Von Ralf Keuper

Das Gespenst der Ver­netz­ten oder Digi­ta­len Fabrik geht bereits seit lan­gem um. Nach Jah­ren lee­rer Ver­spre­chen scheint es nun so, dass eini­ge der Pro­phe­zei­un­gen in Erfül­lung gehen. Die Pro­dukt­ent­wick­lung über Unter­neh­mens­gren­zen hin­weg steckt zwar noch immer in den Kin­der­schu­hen, jedoch nimmt die Zahl der prak­ti­schen Anwen­dungs­fäl­le und beglei­ten­der Pro­jek­te ste­tig zu. Das gilt in beson­de­rer Wei­se für die Zulie­fer­indus­trie. Die Indus­trie 4.0 ist nicht mehr nur ein Schlagwort.

Deut­lich wird das u.a. in dem Inter­view Ein­fluss der Indus­trie 4.0 auf die Pro­dukt­ent­wick­lung. Dar­in sagt Lei­ter der Ent­wick­lungs­pro­zes­se der Schaeff­ler-Grup­pe, Wal­ter Koch, über die Pro­dukt­ent­wick­lung der (nähe­ren) Zukunft:

Heu­te ist der wich­tigs­te Zeit­punkt im Ent­wick­lungs­pro­zess der Start of Pro­duc­tion (SOP), an dem das Pro­dukt fer­tig ent­wi­ckelt ist. Wenn wir die Pro­duk­te über ihren Lebens­zy­klus hin­weg um Ser­vice­leis­tun­gen ergän­zen und über die Soft­ware even­tu­ell ganz neue Funk­tio­na­li­tä­ten bereit­stel­len, dann gibt es für das Pro­dukt eigent­lich kei­nen SOP mehr. Das führt zu einem ganz ande­ren Pro­dukt­ver­ständ­nis. Wir haben erst kürz­lich im Kon­sor­ti­um dar­über dis­ku­tiert, dass im Vor­feld viel mehr über die Aus­bau­fä­hig­keit der Pro­duk­te nach­ge­dacht wer­den muss.

In dem Bei­trag Indus­trie 4.0: Schö­ne neue Welt? sieht der Autor Mathi­as Döbe­le in Zukunft die Platt­form­be­trei­ber im Besitz der Daten­ho­heit. Das Geschäft mit Daten und Diens­ten, so Döbe­le, sei kein Produkt‑, son­dern ein Platt­form­ge­schäft. Es kom­me nicht dar­auf an, mög­lichst vie­le Maschi­nen zu ver­kau­fen, son­dern mög­lichst vie­le ins Feld, auf Platt­for­men zu brin­gen. Auf die­sen Platt­for­men lässt sich der Bedarf schnell ermit­teln und ohne all­zu gro­ße Ver­zö­ge­run­gen und Rei­bun­gen umset­zen (Eigen­zi­tat).

Über­tra­gen auf das Ban­king wür­de das bedeu­ten, dass Ban­ken, Fin­Tech-Start­ups und Non-/Ne­ar-Banks bestrebt sein wer­den, ihre Pro­duk­te und Leis­tun­gen in das Feld, auf ent­spre­chen­de Platt­for­men zu brin­gen. Die Fra­ge ist, wer die­se Platt­for­men nach sei­nen Vor­stel­lun­gen gestal­ten und ver­wal­ten kann. Stand heu­te sind das nicht die Ban­ken, son­dern die viel zitier­ten Dgi­ta­len Öko­sys­te­me oder Digi­ta­len Kei­retsus. Deren Pro­dukt­ent­wick­lung trägt schon heu­te Züge des­sen, was in der Indus­trie 4.0. momen­tan dis­ku­tiert und in Tei­len bereits rea­li­siert wird.

Sicher – auch heu­te schon gibt es Ban­ken, wie die Cre­dit Agri­co­le, die Drit­te in die Ent­wick­lung ihrer Pro­duk­te ein­bin­den. Dabei han­delt es sich aber nicht um die Endkunden.

Mark Rol­s­ton vom argo­de­sign macht eine deut­li­che Akzent­ver­schie­bung im Bereich des Design aus, die sich dar­in äußert, dass die Pro­dukt­ori­en­tie­rung in den Hin­ter­grund tritt und einer Hal­tung weicht, für die der Design­pro­zess mit der Aus­lie­fe­rung des Pro­dukts oder der Lösung eigent­lich erst beginnt.

Wenn die genann­ten Annah­men zutref­fen, dann ver­la­gert sich die Wert­schöp­fung im Ban­king auf die Platt­for­men. Dort wer­den die Pro­duk­te und Lösun­gen durch Inter­ak­ti­on mit den Kun­den wei­ter­ent­wi­ckelt, hier, und nicht in der Filia­le oder im Flag­ship-Store oder der Home­page, wer­den neue Bedürf­nis­se sicht­bar. Wer hier am Schalt­he­bel sitzt, wird das Ban­king in Zukunft domi­nie­ren. Ob Ban­ken die­se Schlüs­sel­rol­le ein­neh­men kön­nen, ist zumin­dest fraglich …

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