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Europas wertvollstes Fintech gilt als Schreckgespenst der deutschen Bankenlandschaft. Mit 75 Milliarden Dollar Bewertung und aggressivem Wachstum inszeniert sich Revolut als digitaler Eroberer eines verstaubten Marktes. Doch hinter der Erfolgsrhetorik offenbart sich ein fragiles Konstrukt: eine Firma, die seit über vier Jahren auf ihre vollwertige Banklizenz im Heimatmarkt wartet und deren Bewertung zwischen 20 und 75 Milliarden Dollar schwankt – je nachdem, wie gerade die Stimmung am Tech-Markt ist. Während deutsche Institute vor der Neobank kapitulieren, lohnt der Blick auf das, was die Hochglanznarrative verschweigen.
Die Geschichte wiederholt sich mit bemerkenswerter Regelmäßigkeit. Ein technologiegetriebenes Unternehmen verspricht die Disruption einer trägen, analogen Branche. Investoren überschlagen sich, Medien jubeln, etablierte Akteure verfallen in Panik. Revolut, mit einer aktuellen Bewertung von 75 Milliarden Dollar das wertvollste Fintech Europas, bedient dieses Narrativ perfekt. Über 50 Millionen Kunden weltweit, allein in Deutschland zwei Millionen Nutzer mit monatlich 100.000 Neukunden, ein Umsatzwachstum von 76 Prozent – die Zahlen scheinen unwiderlegbar. Der Finanzjournalismus spricht von einer existenziellen Bedrohung für traditionelle Banken, manche Kommentatoren warnen, deutsche Institute würden “noch Apps in Myspace-Tradition bauen”, während Revolut sein Ökosystem munter erweitere.
Doch was, wenn die eigentliche Geschichte eine andere ist? Was, wenn sich hinter dem Wachstumsfuror ein Unternehmen verbirgt, dessen strukturelle Defizite systematisch ausgeblendet werden, weil sie nicht ins Disruptions-Drehbuch passen?
Revolut beantragte im Januar 2021 eine Banklizenz in Großbritannien, seinem Heimatmarkt. Nach drei Jahren Wartezeit erhielt das Unternehmen im Juli 2024 eine provisorische Lizenz – allerdings mit derart massiven Einschränkungen, dass von einer vollwertigen Banklizenz keine Rede sein kann. Revolut befindet sich seitdem in der sogenannten Mobilisierungsphase, einer Probezeit, die normalerweise zwölf Monate dauert. Inzwischen sind über vierzehn Monate vergangen. Die britische Bankenaufsicht hält die volle Lizenz weiter zurück, weil sie grundlegende Zweifel an Revoluts Risk-Management-Kontrollen hat, insbesondere angesichts der aggressiven internationalen Expansion.
Die Einschränkungen sind drastisch: Revolut darf maximal 50.000 Pfund an Gesamtkundeneinlagen halten – eine lächerliche Summe für ein Unternehmen mit angeblich zehn Millionen britischen Kunden. Diese werden weiterhin über Revoluts E‑Money-Einheit bedient, nicht über die Bankeinheit, und sind damit nicht durch das staatliche Einlagensicherungssystem ge…

