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Künst­li­che Intel­li­genz ist längst kein Zukunfts­the­ma mehr, son­dern prägt die Gegen­wart des glo­ba­len Ban­ken­sek­tors. Die aktu­el­le Stu­die KI-Anwen­dun­gen im Ban­ken­sek­tor welt­weit der Hoch­schu­le für Finanz­wirt­schaft & Manage­ment zeich­net ein detail­rei­ches Bild die­ser Ent­wick­lung – und offen­bart Chan­cen eben­so wie blin­de Fle­cken. Doch wie belast­bar sind die Ergeb­nis­se, wenn die zugrun­de lie­gen­den Quel­len nicht immer frei von Eigen­in­ter­es­sen sind?


Der Ein­satz von Künst­li­cher Intel­li­genz im Bank­we­sen hat sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren von ver­ein­zel­ten Expe­ri­men­ten zu einem pro­duk­ti­ven Mas­sen­phä­no­men ent­wi­ckelt. Ein neu­er Bericht, gestützt auf eine empi­ri­sche Erhe­bung unter 355 Ban­ken welt­weit, zeigt: KI ist heu­te fes­ter Bestand­teil des Ban­kings – mit einem Wert­schöp­fungs­po­ten­zi­al, das Schät­zun­gen zufol­ge bis 2030 auf bis zu eine Bil­li­on US-Dol­lar anwach­sen könnte.

Beson­ders bemer­kens­wert ist der Fokus auf pro­duk­ti­ve Anwen­dun­gen. Damit grenzt sich die Unter­su­chung bewusst von visio­nä­ren Pilot­pro­jek­ten ab und rich­tet den Blick auf das, was tat­säch­lich schon in der Pra­xis funk­tio­niert: Chat­bots im Kun­den­ser­vice, Auto­ma­ti­sie­rung im Risi­ko­ma­nage­ment, inter­ne Effi­zi­enz­stei­ge­run­gen. Mehr als die Hälf­te die­ser Anwen­dun­gen wur­de erst seit 202324 imple­men­tiert – ein Beleg für den enor­men Inno­va­ti­ons­schub der jüngs­ten Vergangenheit.

Die Ergeb­nis­se las­sen sich klar struk­tu­rie­ren: Die USA trei­ben vie­le Pro­jek­te vor­an, Euro­pa behaup­tet sich in der Brei­te als füh­ren­der Markt. Den größ­ten Nut­zen zie­hen bis­lang Pri­vat­kun­den und inter­ne Pro­zes­se, wäh­rend Geschäfts­kun­den weni­ger pro­fi­tie­ren. Com­pli­ance und IT-Sicher­heit wie­der­um spie­len im pro­duk­ti­ven KI-Ein­satz bis­her eine erstaun­lich unter­ge­ord­ne­te Rolle.

Doch so beein­dru­ckend der Bericht auf den ers­ten Blick wirkt, so not­wen­dig ist eine kri­ti­sche Ein­ord­nung. Vie­le der zugrun­de lie­gen­den Daten stam­men von Bera­tungs­un­ter­neh­men wie McK­in­sey, Accen­ture und Roland Ber­ger. Die­se besit­zen zwei­fel­los Zugang zu exklu­si­ven Infor­ma­tio­nen und unmit­tel­ba­rer Pra­xis­er­fah­rung – aber auch ein star­kes Eigen­in­ter­es­se. Ihre Stu­di­en die­nen nicht nur der Ana­ly­se, son­dern auch der Posi­tio­nie­rung als Vor­den­ker und Ver­käu­fer von Bera­tungs- und Digi­ta­li­sie­rungs­leis­tun­gen. Opti­mis­ti­sche Pro­gno­sen und die Beto­nung „markt­prä­gen­der Trends“ sind Teil die­ser Kommunikationsstrategie.

Hier­in liegt die Ambi­va­lenz: Bera­tungs­stu­di­en sind unver­zicht­ba­re Trend­ra­da­re, die den Dis­kurs ansto­ßen und pra­xis­na­he Ein­bli­cke lie­fern. Gleich­zei­tig sind sie nicht immer objek­tiv, ihre Metho­dik ist oft intrans­pa­rent und sie nei­gen zur Fokus­sie­rung auf Erfolgs­bei­spie­le. Für ein aus­ge­wo­ge­nes Bild bedarf es daher des Abgleichs mit unab­hän­gi­gen wis­sen­schaft­li­chen Ana­ly­sen, offi­zi­el­len Sta­tis­ti­ken und den rea­len Erfah­run­gen der Ban­ken selbst.

Die eigent­li­che Stär­ke des Berichts liegt folg­lich weni­ger in sei­nen abso­lu­ten Zah­len als in den Impul­sen, die er für stra­te­gi­sche Dis­kus­sio­nen lie­fert. Er zeigt auf, wo Ban­ken schon weit fort­ge­schrit­ten sind – und wo Nach­hol­be­darf besteht. Vor allem der gerin­ge Rei­fe­grad in sicher­heits­kri­ti­schen Berei­chen wie Com­pli­ance oder IT-Sicher­heit soll­te als Warn­si­gnal ver­stan­den werden.