Nachdem die Geldhäuser lange Zeit branchenfremden Anbietern das Geschäft mit dem Smartphone überließen, arbeiten sie nun mit Hochdruck an eigenen digitalen Geschäftsmodellen”. Für die Umsetzung werden zum Teil dreistellige Millionenbeträge in die Hand genommen. Doch neue nutzerorientierte Banking-Apps lassen sich nicht aus dem Boden stampfen. Viele Banken gehen deshalb strategische Kooperationen mit Fintechs ein, um ihr digitales Angebot schnell und effektiv zu erweitern. Auf Platz eins rangieren nach Aufzeichnungen des TME Instituts Allianzen mit Mobile Payment-Anbietern, gefolgt von Kooperationen, die für Bankkunden das Onlinebanking vereinfachen – seien es Video-Identifikationsprogramme wie idNow oder webID, digitale Rechnungsscans wie Gini oder der Kontowechsel per FinReach-App. Aber auch im angestammten Kerngeschäft – dem Investment und der Finanzierung – zeichnen sich immer mehr Bündnisse ab.
Von Ralf Keuper
So, so. Die Banken sind nach einer langen Selbstfindungsphase derzeit dabei, ihren technologischen und organisatorischen Rückstand gegenüber den Internetkonzernen und FinTech-Startups aufzuholen.
Tatsächlich?
Ausgangspunkt ist eine aktuelle Marktauswertung des TIME Instituts, auf die sich viele Kommentatoren derzeit berufen.
In den Berichten liest man u.a.
So sieht also eine Aufholjagd aus. Die Tatsache, dass mit Apple Pay, Google Pay, Alipay, Tenpay, Paytm und Samsung Pay sowie demnächst LG Pay der Markt für mobiles und Online-Bezahlen nahezu besetzt ist, scheint dem TIME-Institut wie auch den Kommentatoren entgangen zu sein.
Um sich zu verdeutlichen, wovon wir hier reden, reicht schon ein Blick auf die Grafik der meist genutzten Bezahlverfahren in China. Der Marktführer Alipay hat mittlerweile auch Europa ins Visier genommen.
Wie auch immer man das Thema Aufholjagd dreht und wendet: Der Erfolg muss sich an der Antwort auf die Frage messen lassen, inwieweit die zahlreichen Initiativen (Quantität ersetzt nicht Qualität) dazu geeignet sind, den weitgehenden Verlust der digitalen Souveränität der Banken auszugleichen. Was das betrifft, ist die Lage eindeutig. Digitale Exzellenz ohne Digitale Souveränität ergibt keinen Sinn.
Da hilft es nicht, sich gegenseitig Sand in die Augen zu streuen.