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Das Buch „Alfred Herrhausen – Macht, Politik und Moral” von Dieter Balkhausen, damals Wirtschaftsredakteur des ZDF, zeichnete das Portrait einer bemerkenswerten Persönlichkeit der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Der Autor präsentierte Herrhausen als eine Ausnahmeerscheinung in der Bankenwelt, die sich durch eine ungewöhnliche Kombination aus beruflicher Exzellenz und persönlicher Integrität auszeichnete.
Herrhausen selbst beschrieb sich als diszipliniert und sportlich, wobei er besonderen Wert auf einen freundlichen Umgang mit sich selbst legte. Seine Arbeit empfand er als derart faszinierend, dass auch lange Arbeitstage für ihn keinen Stress bedeuteten. Diese Leidenschaft für seine Tätigkeit spiegelte sich in seiner außergewöhnlichen Leistung wider, doch was ihn wirklich von seinen Zeitgenossen unterschied, war seine Haltung zu Geld und Macht.
Ich pflege einen freundlichen Umgang mit mir selbst. Meine Arbeit ist aufregend und faszinierend, da sind 12 bis 14 Stunden täglich kein Stress. Natürlich lebe ich möglichst diszipliniert, treibe so oft es geht Sport. Übrigens hat der Fleißige immer Zeit.
Hans Imhoff, ein Wegbegleiter Herrhausens, charakterisierte ihn als Ausnahmeerscheinung unter den Bankiers. Anders als viele seiner Kollegen strebte Herrhausen nicht nach persönlichem Reichtum und verzichtete bewusst auf Nebengeschäfte, obwohl ihm diese durchaus offengestanden hätten. Diese zurückhaltende Einstellung zu materiellen Vorteilen war in der Bankenwelt seiner Zeit höchst ungewöhnlich und unterstrich seine moralische Integrität.
Sein Charakter und Auftreten wurden von Zeitgenossen durchaus unterschiedlich wahrgenommen. Während manche ihn als arrogant empfanden, lag dies vermutlich eher an seiner exponierten Position als an seinem wahren Wesen. Tatsächlich wird er als natürlich, empfindlich und hilfsbereit beschrieben. Herrhausen war kein Taktierer, sondern handelte direkt und authentisch, selbst wenn ihm dies gelegentlich schadete. Diese Geradlinigkeit machte ihn zu einem Außenseiter in der Bankenwelt der Deutschen Bank, wo er als Quereinsteiger galt, der von manchen Kollegen nicht als zur etablierten „Maschinerie” gehörig betrachtet wurde.
Balkhausen bettet seine Darstellung Herrhausens in einen größeren gesellschaftlichen Kontext ein, indem er die wichtige Rolle der Medien als „vierte Gewalt” im Staat hervorhebt. Diese sollen konstruktive Unruhe und ein gesundes Misstrauen gegenüber den Mächtigen fördern und damit einen wesentlichen Beitrag zur demokratischen Meinungsbildung leisten. Die Presse fungiert als Bindeglied zwischen Volk und Regierung, informiert, kommentiert und hält die öffentliche Diskussion am Laufen.
Der zur politischen Entscheidung berufene Bürger soll umfassend orientiert sein, die Meinungen anderer kennen und gegeneinander abwägen. Die Presse hält diese Diskussion in Gang, sie beschafft die Information, nimmt selbst dazu Stellung und wirkt damit als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung. Sie steht als ständiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern in Parlament und Regierung. Diese Funktion der freien Presse in einem demokratischen Staat entspricht der Rechtsstellung nach der Verfassung.
Das Buch versteht sich als politisch-ökonomischer Essay, der die Vielschichtigkeit Herrhausens und seinen prägenden Einfluss auf Wirtschaft und Politik beleuchtet. Als Vorstandssprecher der Deutschen Bank und Berater des Bundeskanzlers gestaltete Herrhausen die deutsche Wirtschaft wie kaum ein anderer seiner Zeit. Seine Entscheidungen hatten internationale Bedeutung und wirkten weit über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus.
Besonders hervorgehoben werden die hohen ethischen Ansprüche, die Herrhausen sowohl an sich selbst als auch an andere stellte. Balkhausen möchte diese Werte durch sein Buch überliefern und als Vorbild für zukünftiges Handeln in Wirtschaft und Politik darstellen. Das Werk würdigt Herrhausen als außergewöhnliche Führungspersönlichkeit, die durch Integrität, Mut und gesellschaftliches Engagement hervorstach, und unterstreicht gleichzeitig die fundamentale Bedeutung freier Medien für eine funktionierende Demokratie.
In einer Zeit, in der die Verbindung von wirtschaftlicher Macht und moralischer Verantwortung zunehmend in den Fokus der öffentlichen Diskussion rückt, erscheint Herrhausens Beispiel als zeitlos relevant und inspirierend.