Von Ralf Keuper

Die Fra­ge klingt auf den ers­ten Blick rein hypo­the­tisch: Kann der Geld­kreis­lauf in einer Volks­wirt­schaft auch ohne Ban­ken funk­tio­nie­ren? Die­ser Fall ist in der Pra­xis bereits vor­ge­kom­men, und zwar 1970 in Irland. Am 4. Mai 1970 erschien im Irish Inde­pen­dent eine Anzei­ge mit der Über­schrift “Ban­ken­schlie­ßung”. Ver­ant­wort­lich war der iri­sche Ban­ken­ver­band, der damit auf einen Arbeits­kampf reagier­te. In der Aus­ein­an­der­set­zung for­der­ten die Gewerk­schaf­ten eine Anpas­sung der Gehäl­ter an die Lebens­hal­tungs­kos­ten, die wäh­rend der vor­aus­ge­gan­ge­nen 15 Mona­te um 10 Pro­zent gestie­gen waren. Die Ban­ken wei­ger­ten sich strikt, auf die Lohn­for­de­run­gen ein­zu­ge­hen und zogen es statt­des­sen vor, ihre Häu­ser zu schließen.

Wer nun denkt, dass die Wirt­schaft in Irland dar­auf­hin zusam­men­brach und sich Panik unter der Bevöl­ke­rung breit mach­te, irrt. Die Bür­ger ver­wen­de­ten statt Bar­geld wei­ter­hin Schecks, die jedoch zunächst bei kei­ner Bank ein­ge­reicht wur­den bzw. nicht ein­ge­reicht wer­den konn­ten. Man tat ein­fach so, als wäre sonst nichts Gra­vie­ren­des gesche­hen, bis auf die Tat­sa­che, dass man erst ein­mal ohne Bar­geld aus­kom­men musste.

In sei­nem Buch Geld. Die wah­re Geschich­te. Über den blin­den Fleck im Kapi­ta­lis­mus schreibt Felix Mar­tin über den wei­te­ren Verlauf:

Da das Ban­ken­sys­tem jedoch geschlos­sen war, waren Schecks bis auf wei­te­res ledig­lich Schuld­an­er­kennt­nis­se von Pri­vat­per­so­nen oder Betrie­ben. Ver­käu­fer, die sie akzep­tier­ten, taten dies auf der Grund­la­ge ihrer eige­nen Ein­schät­zung der Kre­dit­wür­dig­keit des Käufers.

Obwohl damit dem Miss­brauch Tür und Tor geöff­net waren, funk­tio­nier­te das Sys­tem ohne grö­ße­re Kom­pli­ka­tio­nen. Ver­ant­wort­lich dafür war das gro­ße Zusammengehörigkei…