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Der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna inszeniert sich als Fintech-Innovator, der den E‑Commerce demokratisiert. Tatsächlich perfektioniert das Unternehmen ein Geschäftsmodell, das systematisch Konsumschulden bei jungen Menschen erzeugt, Händlermargen abschöpft und nun durch KI-gestützte Rationalisierung die eigene Profitabilität zu retten versucht. Die Geschichte eines Bewertungskollapses von 45 auf 6,7 Milliarden Dollar innerhalb eines Jahres offenbarte die Fragilität eines Systems, das Überschuldung als Produkt verkauft.
Die Mechanik des aufgeschobenen Zahlens
Als Sebastian Siemiatkowski, Niklas Adalberth und Victor Jacobsson 2005 in Stockholm Klarna gründeten, erkannten sie eine strukturelle Arbitragemöglichkeit: Die Lücke zwischen Kaufimpuls und Zahlungsfähigkeit ließ sich als Geschäftsmodell organisieren. “Buy now, pay later” ist dabei weniger Innovation als Neuverpackung klassischer Konsumentenkredite – nur ohne die regulatorischen Beschränkungen und Transparenzanforderungen, die Banken unterliegen.
Das Erlösmodell offenbart die doppelte Extraction: Händler zahlen Gebühren für die Übernahme des Zahlungsrisikos und höhere Konversionsraten, Kunden zahlen Zinsen bei Ratenzahlungen. Klarna positioniert sich als Intermediär, der beide Seiten bedient, während er faktisch die Kreditwürdigkeit seiner Nutzer algorithmisch auswertet und kapitalisiert. Die aggressive Marketingstrategie – Snoop Dogg als Testimonial, massive Werbebudgets – verschleiert dabei die simple Tatsache: Das Unternehmen verdient Geld, indem es Menschen ermöglicht, Dinge zu kaufen, die sie sich nicht leisten können.
Bewertungsillusion und Kapitalmarkt-Realismus
Im Juni Klarna 2021 schloss Klarna eine Finanzierungsrunde über 639 Millionen US-Dollar ab, angeführt vom SoftBank Vision Fund 2 und unterstützt von Investoren wie Sequoia Capital, SilverLake, Dragoneer, Permira, Commonwealth Bank of Australia, Ant Group, Northzone, GIC (Singapurs Staatsfonds) sowie BlackRock. Die Post-Money-Bewertung von 45,6 Milliarden Dollar machte Klarna zum höchstbewerteten privaten Fintech Europas und zum zweithöchsten weltweit.
Die Grundlage dieser Bewertung war der Pandemie-Boom: Im ersten Quartal 2021 verzeichnete Klarna ein Transaktionsvolumen von 18,9 Milliarden US-Dollar – nahezu das Doppelte des Vorjahreszeitraums – und allein in den USA nutzten bereits 18 Millionen Menschen den Dienst. Klarna Das Narrativ war verführerisch: BNPL als das “nächste große Ding” nach der Kreditkarte, eine ganze Generation, die traditionelle Banken ablehnt, exponentielles Wachstum in allen Märkten. SoftBank, Sequoia und BlackRock glau…

