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Ein kri­ti­scher Blick auf ver­meint­lich posi­ti­ve Signa­le in schwie­ri­gen Zeiten

Die deut­schen Pfand­brief­ban­ken mel­den für das ers­te Halb­jahr 2025 ein Plus von 17% bei Immo­bi­li­en­dar­le­hen – ein ver­meint­lich posi­ti­ves Signal. Doch bei genaue­rer Betrach­tung der gesamt­wirt­schaft­li­chen Lage offen­ba­ren sich erheb­li­che Zwei­fel an der Nach­hal­tig­keit die­ser Ent­wick­lung. Eine kri­ti­sche Ana­ly­se zeigt: Hin­ter den opti­mis­ti­schen Zah­len ver­ber­gen sich struk­tu­rel­le Pro­ble­me, die eine ech­te Markt­er­ho­lung unwahr­schein­lich machen.


Die jüngs­ten Zah­len des Ver­bands deut­scher Pfand­brief­ban­ken (VDP) schei­nen auf den ers­ten Blick ermu­ti­gend: 70,1 Mil­li­ar­den Euro an Immo­bi­li­en­dar­le­hen im ers­ten Halb­jahr 2025 – ein Anstieg von 17% gegen­über dem Vor­jah­res­zeit­raum. VDP-Haupt­ge­schäfts­füh­rer Jens Tolck­mitt spricht von einer anhal­ten­den “Bele­bung auf dem Immo­bi­li­en­fi­nan­zie­rungs­markt” und ver­weist auf ein aus his­to­ri­scher Sicht noch immer güns­ti­ges Zins­ni­veau[1]Deut­sche Ban­ken schrau­ben Immo­bi­li­en­kre­di­te um ein Fünf­tel hoch. Doch die­se opti­mis­ti­sche Dar­stel­lung greift zu kurz und blen­det wesent­li­che Risi­ko­fak­to­ren aus.

Ober­fläch­li­che Sta­bi­li­sie­rung bei struk­tu­rel­len Schwächen

Die ver­meint­li­che Markt­sta­bi­li­sie­rung nach den Tur­bu­len­zen der ver­gan­ge­nen drei Jah­re – aus­ge­löst durch stei­gen­de Zin­sen und den Home­of­fice-Trend – ist mög­li­cher­wei­se nur eine tem­po­rä­re Ent­span­nung. Wäh­rend die Prei­se für Wohn­im­mo­bi­li­en um 4,1% und für Gewer­be­im­mo­bi­li­en um 2,9% gestie­gen sind, bleibt die Fra­ge offen, ob es sich hier­bei um den Beginn eines nach­hal­ti­gen Auf­schwungs oder ledig­lich um eine kurz­fris­ti­ge Erho­lung handelt.

Beson­ders auf­fäl­lig ist der Anstieg der Dar­le­hen für Mehr­fa­mi­li­en­häu­ser um etwa 30%. Dies könn­te zwar auf eine erhöh­te Inves­ti­ti­ons­be­reit­schaft hin­deu­ten, wirft aber gleich­zei­tig Fra­gen nach der Erschwing­lich­keit und der sozia­len Kom­po­nen­te des Woh­nungs­mark­tes auf. Wenn insti­tu­tio­nel­le Inves­to­ren ver­stärkt in den Markt drän­gen, wäh­rend pri­va­te Haus­hal­te durch gestie­ge­ne Lebens­hal­tungs­kos­ten unter Druck ste­hen, droht eine wei­te­re Ver­schär­fung der Wohnungskrise.

Der blin­de Fleck: Die gesamt­wirt­schaft­li­che Realität

Der fun­da­men­ta­le Schwach­punkt der VDP-Ana­ly­se liegt in der Aus­blen­dung der makro­öko­no­mi­schen Rah­men­be­din­gun­gen. Die deut­sche Wirt­schaft zeigt seit meh­re­ren Quar­ta­len kaum Wachs­tum oder sta­gniert völ­lig. Unter­neh­men kämp­fen mit hohen Ener­gie­kos­ten, schwa­chen Expor­ten und einem zuneh­mend unat­trak­ti­ven Inves­ti­ti­ons­stand­ort. Die­se struk­tu­rel­len Pro­ble­me wir­ken sich unmit­tel­bar auf die Nach­fra­ge nach Immo­bi­li­en aus – sowohl im pri­va­ten als auch im gewerb­li­chen Bereich.

Die anhal­ten­de Infla­ti­on und gestie­ge­ne Lebens­hal­tungs­kos­ten schmä­lern die Finan­zie­rungs­fä­hig­keit vie­ler Fami­li­en erheb­lich. Auch wenn die Zin­sen aktu­ell als “güns­tig” bezeich­net wer­den, ist die Gesamt­be­las­tung für poten­zi­el­le Immo­bi­li­en­käu­fer durch die hohen Immo­bi­li­en­prei­se und die all­ge­mei­ne Teue­rung deut­lich gestie­gen. Die­se Rea­li­tät spie­gelt sich in den VDP-Zah­len nicht wider – zumin­dest nicht in ihrer opti­mis­ti­schen Interpretation.

Struk­tu­rel­le Her­aus­for­de­run­gen blei­ben ungelöst

Die hohe Staats­ver­schul­dung und schlep­pen­de Bau­pro­jek­te sind wei­te­re Fak­to­ren, die gegen eine nach­hal­ti­ge Markt­er­ho­lung spre­chen. Vie­le poli­ti­sche Maß­nah­men zur Kon­junk­tur­stüt­zung oder Wohn­raum­för­de­rung ent­fal­ten bis­lang wenig Wir­kung. Gleich­zei­tig blei­ben die struk­tu­rel­len Ver­än­de­run­gen im Arbeits- und Wohn­ver­hal­ten – Stich­wort Home­of­fice – eine unge­lös­te Her­aus­for­de­rung, ins­be­son­de­re für den Büroimmobilienmarkt.

Die Tat­sa­che, dass knapp die Hälf­te der 24,1 Mil­li­ar­den Euro an Gewer­be­im­mo­bi­li­en­dar­le­hen auf Büro­im­mo­bi­li­en ent­fiel, deren Volu­men “leicht zunahm”, deu­tet dar­auf hin, dass die fun­da­men­ta­len Pro­ble­me in die­sem Seg­ment noch nicht über­wun­den sind. Eine leich­te Zunah­me nach jah­re­lan­gem Nie­der­gang ist noch kein Zei­chen für eine ech­te Trendwende.

Fazit: Skep­sis statt Euphorie

Die posi­ti­ven Zah­len des VDP kön­nen nicht über die kri­ti­sche gesamt­wirt­schaft­li­che Lage hin­weg­täu­schen. Eine nach­hal­ti­ge Immo­bi­li­en­markt­er­ho­lung ist ohne deut­lich bes­se­re makro­öko­no­mi­sche Rah­men­be­din­gun­gen kaum rea­lis­tisch. Die aktu­el­len Dar­le­hens­vo­lu­mi­na mögen auf eine gewis­se Markt­ak­ti­vi­tät hin­deu­ten, doch sie ver­schlei­ern die zugrun­de­lie­gen­den struk­tu­rel­len Probleme.

Statt euphe­mis­ti­scher Inter­pre­ta­tio­nen bräuch­te der deut­sche Immo­bi­li­en­markt eine ehr­li­che Bestands­auf­nah­me: Solan­ge die Wirt­schaft sta­gniert, die Infla­ti­on hoch bleibt und struk­tu­rel­le Refor­men aus­blei­ben, wer­den auch stei­gen­de Dar­le­hens­vo­lu­mi­na kei­ne ech­te Markt­sta­bi­li­sie­rung bewir­ken kön­nen. Die ver­meint­li­che Bele­bung könn­te sich als Stroh­feu­er erwei­sen – mit ent­spre­chen­den Risi­ken für alle Marktakteure.