ches die Wert­zei­chen trägt, kann vor­läu­fig so beant­wor­tet wer­den, dass das Geld­me­di­um wesent­lich durch ver­schie­de­ne For­men von Sta­bi­li­tät und durch Digi­ta­li­tät gekenn­zeich­net sein muss. 

Geld kann also durch­aus voll­kom­men digi­tal sein, sofern die Sta­bi­li­tät gesi­chert ist. Damit ist die flä­chen­de­cken­de Ver­brei­tung digi­ta­ler Wäh­run­gen für die Zukunft wahrscheinlich(er). Aus Sicht der Medi­en­theo­rie sprä­che jeden­falls nichts dage­gen. Geld als das “Medi­um schlecht­hin” und nicht nur ein Zah­lungs­mit­tel. Viel­leicht hat man das bei Face­book bereits erkannt und plant des­halb ein inter­na­tio­na­les Bezahl­sys­tem auf Blockchain-Basis.