Von Ralf Keuper

Es hat sie mal gege­ben, die Zeit, als sich Ban­ker in die öffent­li­che Dis­kus­si­on um die Zukunft von Wirt­schaft und Gesell­schaft ein­ge­mischt haben. Dies gilt vor allem für Alfred Herr­hau­sen, der sei­nen Stand­punkt zu wirt­schafts- und gesell­schafts­po­li­ti­schen Fra­gen in ver­schie­de­nen Essays und Reden zu begrün­den wuss­te. Dabei stütz­te sich ger­ne auf Zita­te sei­nes Lieb­lings­phi­lo­so­phen Karl Pop­per. Nach­zu­le­sen in Denken_​Ordnen_​Gestalten. Nicht min­der anspruchs- und gehalt­voll ver­trat der ehe­ma­li­ge Dresd­ner Bank – Chef Jür­gen Pon­to sei­nen Stand­punkt. Nach­zu­le­sen in Mut zur Frei­heit. Fried­rich W. Chris­ti­ans, lang­jäh­ri­ger Vor­stands­spre­cher der Deut­schen Bank nahm regel­mä­ßig Stel­lung zu poli­ti­schen Fra­gen. Dar­über hin­aus trat als För­de­rer für Wis­sen­schaft und Kunst auf. Bei­spiel­haft dafür ist sein Ein­satz für die Wie­der­auf­stel­lung des Denk­mals für Imma­nu­el Kant in Königsberg/​Kaliningrad. Ein wei­te­rer Ban­ker oder bes­ser Ban­kier aus die­ser Rei­he war Carl Fürs­ten­berg, lang­jäh­ri­ger Lei­ter der Ber­li­ner Han­dels­ge­sell­schaft. Und nicht zu ver­ges­sen: Felix Somary. 

Heu­te sucht man Ban­ker von einem ver­gleich­ba­ren For­mat ver­geb­lich, was sicher­lich auch den ver­än­der­ten Zeit­um­stän­den geschul­det ist. Herr­hau­sen benö­tig­te kaum die Unter­stüt­zung pro­fes­sio­nel­ler Reden­schrei­ber oder von PR-Agen­tu­ren. Wel­cher Ban­ker wäre heu­te noch in der Lage, eine kon­tro­vers geführ­te Dis­kus­si­on zu wirt­schafts- und gesell­schafts­po­li­ti­schen Fra­gen zu füh­ren? Wür­den er oder sie über­haupt noch Gehör finden? 

Es hat den Anschein, als hät­ten in den letz­ten Jah­ren die Tech­no­kra­ten in den Ban­ken die Macht über­nom­men. Viel­leicht sprach der bereits erwähn­te F. Wil­helm Chris­ti­ans die­sen Punkt an, als er auf die Fra­ge, ob er noch mal Vor­stands­spre­cher der Deut­schen Bank wer­den wür­de, zur Ant­wort gab:

In der Bank von frü­her? Sicher. Aber die gibt es ja lei­der nicht mehr. Und in der Bank von heu­te, mit all den Ein­zel­kämp­fern um mich her­um? Nein, da brau­che ich nicht lan­ge nach­zu­den­ken. Nein, ich wür­de die Hän­de davon lassen.

Quel­le: Borschtsch, Ban­ken, Beuys. F. Wil­helm Chris­ti­ans – Der ers­te deut­sche Investmentbanker