Prof. Dr. Tim Krie­ger, Bild: Tho­mas Kunz

Die per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten sind in den letz­ten Jah­ren zu einer Wäh­rung gewor­den. Für die “kos­ten­lo­sen” Diens­te, wie Goog­le oder face­book, bezah­len die Nut­zer mit ihren Daten. Die Daten­kon­zer­ne wie­der­um zie­hen aus der Bewirt­schaf­tung der Daten der Nut­zer, vor allem für Wer­be- und Mar­ke­ting­zwe­cke, Mil­li­ar­den­ge­win­ne. Daten sind dem­nach ein wert­vol­les Wirt­schafts­gut. Strit­tig ist bis heu­te die Fra­ge, ob ein Eigen­tum an Daten besteht und wie es durch­ge­setzt wer­den kann. Was liegt da näher, als die­se Fra­ge den Öko­no­men zu stel­len. Beson­ders geeig­net ist hier­für der ord­nungs­öko­no­mi­sche Ansatz, wie er von der Frei­bur­ger Schu­le reprä­sen­tiert wird. Im Gespräch mit Bank­stil legt Prof. Dr. Tim Krie­ger (Foto), der an der Uni­ver­si­tät Frei­burg die Wil­fried-Guth-Stif­tungs­pro­fes­sur für Ord­nungs- und Wett­be­werbs­po­li­tik beklei­det, dar, war­um der Eigen­tums­be­griff von zen­tra­ler Bedeu­tung für das Funk­tio­nie­ren von Märk­ten und die all­ge­mei­ne Wohl­fahrt ist, inwie­weit die Über­tra­gung des Eigen­tums­be­griffs auf die Daten zweck­mä­ßig ist, wel­che Rol­le die Gesetz­ge­bung dabei spie­len soll­te und wes­halb er die Dis­kus­si­on über die Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit in der Daten­öko­no­mie für nötig hält. Zusam­men mit Mal­te Dold ver­fass­te Krie­ger den Auf­satz Infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung aus ord­nungs­öko­no­mi­scher Sicht

  • Herr Prof. Dr. Krie­ger, was macht das The­ma Daten­ei­gen­tum aus ord­nungs­öko­no­mi­scher Sicht so interessant?

Der ord­nungs­öko­no­mi­sche Ansatz in der Tra­di­ti­on der Frei­bur­ger Schu­le stellt die Fra­ge, wie die for­mel­len und infor­mel­len Regeln einer Gesell­schaft beschaf­fen sein müs­sen, damit sich eine wohl­stands­för­dern­de und men­schen­wür­di­ge Wirt­schafts­ord­nung her­aus­bil­det. Ord­nungs­öko­no­men gehen davon aus, dass inner­halb eines sinn­voll gewähl­ten Regel­rah­mens – und nur inner­halb die­ses Rah­mens – Markt­trans­ak­tio­nen zu wohl­fahrts­op­ti­ma­len Ergeb­nis­sen führen. 

Der Frei­bur­ger Ord­nungs­öko­nom Wal­ter Eucken (1891−1950) for­mu­liert als Grund­prin­zip einer sol­chen Wirt­schafts­ord­nung einen Leis­tungs­wett­be­werb mit funk­tio­nie­ren­dem Preis­sys­tem und inten­si­ven Wett­be­werb, der star­ke Leis­tungs- und Inno­va­ti­ons­an­rei­ze setzt und zugleich die Frei­heit des Ein­zel­nen schützt. Damit sich die­ses Ergeb­nis ein­stel­len kann, sind eini­ge zen­tra­le Prin­zi­pi­en zu beach­ten, ins­be­son­de­re das Prin­zip des Pri­vat­ei­gen­tums, d.h. der kla­ren Zuord­nung der Eigen­tums- und Ver­fü­gungs­rech­te an mate­ri­el­len und imma­te­ri­el­len Gütern auf pri­va­te Akteu­re, und zum ande­ren das Prin­zip der Ver­trags­frei­heit, wonach das Eigen­tum nach eige­nem Belie­ben und zum allei­ni­gen Nut­zen des Eigen­tü­mers gehan­delt wer­den kann.

Genau an die­ser Stel­le beginnt das ord­nungs­öko­no­mi­sche Inter­es­se am Daten­ei­gen­tum: Wel­che Anrei­ze set­zen die aktu­el­len Regeln beim Daten­ei­gen­tum? Kommt es zu einer öko­no­mi­schen effi­zi­en­ten Nut­zung von Daten? Und wenn nicht, gäbe es ande­re Régime des Daten­ei­gen­tums, die für eine Gesell­schaft vor­teil­haf­ter sind? 

Etwas kon­kre­ter gesagt: Ist die aktu­el­le Wild­west­ment­a­li­tät beim Umgang mit pri­va­ten Daten und der Glau­ben, dass der­je­ni­ge, der als ers­ter einer Infor­ma­ti­on eines Drit­ten hab­haft gewor­den ist, die­se nach eige­nem Gut­dün­ken ver­wen­den darf, wirk­lich opti­mal? Pri­va­te Daten, deren Wert nicht erkenn­bar ist, wer­den aus ord­nungs­öko­no­mi­scher Sicht i.d.R. nicht opti­mal ein­ge­setzt, weil der schein­bar feh­len­de Preis fal­sche Hand­lungs­an­rei­ze setzt.

  • Kri­ti­ker des Eigen­tums­be­griffs ver­wei­sen ger­ne dar­auf, dass die Nut­zer dadurch ani­miert wür­den, so viel Daten wie mög­lich preis zu geben, um einen Vor­teil zu erlan­gen – wie im Gesund­heits­be­reich. Wie bewer­ten Sie das?

Die­ses Argu­ment über­zeugt mich nicht, weil es hier impli­zi­te Annah­men getrof­fen wer­den, die ich für frag­wür­dig hal­te. So wird unter­stellt, dass die Nut­zer sys­te­ma­tisch auf eine kurz­fris­ti­ge Ein­kom­mens­ma­xi­mie­rung abzie­len. Die­se Ver­mu­tung kommt daher, dass heut­zu­ta­ge vie­le Nut­zer bereit sind, selbst für pri­mi­tivs­te Apps auf ihrem Smart­phone jeg­li­che Pri­vat­sphä­re sau­sen zu las­sen. Aber hat das wirk­lich etwas mit dem Daten­ei­gen­tum zu tun oder nicht eher mit Unwis­sen­heit und Ignoranz? 

Die Kri­ti­ker gehen offen­bar davon aus, dass mit dem Daten­ei­gen­tum der Wert der Daten steigt, wes­halb die Men­schen noch bereit­wil­li­ger sei­en, ihre Daten zu ver­kau­fen. Ein höhe­rer Preis ist aber eben immer auch ein kla­rer Indi­ka­tor für den Wert eines Gutes. Bei hoch­prei­si­gen Waren setzt bei den meis­ten Men­schen jedoch ein Nach­den­ken – even­tu­ell auch unter­stützt durch Bil­dungs­maß­nah­men, die bei finan­zi­ell rele­van­ten Pro­ble­men eher ange­bo­ten wer­den – dar­über ein, war­um der Wert so hoch ist und ob man sei­nen „Daten­schatz“ nicht viel­leicht behal­ten soll­te. Das Daten­ei­gen­tum ist jeden­falls nicht der zen­tra­le Grund, war­um Men­schen eine laxe Ein­stel­lung zum Schutz ihrer Daten haben, son­dern eher Unwis­sen­heit und Unsi­cher­heit auf­grund des aktu­el­len Regelrahmens.

  • Die Inter­net­kon­zer­ne wie Goog­le oder Face­book bewirt­schaf­ten die Daten der Nut­zer als wäre es ihr Eigen­tum und zie­hen dar­aus enor­me Gewin­ne. Müs­sen wir uns dem Daten- bzw. Rechts­re­gime der Inter­net­kon­zer­ne beugen?

Tat­säch­lich scheint hier zunächst ein­mal ein Ver­tei­lungs­kon­flikt zu bestehen. Die Gewin­ne der Inter­net­kon­zer­ne wären ohne die kos­ten­freie Ver­wen­dung der Daten der Nut­zer kaum so hoch. Die Nut­zer wer­den dar­an nicht betei­ligt, was man als unfair anse­hen könn­te. Aller­dings soll­te man sich die Bewer­tung nicht ganz so ein­fach machen, da ja auch den Nut­zern Vor­tei­le ent­ste­hen. Je mehr pri­va­te Daten in die Algo­rith­men von Goog­le & Co. ein­ge­speist wer­den, des­to bes­ser wer­den die Such­ergeb­nis­se. Ein gewis­ser Gegen­wert besteht bei sol­chen Diens­ten also.

Pro­ble­ma­tisch wird es, wenn die pri­va­ten Daten nicht zur Ver­bes­se­rung der ursprüng­li­chen Dienst­leis­tung, also zum Bei­spiel der Bereit­stel­lung von Such­ergeb­nis­sen, genutzt wer­den, son­dern ander­wei­tig etwa für Mar­ke­ting­maß­nah­men ein­ge­setzt oder wei­ter­ver­äu­ßert wer­den. Die wenigs­ten Nut­zer dürf­ten dies wol­len, jedoch haben die Inter­net­kon­zer­ne eine qua­si-mono­po­lis­ti­sche Stel­lung erreicht. Such­ma­schi­nen wie Goog­le oder Inter­net­händ­ler wie Ama­zon sind so erfolg­reich und gut, weil sie so vie­le Nut­zer haben, deren pri­va­te Daten zur Opti­mie­rung des Ange­bots genutzt wer­den. Wer anders­wo sucht oder kauft, wird zumeist mit weni­ger prä­zi­sen Infor­ma­ti­ons­an­ge­bo­ten vor­lieb­neh­men müs­sen. Also wen­det man sich doch den „Gro­ßen“ zu, was die­sen Macht gibt. 

Aus ord­nungs­po­li­ti­scher Sicht ist eine der­ar­ti­ge Macht­kon­zen­tra­ti­on nicht wün­schens­wert, auch wenn die Qua­li­tät der Ange­bo­te bei den gro­ßen Anbie­tern bes­ser ist. Um zu ver­mei­den, dass die Macht der Inter­net­kon­zer­ne irgend­wann ein­mal miss­bräuch­lich aus­ge­nutzt wird, bedarf es einer sinn­vol­len Regu­lie­rung. Die Schaf­fung eines Eigen­tums an den pri­va­ten Daten ist dabei ein wich­ti­ger Baustein.

  • Vor eini­ger Zeit reg­te der EU-Kom­mis­sar Gün­ther Oet­tin­ger ein Bür­ger­li­ches Gesetz­buch für Daten an. Eine gute Idee?

Zwar ist es zu begrü­ßen, wenn die Poli­tik Regeln für die Nut­zung und Ver­wen­dung von Daten ins­be­son­de­re Drit­ter ange­hen will. Aber die Ana­lo­gie zum Bür­ger­li­chen Gesetz­buch ist unglück­lich und lei­tet in die Irre. Die digi­ta­le Welt ist schnell und dyna­misch, das BGB ist starr und ver­än­dert sich allen­falls im Schne­cken­tem­po. Heut­zu­ta­ge wer­den durch die Macht der Algo­rith­men neue Nor­men geschaf­fen, denen gro­ße Tei­le der Welt­be­völ­ke­rung fol­gen, wäh­rend die natio­na­le, aber auch die euro­päi­sche Gesetz­ge­bung und Recht­spre­chung hoff­nungs­los hinterherhinken. 

Was wir benö­ti­gen, sind die recht­li­chen Grund­la­gen für eine intel­li­gen­te Regu­lie­rung – natio­nal wie inter­na­tio­nal. Die Regu­lie­rung muss mit der digi­ta­len Welt mit­wach­sen und dabei die grund­le­gen­den Nor­men, die wir uns als Gesell­schaft geben, auto­ma­tisch ver­wirk­li­chen. Um ein Bei­spiel zu nen­nen: Der Euro­päi­sche Gerichts­hof hat das „Recht auf Ver­ges­sen­wer­den“ recht­lich ver­an­kert. Das klingt zunächst gut, aber das Recht muss indi­vi­du­ell bean­tragt wer­den. Der ein­zel­ne Nut­zer ist also nicht Herr sei­ner Daten, son­dern ist abhän­gig davon, dass bspw. ein Online­dienst sei­ne Daten wirk­lich löscht. Kon­trol­lie­ren und ggf. ein­for­dern kann er dies nur mit grö­ße­rem Aufwand. 

Es wäre sinn­vol­ler gewe­sen, die Diens­te per Gerichts­be­schluss dazu zu zwin­gen, alle pri­va­ten Daten nach einer gewis­sen Zeit auto­ma­tisch zu löschen. Die Daten wären dann nur zeit­wei­se einem Unter­neh­men über­las­sen und fal­len nach Ablauf der Nut­zungs­frist auto­ma­tisch an den Nut­zer zurück, indem sie gelöscht wer­den. Möch­te der Nut­zer sei­ne Daten wei­ter­hin durch den Dienst ver­ar­bei­ten las­sen, dann steht ihm dies ja frei. Ent­schei­dend ist aber vor allem, dass der Grund­satz der Löschung nach einer gewis­sen Anzahl von Jah­ren von tech­ni­schen Ent­wick­lun­gen weit­ge­hend unab­hän­gig ist. Er muss nur durch die Regu­lie­rungs­be­hör­de kon­trol­liert bzw. durch die Recht­spre­chung durch­ge­setzt wer­den. Die Auf­ga­be, einen Lösch­al­go­rith­mus umzu­set­zen, läge bei den Diens­ten und Anwen­dern von Algo­rith­men. Dies ist öko­no­misch effi­zi­en­ter als wenn Mil­lio­nen von Nut­zern müh­sam Ein­zel­an­trä­ge auf Löschung stellen. 

  • Die Rech­te der Nut­zer an ihren Daten wer­den durch neue Geset­ze, wie die Daten­schutz­grund­ver­ord­nung (DSGVO) gestärkt. Reicht das nicht schon aus?

Mit der Daten­schutz­grund­ver­ord­nung sol­len Grund­rech­te und Grund­frei­hei­ten natür­li­cher Per­so­nen, ins­be­son­de­re deren Recht auf den Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten und der freie Ver­kehr sol­cher Daten, erst­ma­lig in einem ein­heit­li­chen, euro­pa­weit gül­ti­gen Regel­werk geschützt wer­den. Das ist ein Fort­schritt, denn noch vor weni­gen Jah­ren sah die Lage bei den Daten­rech­ten der Nut­zer in Euro­pa deut­lich düs­te­rer aus. Die Poli­tik konn­te oder woll­te die Rele­vanz des The­mas nicht sehen. Die Recht­spre­chung des Euro­päi­schen Gerichts­hofs und ande­rer Gerich­te hat dann zunächst die Rol­le der Regu­lie­rung der Inter­net­kon­zer­ne über­nom­men. Schließ­lich folg­te auch die Gesetz­ge­bung, indem sie die Vor­ga­ben der Gerich­te umsetzte. 

Doch bei allem Fort­schritt muss klar sein, dass sich sowohl Gesetz­ge­bung als auch Recht­spre­chung noch ganz am Anfang ihrer Regu­lie­rungs­auf­ga­be befin­den, die zudem von Tag zu Tag grö­ßer wird, weil sich das Inter­net so dyna­misch ent­wi­ckelt und damit immer wie­der Her­aus­for­de­rung für den Daten­schutz auf­wirft. Umso ent­schei­den­der ist es, dass all­ge­mei­ne Grund­sät­ze for­mu­liert wer­den, auf die sich jeder Nut­zer beru­fen und die er dann auch durch­set­zen kann. Die­se Klar­heit und Ein­deu­tig­keit besteht noch nicht. Sie kann sich aber ent­wi­ckeln, wenn der poli­ti­sche Wil­le dafür vor­han­den ist. 

  • In der Dis­kus­si­on um das Daten­ei­gen­tum fällt auf, dass sich auch die Wirt­schaft nicht einig ist. Wäh­rend die Ver­si­che­rer und der ADAC das Eigen­tum der Auto­hal­ter an ihren Fahr­zeug­da­ten beto­nen, leh­nen die Auto­mo­bil­her­stel­ler die­se For­de­rung ab. Mehr als nur die typi­schen Interessenkonflikte? 

Auch die Unter­neh­mens­welt kann die Ent­wick­lung der digi­ta­len Welt nicht vor­her­se­hen und ist auf mehr oder weni­ger unsi­che­re Vor­her­sa­gen und Abschät­zun­gen der Nütz­lich­keit des Daten­ei­gen­tums für das eige­ne Unter­neh­men ange­wie­sen. Man­ches davon bil­det unter­neh­mens­spe­zi­fi­sche Inter­es­sen­la­gen ab, ande­res ist Kaf­fee­satz­le­se­rei. Auto­mo­bil­her­stel­ler ahnen, dass ihre Kun­den den Fahr­kom­fort und ande­re Eigen­schaf­ten ihrer Autos ver­mut­lich höher bewer­ten als Fra­gen der Daten­wei­ter­ga­be, gera­de wenn hier­durch der Kom­fort wei­ter erhöht wer­den könn­te. Für Ver­si­che­rungs­kon­zer­ne geht es dage­gen sehr viel mehr um das Ver­trau­en der Kun­den. Sie müs­sen also das The­ma Daten­nut­zung anders betrach­ten und wer­den daher eher das Daten­ei­gen­tum unter­stüt­zen. Inter­es­sant ist dabei jedoch, dass in bei­den Fäl­len das Daten­ei­gen­tum am Kun­den­ver­hal­ten wenig ver­än­dern dürf­te. Ver­spricht der Auto­her­stel­ler Kom­fort im Tausch gegen Daten, dann wer­den die meis­ten Auto­fah­rer die­ses Ange­bot wahr­neh­men. Dage­gen wer­den die Ver­si­che­run­gen bei einem ähn­li­chen Tausch­an­ge­bot kei­nen dra­ma­tisch höhe­ren Zuspruch ernten. 

  • Wie müss­te ein Markt für per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten und pri­va­te Infor­ma­tio­nen beschaf­fen sein, damit ein Markt­ver­sa­gen mög­lichst aus­ge­schlos­sen und die all­ge­mei­ne Wohl­fahrt erhöht wer­den kann? 

Aus der öko­no­mi­schen Theo­rie lässt sich ablei­ten, dass die ein­deu­ti­ge Zuwei­sung von Eigen­tums­rech­ten und deren kon­se­quen­te Durch­setz­bar­keit zen­tra­le Vor­aus­set­zun­gen für das Funk­tio­nie­ren der Märk­te und damit für die Maxi­mie­rung der all­ge­mei­nen Wohl­fahrt sind. Aktu­ell sind die Eigen­tums­rech­te nicht klar defi­niert – trotz Daten­schutz­grund­ver­ord­nung oder dem Recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung. Stets gibt es wei­te­re Akteu­re, die die Daten ohne Kom­pen­sa­ti­on nut­zen und damit das jewei­li­ge Eigen­tums­recht ver­wäs­sern. Hier­durch ent­ste­hen Effi­zi­enz­ver­lus­te, weil die Daten nicht mehr ihrem Wert nach bewirt­schaf­tet wer­den und dadurch sehr wahr­schein­lich falsch ein­ge­setzt werden. 

Die Fra­ge ist aller­dings, was pas­sie­ren wird, wenn das Daten­ei­gen­tum käme und dann auch durch­setz­bar wäre. Wür­den wir tat­säch­lich das Ent­ste­hen von Märk­ten beob­ach­ten, die dann auch effi­zi­ent funk­tio­nie­ren? Ver­mut­lich nicht. Hier­für gibt es zwei Grün­de. Ers­tens haben pri­va­te Infor­ma­tio­nen teil­wei­se den Cha­rak­ter eines öffent­li­chen Guts. Sind die Daten offen­bart, sind sie all­ge­mein ver­füg­bar und kön­nen vie­len wei­te­ren Markt­ak­teu­ren Nut­zen stif­ten. In sei­nem pri­va­ten Kos­ten-Nut­zen-Kal­kül wird der Daten­ei­gen­tü­mer die­se gesell­schaft­lich posi­ti­ve Wir­kung, etwa in Form von bes­se­ren Such­ergeb­nis­sen für jeder­mann, typi­scher­wei­se nicht berück­sich­ti­gen. Ten­den­zi­ell wer­den in einer sol­chen Gesell­schaft zu weni­ge Daten offen­bart und die Wohl­fahrt ist zu gering. Zwei­tens dürf­ten die Trans­ak­ti­ons­kos­ten, die beim Betrei­ben eines sol­chen Mark­tes ent­ste­hen, außer­or­dent­lich groß sein. 

Hier­aus folgt, dass ver­mut­lich ande­re Insti­tu­tio­nen an die Stel­le des Mark­tes tre­ten wer­den, die den Daten­ver­kehr güns­ti­ger regeln. Bei­spiels­wei­se kön­nen impli­zi­te Prei­se durch die Recht­spre­chung ent­ste­hen: Wer­den Daten miss­bräuch­lich ein­ge­setzt, dann wird eine Stra­fe und ein Scha­dens­er­satz in bestimm­ter Höhe ver­hängt. Jedes Unter­neh­men kann dann hoch­rech­nen, ob es sich lohnt, die Daten ein­zu­set­zen. Aktu­ell liegt die­ser Preis lei­der noch zu nahe an Null, um ein Umden­ken her­bei­zu­füh­ren, aber dies kann sich bereits durch weni­ge Prä­ze­denz­ur­tei­le schnell ändern. 

  • Wel­che Insti­tu­tio­nen wären dazu nötig – müss­ten wir neue ent­wi­ckeln, wie Daten-Ban­ken für per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten als Clea­ring- und Ver­rech­nungs­stel­le – könn­te es dem­nächst Daten-Genos­sen­schaf­ten als Gegen­wicht zu den gro­ßen Platt­for­men, wie Goog­le, Ama­zon oder Face­book, geben?

All die­se Vor­schlä­ge schei­nen mir aus den zuvor genann­ten Grün­den eher unwahr­schein­lich zu sein. Viel­mehr wird sich ein impli­zi­ter Preis der Daten­nut­zung bzw. des Daten­miss­brauchs bil­den, der den Daten­miss­brauch sen­ken wird – vor­aus­ge­setzt, dass der Staat dann auch für die Durch­set­zung der Urtei­le sorgt und nicht die Macht der Inter­net­kon­zer­ne zu groß gewor­den ist. Das Ergeb­nis wird im Ide­al­fall iden­tisch zu dem einer ech­ten Markt­lö­sung sein. 

  • Wo sehen Sie der­zeit den größ­ten Klä­rungs­be­darf in der öffent­li­chen Dis­kus­si­on um das Daten­ei­gen­tum – was kommt (noch) zu kurz?

Zu kurz kommt vor allem zwei Fra­gen. Ers­tens ist bis­her zu wenig klar, was wir mit dem Daten­ei­gen­tum eigent­lich errei­chen wol­len und errei­chen kön­nen. Geht es – was mir sehr sym­pa­thisch ist – dar­um, dass die pri­va­ten Daten der Men­schen in opti­ma­ler Wei­se vor miss­bräuch­li­cher Nut­zung geschützt sind, dann müs­sen wir nach den bes­ten Wegen suchen, um dort­hin zu kom­men. Aus einer ord­nungs­öko­no­mi­schen Per­spek­ti­ve wäre das Daten­ei­gen­tum dafür eine wich­ti­ge Vor­aus­set­zung, weil sich aus ihm her­aus die not­wen­di­gen Anreiz­struk­tu­ren für alle betei­lig­ten Par­tei­en bil­den, die Daten tat­säch­lich zu schüt­zen. Für ande­re gesell­schaft­li­che Zie­le könn­ten ande­re Her­an­ge­hens­wei­sen sinn­vol­ler sein. Zwei­tens taucht die Fra­ge nach der Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit im öffent­li­chen Dis­kurs bis­her nahe­zu gar nicht auf. Aktu­ell sehen wir, dass bei den Anbie­tern von Inter­net­diens­ten Gewin­ne des­halb ent­ste­hen, weil sie die Daten pri­va­ter Nut­zer nahe­zu kos­ten­los ein­set­zen kön­nen. Man kann dies akzep­ta­bel fin­den oder auch nicht – aber man soll­te dar­über dis­ku­tie­ren, damit nicht die Legi­ti­mi­tät unse­rer Insti­tu­tio­nen wie dem Staat oder dem Markt dau­er­haft Scha­den nimmt.     

  • Herr Prof. Dr. Krie­ger, vie­len Dank für das Gespräch!