Von Ralf Keuper
Gestern fand im Bundestag ein öffentliches Fachgespräch zum Thema Digitalisierung in der Finanzwirtschaft statt. Die verschiedenen Beiträge stehen inzwischen zum Download zur Verfügung.
Hier mein erster Eindruck:
Gemeinsam ist den Beiträgen eine Fixierung auf das, wenn man so will, Gegensatzpaar Banken – Fintech-Startups, was aber auf die Fragestellung zurückzuführen ist. Es ist eine auf diesem Blog mehrfach geäußerte Überzeugung, dass die Fintech-Startups nicht das eigentliche Problem der Banken sind, wie in:
Die digitalen Ökosysteme werden zwar auch angesprochen, aber nicht weiter vertieft, was überrascht, da es sich hierbei um ein bereits bekanntes und ernstzunehmendes Phänomen handelt. Einer der Referenten äußerte gar Zweifel an der Beliebtheit von Online-Zahlungen in Deutschland, was durch die aktuellen Zahlen jedoch eindrucksvoll widerlegt wird:
- Der deutsche E‑Commerce Markt 2015 in Zahlen
- Online-Einkauf auch im B2B-Bereich auf dem Vormarsch
- Mobile Commerce wächst 42 Prozent pro Jahr – drei Mal so schnell wie E‑Commerce
- Mobile Payments Index: 50 Prozent aller mobilen Zahlungen sind lokale Zahlungsarten
Die nach meinem Eindruck fundiertesten Beiträge, wenngleich ich nicht in allen Punkten zustimme (wozu auch?):
- Stellungnahme von Herrn Karsten Wenzlaff – Institut für Kommunikation in sozialen Medien
- Stellungnahme des Bundesverbandes deutscher Banken e.V.
Fast alle Referenten gehen von dem Fortbestand des Universalbankmodells auch unter den Bedingungen der fortschreitenden Digitalisierung aus. An dem Modell eines Mehrkanalvertriebes wird festgehalten. Die Filiale bleibt wichtig, wenngleich ihre Anzahl weiter sinken wird. Die Fidor Bank sieht das bekanntlich anders.
Die Blockchain gilt als Hoffnungsträger, mit deren Hilfe das bestehende Geschäftsmodell in die neue Zeit gerettet werden kann, obschon mit einigen Änderungen, die aber noch nicht genau absehbar sind. Dass das Potenzial der Blockchain für die Banken derzeit überschätzt wird, war auf diesem Blog bereits mehrfach ein Thema, wie in
Bei der Einschätzung von Paydirekt gehen die Meinungen nicht weit auseinander. Der Punkt Datenschutz ist tatsächlich einer, mit dem die Banken punkten können. Insofern widerspreche ich der Einschätzung des Vertreters der Fidor Bank, der für das Thema eine nachlassende Sensibilisierung festzustellen glaubt:
Letzteres ist, soweit man den aktuellen Berichten glauben kann, nicht das Differenzierungsmerkmal von Paydirekt – und nur der Datenschutz allein wird als Plus nicht ausreichen. Dafür ist der Kunde nicht mehr sensibel genug
Das Gegenteil ist richtig, wie aktuelle Berichte zu genüge belegen.
- The future of tech lies in data, privacy and robots
- Privacy will hit tipping point in 2016
- Economists say Encryption ‘Significantly’ Boosts Economy
- Datenschutz im Banking kein Thema mit hoher Priorität bei den Nutzern?
Nicht zur Sprache kam das Thema Verlust der Digitalen Souveränität der Banken, als der größten Bedrohung des derzeitigen Geschäftsmodells.
Damit einhergehend führt kaum noch ein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass die Banken ihre Schlüsselstellung als Drehscheibe für den Informationsfluss in der Wirtschaft weitgehend verloren haben.
Ebenso wenig wurden neue Geschäftsmodelle für Banken angesprochen, wie z.B. das Thema Digitale Identität.
Gleiches gilt für das Thema Internet of Things.
Trotzdem: Löblich, dass der Bundestag das Thema diskutiert hat.