Getting your Trinity Audio player ready...

Von Ralf Keuper

Eine aktu­el­le Stu­die der Inves­ti­ti­ons­bank Ber­lin (IBB) kommt zu dem wenig über­ra­schen­den Ergeb­nis, dass Ber­lin mit 189 Fin­tech-Start­ups nach wie vor die unan­ge­foch­te­ne Fin­tech-Hoch­burg in Deutsch­land ist. Damit sind in Ber­lin mehr Fin­tech-Start­ups ansäs­sig als in Mün­chen, Frank­furt, Ham­burg und Köln zusam­men[1]Ber­lin ist Deutsch­lands Fin­tech-Hub Num­mer Eins.

Im Jahr 2024 konn­ten Ber­li­ner Fintechs ca. 535 Mio. Euro an Risi­ko­ka­pi­tal ein­sam­meln. Von 32 Sca­le-ups (Unter­neh­mens­be­wer­tung ober­halb 100 Mio. Euro) sind drei Vier­tel in der Bun­des­haupt­stadt angesiedelt.

Als wesent­li­cher Fak­tor für die Anzie­hungs­kraft Ber­lins wird das im ver­gan­ge­nen Jahr eröff­ne­te House of Finan­ce & Tech genannt.

Die­se posi­ti­ven Zah­len kön­nen jedoch nicht ganz über eini­ge Schwä­chen des Fin­tech-Öko­sys­tems in Ber­lin hin­weg täu­schen. So ist ein wesent­li­cher Nach­teil die feh­len­de Finanz­in­fra­struk­tur in Ber­lin im Ver­gleich zu Frank­furt, wo vie­le gro­ße Ban­ken und Finanz­dienst­leis­ter ansäs­sig sind. Die­ser Man­gel erschwert den Zugang zu finan­zi­el­ler Exper­ti­se und Net­wor­king-Mög­lich­kei­ten vor Ort. Aller­dings konn­te Frank­furt die­sen Stand­ort­vor­teil bis­lang nicht für sich nut­zen – jeden­falls nicht im gewünsch­ten Umfang.

Der Wett­be­werb unter Fintechs in Ber­lin ist zudem sehr inten­siv, was es schwie­rig macht, sich abzu­he­ben und Kun­den lang­fris­tig zu bin­den. Vie­le Ber­li­ner Fintechs kämp­fen außer­dem mit hohen Kos­ten für die Kun­den­ge­win­nung, da Ver­brau­cher oft zögern, tra­di­tio­nel­le Ban­ken zu ver­las­sen. Kapi­tal­in­ten­si­ve Geschäfts­mo­del­le stel­len eben­falls eine Her­aus­for­de­rung dar, ins­be­son­de­re wenn die Ver­füg­bar­keit von Inves­ti­tio­nen sinkt. Trotz tech­no­lo­gi­scher Inno­va­tio­nen blei­ben vie­le Ber­li­ner Fintechs unpro­fi­ta­bel, da sie stark auf Wachs­tum set­zen und hohe Anfangs­in­ves­ti­tio­nen benö­ti­gen, wie das Bei­spiel Sola­ris zeigt. Jedoch sind die Pro­ble­me der Ber­li­ner Fintechs kei­ne Beson­der­heit des Stand­orts, son­dern vom Markt und der Regu­la­to­rik beeinflusst.

An die­ser Stel­le sei noch mal auf die Bank­stil-Stu­die Die Fin­tech-Start­up-Öko­sys­te­me in Deutsch­land aus dem Jahr 2014 ver­wie­sen. Dar­in war Ber­lin bereits die ein­deu­ti­ge Num­mer eins.

In kei­ner ande­ren Stadt Deutsch­lands haben sich so vie­le Start­ups, VC-Inves­to­ren, Acce­le­ra­to­ren und Inku­ba­to­ren nie­der­ge­las­sen wie in Ber­lin. Laut BITKOM und deut­sche start­ups fließt mehr als die Hälf­te des Wag­nis­ka­pi­tals für IT-Start­ups in die Stadt. Par­al­lel dazu haben sich zahl­rei­che, auch infor­mel­le, Ver­an­stal­tun­gen und Events für ange­hen­de Unter­neh­mens­grün­der eta­bliert. Die Chan­ce, inter­es­san­te Kon­tak­te auch außer­halb des eige­nen Netz­wer­kes zu knüp­fen, ist in Ber­lin groß. Die Wirt­schafts­för­de­rung unter­stützt die Sze­ne mit einer Viel­zahl von Initia­ti­ven und Ange­bo­ten. Her­vor­zu­he­ben ist das Ber­lin Busi­ness Loca­ti­on Cen­ter, das in die­ser Form ein­zig­ar­tig in Deutsch­land ist. Wie Kris­toff­er Möl­ler in sei­ner bereits erwähn­ten empi­ri­schen Stu­die fest­ge­stellt hat, ist die Infra­struk­tur (U‑Bahn, Loka­le, Cafes, Ein­zel­han­dels­ge­schäf­te) in der Innen­stadt Ber­lins schon so aus­ge­legt, dass sich Naben (Hubs) qua­si von selbst bil­den. Die Zahl der Hoch­schu­len, Insti­tu­te und Inno­va­ti­ons­la­bors ist in Ber­lin so hoch wie sonst nir­gends in Deutsch­land. Ein wei­te­rer nicht zu unter­schät­zen­der Plus­punkt ist die Stel­lung Ber­lins als Haupt­stadt und Regie­rungs­sitz. Als Stand­ort von Unter­neh­men aus der Infor­ma­ti­ons- und Krea­tiv­wirt­schaft liegt Ber­lin eben­falls mit an der Spit­ze in Deutsch­land. Als Finanz­platz ist Ber­lin dage­gen nur von regio­na­ler Bedeutung.