Digi­ta­li­sie­rungs­ver­spre­chen sind”, so Micha­el Faust vom Sozio­lo­gi­schen For­schungs­in­sti­tut Göt­tin­gen (SOFI), “janus­köp­fig. Einer­seits ermög­li­chen sie Inno­va­tio­nen, indem sie Unge­wiss­heit über­brü­cken. Nur wenn ver­brei­tet an die segens­rei­chen Wir­kun­gen von Digi­ta­li­sie­rungs­pro­jek­ten in einer vor­ge­stell­ten Zukunft geglaubt wird, kön­nen sich Inno­va­tio­nen durch­set­zen. Dann kön­nen im Hier und Jetzt staat­li­che För­de­rung, güns­ti­ge Regu­lie­rung, unter­neh­mens­in­ter­ne Bud­gets und Finanz­mit­tel vom Kapi­tal­markt mobi­li­siert und die Zuver­sicht und das Durch­hal­te­ver­mö­gen der Inno­va­to­ren auf­recht­erhal­ten wer­den[1]Hat sich das Digi­ta­li­sie­rungs­ver­spre­chen erschöpft?.

Was aber, so Faust wei­ter, pas­siert, wenn sich die Digi­ta­li­sie­rungs­ver­spre­chen erschöp­fen, wor­auf die jün­ge­ren Ent­wick­lun­gen hin­deu­ten? “Wenn sich die Digi­ta­li­sie­rungs­ver­spre­chen erschöp­fen, reagie­ren die Kapi­tal­märk­te in die umge­kehr­te Rich­tung wie zuvor, die Unter­neh­mens­be­wer­tun­gen bre­chen ein und Start-Ups fin­den kei­ne Finan­ziers mehr. Gegen­wär­tig erfolgt dies im Zusam­men­spiel mit dem Ende der Nied­rig­zins­pha­se und der Ein­trü­bung der Kon­junk­tur­aus­sich­ten. So scha­den die höhe­ren Zin­sen vor allem den Wachs­tums­wer­ten aus dem Tech­no­lo­gie­sek­tor, wodurch neue Finan­zie­rungs­run­den von Start-Ups mager oder ganz aus­fal­len”.

Wie immer mehr (Fintech-)Startups erfah­ren müs­sen, rei­chen Markt­wer­te allei­ne nicht mehr aus – irgend­wann müs­sen Gewin­ne kom­men. “Die Macht­ver­hält­nis­se dre­hen sich wie­der zu Guns­ten der Eta­blier­ten. So kauft nun XXXLutz, ein Unter­neh­men aus dem Möbel­ein­zel­han­del mit gro­ßem Fili­al­netz, den Her­aus­for­de­rer aus dem E‑Commerce Home24 für ein Vier­tel des Wer­tes, das die­ses beim Bör­sen­gang noch erzie­len konnte.
Dies ermög­licht es dem Eta­blier­ten zugleich, den Online­Han­del zu güns­ti­gen Kon­di­tio­nen ergän­zend in sein Geschäfts­mo­dell ein­zu­bau­en. Mar­ken­her­stel­ler aus dem Kon­sum­gü­ter­be­reich müs­sen fest­stel­len, dass die Start­Ups aus dem E‑Commerce, die sie in der Digi­ta­li­sie­rungs­eu­pho­rie zum Auf­bau eines neu­en Stand­beins hin­zu­ge­kauft haben, nicht wie erwar­tet erfolg­reich sind. Sie müs­sen Inves­ti­tio­nen abschrei­ben und zie­hen sich wie­der zurück”.

Hin­zu kommt, dass mit der Zeit vie­le Digi­ta­li­sie­rungs­pro­jek­te, die ihre Erwar­tun­gen erfül­len, all­täg­lich und selbst­ver­ständ­lich wer­den. “Sie wer­den zur digi­ta­len Infra­struk­tur. Jeder nutzt sie, jeder braucht sie, vie­le bie­ten sie an. Dadurch ver­liert die Digi­ta­li­sie­rung ihren Cha­rak­ter als Inno­va­ti­on. Digi­ta­li­sie­rung macht kei­nen Unter­schied und erzeugt kei­nen Wett­be­werbs­vor­sprung mehr”. Man den­ke hier an die Infra­s­trak­tur­anbie­ter rund um das The­ma Open Banking.

Über­haupt stellt sich irgend­wann die Fra­ge nach dem gesell­schaft­li­chen Nut­zen, ins­be­son­de­re dann, wenn Fin­tech-und Kryp­to-Start­ups immer häu­fi­ger mit Nega­tiv-Schlag­zei­len auf sich auf­merk­sam machen.