Die 1992 von der Deutschen Bank als Erinnerung an Alfred Herrhausen und dessen gesellschaftspolitisches Engagement ins Leben gerufene Alfred Herrhausen Gesellschaft (AHG) wird zum Jahresende geschlossen. Zuvor hatte Anna Herrhausen, Tochter von Alfred Herrhausen, ihren Posten als Geschäftsführerin der Alfred Herrhausen-Gesellschaft zur Verfügung gestellt[1]Anna Herrhausen verlässt Deutsche Bank: Aus für Gesellschaft.
Ursache soll ein Streit um die Finanzierung der AHG gewesen sein. So soll sich Anna Herrhausen für eine stärkere Förderung der AHG durch die Deutsche Bank eingesetzt haben. Diese habe jedoch abgelehnt, ihr finanzielles Engagement auszubauen[2]Die Alfred Herrhausen Gesellschaft schließt.
Die Bank ließ mitteilen, dass man «grundsätzlich die Frage nach der Perspektive der AHG gestellt», habe. Man habe sich entschlossen, die Aktivitäten im Bereich soziale Verantwortung zu fokussieren, weshalb die AHG nicht mehr über das Jahr 2023 fortgeführt werde.
Damit trennt sich die Deutsche Bank endgültig vom ideellen Erbe Herrhausens. Von dessen Geist und Esprit war in den Jahren seit 1990 bei der Deutschen Bank ohnehin nicht mehr viel zu spüren. Herrhausen, der in der Bank von einigen abschätzig als “Der Elektriker”[3]Diese Bezeichnung kommt daher, da Herrhausen bis zu seinem Einstieg bei der Deutschen Bank bei den Vereinigten Elektrizitätswerken Westfalen (VEW) in Dortmund als Finanzvorstand tätig war bezeichnet wurde, war in der Deutschen Bank eigentlich immer ein Außenseiter. Im Vorstand war man über die öffentlichen Auftritte und Äußerungen Herrhausens nicht immer erfreut. Bis dahin traten die Chefs der Deutschen Bank nur im Ausnahmefall medienwirksam auf und beteiligten sich kaum an öffentlichen Diskussionen. Vor Herrhausen hatte Jürgen Ponto als erster namhafter Banker in Deutschland die Rolle des Zoon Politicon[4]Es war einmal: Der Banker als Zoon politicon ausgefüllt[5]Jürgen Ponto. Bankier und Bürger.
Friederike Sattler bezeichnet Herrhausen in ihrer Biografie Herrhausen: Banker, Querdenker, Global Player nicht ohne Grund als Gipfelstürmer ohne zuverlässige Seilschaft. In der Vorstandssitzung am 28. November 1989 sollte endgültig über die Neuorganisation der Bank entschieden werden. Diese sah tiefe Eingriffe vor, die nicht allen Vorstandskollegen gefielen. Vorausgegangen war dem ein zähes Ringen. Einem seiner engsten Mitarbeiter vertraute ein zermürbter Herrhausen an: “Ich verstehe diese Bank nicht. … Wie die denken, kann ich nicht nachvollziehen”.
Nun, das beruhte und beruht wohl auf Gegenseitigkeit.
Insofern ist die Entscheidung der Deutschen Bank folgerichtig und in gewisser Weise sogar ehrlich. Ohnehin dürften nicht wenige mittlerweile Schwierigkeiten damit haben, “Gesellschaftliche Verantwortung” und “Deutsche Bank” in einen halbwegs sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Gut möglich, dass Herrhausen dieser Einschätzung heute zustimmen würde.
References
↑1 | Anna Herrhausen verlässt Deutsche Bank: Aus für Gesellschaft |
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↑2 | Die Alfred Herrhausen Gesellschaft schließt |
↑3 | Diese Bezeichnung kommt daher, da Herrhausen bis zu seinem Einstieg bei der Deutschen Bank bei den Vereinigten Elektrizitätswerken Westfalen (VEW) in Dortmund als Finanzvorstand tätig war |
↑4 | Es war einmal: Der Banker als Zoon politicon |
↑5 | Jürgen Ponto. Bankier und Bürger |