In der Ver­gan­gen­heit haben die Zen­tral­ban­ken zeit­wei­se erfolg­reich mit nega­ti­vem Eigen­ka­pi­tal gear­bei­tet. Dies deu­tet dar­auf hin, dass eine nega­ti­ve Eigen­ka­pi­tal­po­si­ti­on der Zen­tral­bank durch­aus mit der Erhal­tung des Ver­trau­ens in das Geld ver­ein­bar sein kann. Dar­über hin­aus gibt es kei­ne Bele­ge für einen sys­te­ma­ti­schen Zusam­men­hang zwi­schen der Eigen­ka­pi­tal­po­si­ti­on von Zen­tral­ban­ken und ihrer Fähig­keit, ihre geld­po­li­ti­schen Zie­le zu errei­chen. Der Fall der Bank von Ams­ter­dam in den spä­ten 1700er Jah­ren und die Kri­sen in den Schwel­len­län­dern in den 1980er und 1990er Jah­ren sind jedoch war­nen­de Bei­spie­le dafür, wie wich­tig die fis­ka­li­sche Unter­stüt­zung für die Auf­recht­erhal­tung des Ver­trau­ens in das Geld ist. Die zen­tra­le wirt­schaft­li­che Deter­mi­nan­te für das Ver­trau­en in Geld sind die Port­fo­li­oent­schei­dun­gen der pri­va­ten Inha­ber von Zen­tral­bank­geld. Ins­be­son­de­re gibt es poten­zi­el­le “Kipp­punk­te”, wenn sie bestehen­de Geld­for­men zuguns­ten von Alter­na­ti­ven aufgeben.

Quel­le: Cen­tral bank capi­tal and trust in money: les­sons from histo­ry for the digi­tal age

Aus der Schlussbetrachtung:

Zen­tral­ban­ken unter­schei­den sich von pri­va­ten Finanz­un­ter­neh­men inso­fern, als Zen­tral­ban­ken öffent­li­che Ein­rich­tun­gen sind, die öffent­li­che Zie­le ver­fol­gen. Der Stan­dard­test für Sol­venz – posi­ti­ves Eigen­ka­pi­tal – gilt nicht in glei­cher Wei­se für Zen­tral­ban­ken. Statt­des­sen haben wir uns auf das Ver­trau­en in das Geld als Schlüs­sel­pro­blem kon­zen­triert und gefragt, ob (und wie viel) Zen­tral­bank­ka­pi­tal für die Erhal­tung des Ver­trau­ens in das Geld wich­tig ist.
Die kur­ze Ant­wort lau­tet, dass eine star­ke Kapi­tal­po­si­ti­on weder not­wen­dig noch aus­rei­chend ist, um das Ver­trau­en in das Geld zu erhal­ten. Den­noch ist das Kapi­tal der Zen­tral­bank für das Ver­trau­en in das Geld von Bedeu­tung. Der Grund dafür ist, dass der zen­tra­le wirt­schaft­li­che Mecha­nis­mus, der in die­sem Papier her­vor­ge­ho­ben wird, die Port­fo­lio-Ent­schei­dun­gen der pri­va­ten Inha­ber von Zen­tral­bank­geld sind. Wäh­rend Netz­werk­ef­fek­te die Unter­stüt­zung durch pri­va­te Finanz­in­sti­tu­te auf­recht­erhal­ten, könn­te eine Ero­si­on des Ver­trau­ens die Wirt­schaft an einen poten­zi­el­len Kipp­punkt her­an­füh­ren, wenn die Inha­ber das hei­mi­sche Geld zuguns­ten von Alter­na­ti­ven auf­ge­ben, sei­en es nun Metall­mün­zen in den 1700er Jah­ren oder ande­re Fiat-Reser­ve­wäh­run­gen oder Kryp­to­wäh­run­gen und Sta­b­le­co­ins im moder­nen Zeit­al­ter. Eine schwa­che oder nega­ti­ve Eigen­ka­pi­tal­po­si­ti­on der Zen­tral­bank wird einen Ein­fluss dar­auf haben, wie der Kipp­punkt des Wech­sels zu einer alter­na­ti­ven Wäh­rung bestimmt wird. Das äuße­re Anzei­chen eines sol­chen Kipp­punkts wäre der plötz­li­che Zusam­men­bruch des Wech­sel­kur­ses wäh­rend einer Währungskrise.

Das letz­te Jahr­zehnt hat eine Rei­he von Ver­än­de­run­gen im Geld­sys­tem mit sich gebracht. Der rasan­te Anstieg des digi­ta­len Zah­lungs­ver­kehrs und der Rück­gang der Ver­wen­dung von Bar­geld füh­ren zu einer Ver­la­ge­rung von Zen­tral­bank­geld zu Geschäfts­bank­geld im täg­li­chen Finanz­ver­kehr (Di Iorio et al. (2024), Auer et al. (2022)). In der Zwi­schen­zeit bedeu­tet der Markt­ein­tritt neu­er Finanz­tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men (Fintechs) und gro­ßer Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men (Big Techs), dass es auf dem Zah­lungs­ver­kehrs­markt und bei der Bereit­stel­lung von pri­va­tem Geld (z. B. elek­tro­ni­schem oder E‑Geld) Wett­be­wer­ber gibt, die kei­ne Ban­ken sind (Feyen et al. (2021)). Schließ­lich wer­den neue digi­ta­le Wäh­run­gen, z. B. Kryp­to­wäh­run­gen und Sta­b­le­co­ins, als Alter­na­ti­ve zu Fiat­wäh­run­gen der Zen­tral­ban­ken und Geschäfts­ban­ken­geld geför­dert – auch wenn ihre Ver­wen­dung als Geld in der Pra­xis recht begrenzt ist (BIZ (2022)).