Von Ralf Keuper
Mit der Eisenbahn veränderten sich nicht nur die Reisegewohnheiten, sondern auch die Infrastrukturen, insbesondere in den Städten. Dort war der Bahnhof prägend für die Verkehrs- und Raumplanung. Die Menschenströme wurden buchstäblich in neue Bahnen gelenkt, z.B. in die neu entstehenden Kaufhäuser wie in Paris. Bis zu dem Zeitpunkt hatten die Waren noch einen gewissen Eigencharakter. Nun aber waren sie austauschbar und nur über den Preis verschieden. Das bekamen vor allem die Einzelhandelsgeschäfte zu spüren. Die Beziehung der Käufer zu den Waren veränderte sich fundamental; die Waren wurden in immer kürzeren zeitlichen Abständen umgeschlagen; sie begannen sich zu verflüchtigen, so wie die Landschaft in den Augen der Zugreisenden. Reisen und Einkaufen wurden industrialisiert[1]Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert.
Gleiches spielt sich in der Plattformökonomie vor den Augen der Nutzer ab: Dienstleistungen, wie Bankgeschäfte, verlieren ihren einstmals herausgehobenen Charakter. Die persönliche Beziehung zur Bank, zum Kundenberater oder zur Filiale verflüchtigt sich. Die Bank wird unsichtbar; sie geht quasi in die Plattformökonomie auf. Bereits in den letzten Jahrzehnten wurden die Kunden von den Banken mit der Einführung der Geldautomaten, Kontoauszugsdruckern und des online-Banking auf diesen Wandel vorbereitet. Mittels Automatisierung kann die Mehrzahl der Arbeitsschritte im Dienstleistungsgewerbe, wie in den Banken, abgewickelt werden.
Neue Infrastrukturen, Kommunikations- und Medienkanäle sind entstanden: Digitale Plattformen, soziale Netzwerke und das Smartphone. Eingekauft wird in App Stores – in immer stärken Umfang auch in der Industrie. Filme werden auf Streaming-Plattformen konsumiert. Uber und AirBnb bringen Angebot und Nachfrage zusammen, ohne selber über einen eigenen Fuhrpark oder eigene Wohnungen zu verfügen.
References