Von Ralf Keuper
Wenn es um das Thema Digitale Identitäten geht, dann verbinden Banken damit in erster Linie die eigenen KYC-Prozesse. Also eher eine lästige Pflicht, als die Möglichkeit, die Beziehung zu den Kunden zu stärken und sich als Trusted Advisor zu präsentieren. Derweil haben zahlreiche Startups den Bedarf auf Banken- wie auch auf Kundenseite erkannt und entsprechende Lösungen entwickelt. Beliebt, insbesondere bei den Online- bzw. Direktbanken, ist die Video-Identifzierung, deren Pioniere IDnow und WebID Solutions sind. Als technologisch besonders sicher gilt der neue Personalausweis mit seiner eID. Mittlerweile kann der neue Personalausweis mit dem Smartphone ausgelesen werden, wie mit der Authada App. Ebenso ist es möglich die Personalausweis direkt Vorort auszulesen. Daneben fällt die Idee selbstverwalteter Identitäten im Banking auf fruchtbaren Boden, wie die Beispiele Blockchain Helix und ChainID zeigen. Eine Zwischenstellung nehmen die Single-Sign-On-Lösungen wie Verimi und YES ein.
Das folgende Schaubild gibt einen Überblick über die Identity-Startups aus den verschiedenen Kategorien:
Deutsche-Identity-Startups-im-FinanzdienstleistungsbereichAnders als in den skandinavischen Ländern oder wie in Estland und Kanada, sind die Banken hierzulande noch nicht als Treiber bei der landesweiten Einführung moderner Online-Identifizierungsverfahren in Erscheinung getreten. Kooperationen zwischen Bankengruppen, wie bei YES mit den Sparkassen und Volksbanken, sind zwar ein wichtiger Schritt; ihr Erfolg hängt jedoch davon ab, inwieweit die Lösung in der Lage ist, mit anderen zu interagieren und die Grenzen der eigenen Gruppe und Branche zu überwinden. Ähnliches gilt für Verimi, wenngleich Verimi sich nicht auf die Bankenbranche beschränkt und mehrere Sektoren der Wirtschaft adressiert.
Wie im Bereich Fintech sind die Identity Startups die technologischen Innovationstreiber der Branche, ohne jedoch von sich aus den Markt erschließen zu können. Auch im Bereich Identity haben sich in Deutschland in den letzten Jahren vitale Ökosysteme gebildet, wie die aktuelle Studie Identity-Ökosysteme in Deutschland zeigt. Auffallend ist jedoch, dass der Raum Frankfurt als Ökosystem für Identity-Startups im Gegensatz zu Berlin und München eher zweitrangig ist. Hamburg spielt in dem Zusammenhang so gut wie gar keine Rolle. Ähnlich verhält es sich mit Köln. Auf der anderen Seite sind eher periphere Standorte wie Bochum und Kiel gute Nährboden für Identity Startups. Damit kommt auch die Tatsache zum Ausdruck, dass Deutschland nach wie vor ein bedeutender Industriestandort ist, die Nähe zu einem Finanzzentrum daher nicht erfolgsentscheidend sein muss. Wichtiger ist die Nähe zu den Begabungspools der Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen sowie weiterer großer Unternehmen aus der IT-Sicherheit am jeweiligen Standort. Die deutschen Identity-Startups spiegeln daher auch eine gewisse Hardware-Lastigkeit wider, wie in Form der Smart Card. Mittlerweile gehen Startups wie IDnow dazu über, die Verfahren der Künstlichen Intelligenz und der Biometrie zu kombinieren. “Security Made in Germany” könnte gerade für das Banking ein Verkaufsargument sein. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist, ob es gelingt, die eID auf das Smartphone und evtl. in eine universelle Banking-App zu bekommen. Je vielschichtiger daher ein Identity-Ökosystem ist, um so größer ist die Chance, dass hier die nächste Killer-App das Licht der Welt erblickt. Banken tun daher gut daran, frühzeitig den Kontakt mit den verschiedenen Identity-Ökosystemen zu suchen.