Von Ralf Keuper
Durch die Lektüre von Das Internet der Tiere ist mir bewusst geworden, wie sehr die Digitalisierung auch für die Tiere von Bedeutung ist – insbesondere aus Sicht des Datenschutzes sowie der Ethik.
In den letzten Jahren sind zahlreiche Projekte initiiert worden mit dem Ziel, den Alltag der Tiere sichtbarer und verständlicher zu machen. Beispielhaft dafür ist ICARUS, das erst vor wenigen Tagen offiziell an den Start ging (Vgl. dazu: Das Internet der Tiere geht ans Netz).
Wenngleich das für viele noch exotisch klingen mag, wirft die Auswertung der Beobachtungsdaten Fragen nach dem Schutz der Daten und der Digitalen Identität der Tiere auf.
In dem Kapitel Warum Technik nicht böse und die Natur nicht gut ist – Datenschutz für Tiere und die positiven Seiten der Transparenz schreibt der Autor Alexander Pschera:
Nach dem zweiten Internet, dem der Dinge, folgt nun also die dritte Generation des Netzes. Es ist das Internet der Tiere, oder im weiteren Sinne das Internet der Natur. Es gibt den Tieren eine Stimme. Wie das Internet der Menschen die Gesellschaft und das Internet der Dinge den Alltag, so verändert auch das Internet der Tiere einen grundlegenden Aspekt der Welt – es verändert das Bild, das wir von der Natur haben.
Pschera formuliert drei grundlegende neue Tierrechte:
- Jedes Tierindividuum hat ein Recht darauf, eine Identität zur erhalten.
- Jedes Tierindividuum hat ein Recht darauf, dass der Mensch es kennt und schützt.
- Jedes Tierindividuum hat ein Recht darauf, in seiner jeweiligen Umgebung optimale Bedingungen vorzufinden.
Zum Thema Datenschutz:
Natürlich ist es von zentraler Bedeutung, die gesammelten Tierdaten sicher zu übertragen und zu speichern. Auf die Vorratsdatenspeicherung von tierischen Daten im großen Stil ist die Gesetzessprechung noch nicht vorbereitet. Denn Tiere sind ja keine juristischen Personen, keine Individuen, sondern werden immer nur als Artvertreter wahrgenommen. Sie haben Anspruch auf eine artgerechte Haltung oder artgerechte Lebensbedingungen. Juristisch gesehen, erzeugt das Internet der Tiere, das die Tiere zu Subjekten macht, ganz neue Herausforderungen. Doch abgesehen von der juristischen Dimension des Themas stellt sich die generelle Frage, ob es prinzipiell eher gut oder schlecht ist, wenn Menschen wissen, wo sich Tiere befinden. Das gilt natürlich für alle Tiere, kann bei extrem gefährdeten und begehrten Arten wie Menschenaffen oder großen Raubkatzen aber dramatische Ausmaße annehmen.
Erst die Identitätswahrnehmung führt zur Verpflichtung:
Wenn wir Tiere besendern und ihnen dadurch eine Form von Sprachfähigkeit verleihen, dann gestalten wir die Beziehung zwischen uns und der Natur von Grund auf neu. Wir flechten eine unsichtbare Matrix, die die Schöpfung zusammenhält. Wir versetzen uns dadurch in die Lage, die Identität des Tieres überhaupt erst zu lesen. Damit übernehmen wir konsequenterweise Verantwortung für diese Tiere, deren Existenz uns bislang nicht einmal bekannt war. Die Transparenz von Natur erzeugt Identitätswahrnehmung, und diese erzeugt Verpflichtung.
Insofern muss das Spektrum der Banken für digitale Ethik oder der Identity Banks erweitert werden. Angesichts neuerer Entwicklungen, wie das Smart Farming, entsteht hier in absehbarer Zeit Bedarf an neuen Verfahren und Lösungen, die dem Schutz der Tiere und der Umwelt, wie überhaupt der Biodiversität, Rechnung tragen. Allein der Blick auf das Insektensterben (Vgl. dazu: Insektensterben soll erforscht werden) und die Massentierhaltung zeigt, dass hier noch einiges zu tun ist. Die Frage ist, ob die klassischen Ethikbanken bzw. Umweltbanken diese Lücke füllen können und wollen oder ob neue Banken diesen Bedarf decken werden. Persönlich halte ich letzteres für wahrscheinlicher. Von der Organisationsform her sind die Genossenschaftsbanken dafür prädestiniert.