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Von Ralf Keuper

Unter allen deut­schen Ban­kiers des letz­ten Jahr­hun­derts ist Hjal­mar Schacht der  bis heu­te umstrit­tens­te. Bis weit nach dem 2. Welt­krieg hat­te sich die Mei­nung eta­bliert, Schacht sei nur ein Mit­läu­fer gewe­sen, der sich als Reichs­bank­prä­si­dent und Reichs­wirt­schafts­mi­nis­ter mit dem NS-Régime über­warf und Kon­tak­te zum Wider­stand unter­hielt. Schacht sel­ber trug mit diver­sen Ver­öf­fent­li­chun­gen zur Ver­brei­tung die­ser Ver­si­on bei, wie mit sei­ner auto­bio­gra­fi­schen Schrift Abrech­nung mit Hit­ler, die von der ZEIT 1948 in Hjal­mar Schacht Abrech­nung mit Hit­ler. Die Ent­las­sung aus­ge­spro­chen wohl­wol­lend kom­men­tiert wur­de. Bis 1970 war Schacht vor­wie­gend als Publi­zist aktiv. Mit Büchern wie Kre­dit­po­li­tik und Export­fi­nan­zie­rung von mor­gen und Magie des Gel­des ver­such­te er auf die wirt­schafts­po­li­ti­sche Debat­te der Nach­kriegs­zeit Ein­fluss auszuüben.

In den 1920er Jah­ren gehör­te Schacht eigent­lich dem links-libe­ra­len poli­ti­schen Spek­trum an. Schacht war als unge­wöhn­lich gebil­det und kul­ti­viert bekannt, was ihn in den höhe­ren (inter­na­tio­na­len) Krei­sen zu einem geschätz­ten Gesprächs­part­ner machte.

Sei­ne Lauf­bahn als Ban­kier und Finanz­di­plo­mat begann er 1903 als Chef­volks­wirt der Dresd­ner Bank.

Wei­te­re beruf­li­che Stationen:

Von 1915 bis 1922 war Schacht Vor­stands­mit­glied der Natio­nal­bank für Deutsch­land und nach deren Fusi­on mit der Darm­städ­ter Bank bis 1923 Vor­stands­mit­glied der Darm­städ­ter und Natio­nal­bank KGaA (Quel­le: Wikipedia).

1923 wur­de Schacht zum Prä­si­den­ten der Reichs­bank ernannt. Schon vor der  Macht­er­grei­fung der Natio­nal­so­zia­lis­ten stand Schacht mit den NS-Grö­ßen Göring und Goeb­bels, aber auch Hit­ler in Kon­takt. Hit­ler mach­te auf Schacht gro­ßen Ein­druck. Schacht zähl­te daher auch zu dem illus­tren Kreis der Unter­zeich­ner der Ein­ga­be von zwan­zig Indus­tri­el­len, Ban­kiers und Groß­agra­ri­ern an Paul von Hin­den­burg. Dar­in for­der­ten sie den Reichs­prä­si­den­ten auf, Hit­ler zum Reichs­kanz­ler zu ernennen.

Nach sei­ner Wahl zum Reichs­kanz­ler mach­te Hit­ler Schacht zum Reichs­bank­prä­si­den­ten. Ab 1934 war Schacht wei­ter­hin Reichs­wirt­schafts­mi­nis­ter und spä­ter Gene­ral­be­voll­mäch­tig­ter für die Kriegs­wirt­schaft. 1943 wur­de Schacht als Reichs­wirt­schafts­mi­nis­ter von Hit­ler ent­las­sen. Im Jahr 1944 wur­de Schacht von der Gesta­po als Mit­wis­ser des Atten­tats vom 20. Juli ver­haf­tet und inter­niert, u.a. in Dachau.

In den Nürn­ber­ger Pro­zes­sen und spä­ter in einem wei­te­ren Ver­fah­ren vor der Ent­na­zi­fi­zie­rungs-Spruch­kam­mer Stutt­gart wur­de Schacht als Kriegs­ver­bre­cher ange­klagt, jedoch in allen Punk­ten freigesprochen.

Im Jahr 2006 räum­te der His­to­ri­ker Chris­to­pher Kop­per, Sohn des ehe­ma­li­gen Deut­sche  Bank-Chefs Hil­mar Kop­per, in Hjal­mar Schacht. Auf­stieg und Fall von Hit­lers mäch­tigs­tem Ban­kier gründ­lich mit der Legen­de des Widerst­stands­kämp­fers und Hit­ler-Geg­ners Schacht auf. Der Deutsch­land­funk Kul­tur schrieb damals:

Anhand neu­er, erst heu­te zugäng­li­cher Quel­len und Doku­men­te bringt Chris­to­pher Kop­pers Bio­gra­phie die wesent­li­che Ver­stri­ckung Schachts im NS-Sys­tem ans Licht. In sei­nem span­nen­den, teil­wei­se rasant geschrie­ben Buch weist der Bie­le­fel­der His­to­ri­ker nach, wie eng der stei­le Auf­stieg Schachts mit poli­ti­schem Oppor­tu­nis­mus ver­knüpft war. Schacht war ein bril­lan­ter Geld­markt- und Wäh­rungs­exper­te, mit zugleich siche­rem Instinkt für poli­ti­sche Macht­kon­stel­la­tio­nen. Als Reichs­bank­prä­si­dent schon in den 1920er Jah­ren steu­er­te er die Repa­ra­ti­ons­po­li­tik gegen­über den Sie­ger­mäch­ten des Ers­ten Welt­kriegs, hin­ter­trieb die Plä­ne jedoch in einem intri­gan­ten Dop­pel­spiel, mit dem er sich ab der Welt­wirt­schafts­kri­se von 1929 bei Hit­ler und Goeb­bels lieb Kind mach­te. Erst durch Schachts mäch­ti­gen Ein­fluss wur­den die Natio­nal­so­zia­lis­ten bei der Groß­in­dus­trie und den Ban­ken salon­fä­hig. Und ohne Schacht hät­te Hit­lers rui­nö­se Finanz­po­li­tik in einem Deba­kel geendet.

Ohne das Finanz­ge­nie von Schacht, so der Tenor eini­ger wei­te­rer Ver­öf­fent­li­chun­gen, wäre dem 3. Reich viel frü­her die Luft ausgegangen.

Wei­te­re Informationen:

Hor­ace Gre­e­ly Hjal­mar Schacht

Hit­lers selbst­herr­li­cher Helfer