Von Ralf Keuper

Ein wie­der­keh­ren­des Mus­ter in der Wirt­schafts­pres­se ist, beson­ders erfolg­rei­chen Per­so­nen oder Unter­neh­men Eigen­schaf­ten zuzu­schrei­ben, die erklä­ren sol­len, war­um sie von einem Rekord zum ande­ren eilen. Häu­fig ent­steht dabei ein Bild, das die­sen Per­so­nen und Unter­neh­men eine fast schon gött­li­che Aura ver­leiht. Wo ande­re strau­cheln und zwei­feln, gehen die Göt­ter­lieb­lin­ge ent­schlos­sen vor­an und revo­lu­tio­nie­ren gan­ze Bran­chen. Mit der Zeit wächst in den Redak­ti­ons­stu­ben die Über­zeu­gung, dem ulti­ma­ti­ven Erfolgs­ge­heim­nis auf die Spur gekom­men zu sein. Per­sön­li­che Gesprä­che füh­ren nicht sel­ten zu Por­träts, wel­che die außer­ge­wöhn­li­chen Fähig­kei­ten der betref­fen­den Per­son oder des Manage­ments eines Unter­neh­mens – oft ange­rei­chert mit küchen­psy­cho­lo­gi­schen Deu­tun­gen – in einem hel­len Licht erschei­nen las­sen. Indes – es kommt letzt­lich, wie es immer kommt: Der Held zeigt auf ein­mal Schwä­chen, die zuvor weit außer­halb des Vor­stel­lungs­ver­mö­gens des jewei­li­gen Redak­teurs, der jewei­li­gen Redak­teu­rin, Ana­lys­tin lagen. Das Unter­neh­men ver­lässt die Erfolgs­spur und ent­puppt sich auf ein­mal als das, was es eigent­lich schon immer war: Eine Orga­ni­sa­ti­on, die für eine bestimm­te Zeit den Nerv der Ver­brau­cher getrof­fen hat­te. Mit der Zeit ließ sein Enga­ge­ment nach und es ver­lor den Bezug zum Markt und zur Rea­li­tät. Es scheint so, als dass Unter­neh­men, die sich der beson­de­ren Zunei­gung der Wirt­schafts­pres­se erfreu­en, siche­re Kan­di­da­ten für den Abstieg sind. Auf die­ses Phä­no­men mach­ten u.a. der erfolg­rei­che Inves­tor Ken Fisher in sei­nem Buch Kas­se statt Mas­se. Wie Sie mit einem kon­trä­ren Invest­ment­an­satz Geld ver­die­nen und Phil Rosen­zweig in Der Halo-Effekt. Wie Mana­ger sich täu­schen las­sen aufmerksam.

Eigent­lich nichts, was zu bekla­gen Anlass gibt, denn: wie wüss­te man sonst, wel­cher Trend kei­ner (mehr) ist oder wo man schon mal nicht mehr suchen muss. Wirt­schafts­jour­na­lis­ten leis­ten hier als Kon­tra­in­di­ka­to­ren wert­vol­le Dienste.

In sei­nem Buch Falsch! War­um uns Exper­ten täu­schen und wie wir erken­nen, wann wir ihnen nicht trau­en soll­ten kommt David H. Fried­man zu ähn­li­chen Schlussfolgerungen:

Wenn sie die Manage­ment­tech­ni­ken eines Unter­neh­men bis dahin als Grund für des­sen siche­ren Erfolg aus­ge­legt hat­ten, stel­len sie die glei­chen Tech­ni­ken jetzt als Ursa­che eines zwangs­läu­fi­gen Ver­sa­gens hin – so gesche­hen in den Acht­zi­ger­jah­ren bei GM und in den Neun­zi­ger­jah­ren bei IBM. Nach dem, was in der Busi­ness­pres­se an Exper­ten­mei­nun­gen über Gewin­ner und Ver­lie­rer in der Indus­trie nach­zu­le­sen ist, kann man eini­ger­ma­ßen zuver­läs­si­ge Hin­wei­se auf die Beset­zung der Gewin­ner- und Ver­lie­rer­sei­te dadurch gewin­nen, dass man die Aus­sa­gen der Exper­ten ein­fach umkehrt. Zu dem Schluss kam 2007 eine Stu­die der Zeit­schrift Finan­cial Ana­lyst Jour­nal nach der Wür­di­gung der Titel­sto­rys in zwan­zig Jahr­gän­gen der Zeit­schrift Busi­ness Week, For­tu­ne und For­bes: Auf­fal­lend häu­fig erschie­nen Berich­te, in denen Fir­men posi­tiv beur­teilt wur­den, kurz vor dem Punkt, an dem sich die Din­ge zum Schlech­ten wandten.

Das gilt natür­lich auch für Ban­ken und Fintech-Unternehmen …