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Trotz offi­zi­el­ler Ent­war­nung: Der EBA-Stress­test offen­bart die tie­fe Anfäl­lig­keit deut­scher Lan­des­ban­ken. Sind mas­si­ve Kapi­tal­rück­gän­ge und hohe Immo­bi­li­en­ri­si­ken wirk­lich nur eine Moment­auf­nah­me – oder brö­ckelt die ver­meint­li­che Sta­bi­li­tät bereits?


Die Euro­päi­sche Ban­ken­auf­sichts­be­hör­de (EBA) hat die Ergeb­nis­se ihres Stress­tests ver­öf­fent­licht, die zei­gen, wie wider­stands­fä­hig deut­sche Lan­des­ban­ken und die DZ Bank gegen­über einem nega­ti­ven Sze­na­rio sind. Die­ses Sze­na­rio geht von einem deut­li­chen Anstieg der Arbeits­lo­sig­keit, *einem Ein­bruch der Akti­en- und Immo­bi­li­en­märk­te sowie einem Rück­gang des Brut­to­in­lands­pro­dukts aus[1]LBBW unter den Lan­des­ban­ken am schwächs­ten im neu­en Stress­test.

Beson­ders betrof­fen waren dem­nach die LBBW und die Hela­ba, deren har­te Kern­ka­pi­tal­quo­te (CET1-Quo­te) im Nega­tiv-Sze­na­rio erheb­lich sank. Die LBBW ver­zeich­ne­te einen Rück­gang um über zehn Pro­zent­punk­te auf 6,8% (Start: 16,9%), wäh­rend die Hela­ba auf 7,5% (Start: 16,5%) schrumpf­te. Die NordLB und die Bay­ern­LB zeig­ten mit 13,5% (Start: 19,0%) bzw. 14,3% (Start: 21,3%) eben­falls deut­li­che Rück­gän­ge, blie­ben aber auf einem höhe­ren Niveau. Die DZ Bank, das Spit­zen­in­sti­tut der genos­sen­schaft­li­chen Ban­ken, erreich­te eine CET1-Quo­te von 13,6% (Start: 17,5%) im Negativ-Szenario.

Ein Fak­tor für die Anfäl­lig­keit der Lan­des­ban­ken ist ihr hohes Enga­ge­ment im Gewer­be­im­mo­bi­li­en­sek­tor. Die LBBW beton­te in ihrer Stel­lung­nah­me, dass der Stress­test kei­ne Gegen­maß­nah­men berück­sich­ti­ge, die die Bank bei tat­säch­li­chen adver­sen Ent­wick­lun­gen ergrei­fen würde.

Trotz der teils erheb­li­chen Rück­gän­ge der Quo­ten bewer­tet die Bun­des­an­stalt für Finanz­dienst­leis­tungs­auf­sicht (Bafin) die Ergeb­nis­se posi­tiv. Niko­las Speer, Exe­ku­tiv­di­rek­tor Ban­ken­auf­sicht bei der Bafin, erklär­te, dass sich die deut­schen Ban­ken „ins­ge­samt sta­bil“ zeig­ten und die Belas­tungs­pro­be bestan­den hät­ten. Der alle zwei Jah­re statt­fin­den­de EBA-Stress­test dient dazu, die Schock­re­sis­tenz der Ban­ken zu prü­fen und fließt in die Berech­nung ihrer Kapi­tal­an­for­de­run­gen ein.

Anmer­kung: 

Die Finanz­kri­se 2007/​2008 hat deut­lich gemacht, dass vie­le dama­li­ge Stress­tests der Ban­ken zu opti­mis­ti­sche Annah­men tra­fen und extre­me, sys­te­mi­sche Risi­ken nicht rea­lis­tisch abbil­de­ten. Auch heu­ti­ge Stress­test-Designs ste­hen des­halb immer wie­der in der Kritik:

  • Extrem­ereig­nis­se wie plötz­li­che Markt­pa­ni­ken, Ver­trau­ens­ver­lus­te, der gleich­zei­ti­ge Kol­laps meh­re­rer Markt­seg­men­te („Ever­y­thing-Bubble“), oder domi­no­ar­ti­ge Ket­ten­re­ak­tio­nen in den Inter­ban­ken­be­zie­hun­gen las­sen sich mit den übli­chen makro­öko­no­mi­schen Sze­na­ri­en bis­lang nur ein­ge­schränkt erfassen.
  • Modell­ri­si­ken: Die kom­ple­xen Model­le unter­schät­zen oft die nicht-linea­ren Effek­te und Wech­sel­wir­kun­gen bei einer ech­ten Kri­se. Vie­les hängt von den Annah­men über Markt­li­qui­di­tät, Gegen­par­tei­aus­fall und das Ver­hal­ten von Inves­to­ren ab – Para­me­ter, die im Ernst­fall schwer vor­her­zu­sa­gen sind.
  • Kei­ne Berück­sich­ti­gung von Eigen­re­ak­tio­nen: Die Auf­sicht rech­net zwar mit „Durch­hal­te­fä­hig­keit“, oft­mals wer­den aber kei­ne Maß­nah­men berück­sich­tigt, die Ban­ken im Kri­sen­fall tat­säch­lich ergrei­fen wür­den – dies kann die Aus­sa­ge­kraft sowohl posi­tiv als auch nega­tiv verzerren.
  • Begrenz­te Sze­na­ri­en­tie­fe: Die EU-Stress­tests wäh­len zwar Sze­na­ri­en mit deut­li­cher Ver­schlech­te­rung von Wirt­schaft, Märk­ten und Arbeits­lo­sen­quo­te, aber abso­lu­te Extrem- oder Black-Swan-Ereig­nis­se wer­den aus metho­di­schen Grün­den nicht voll­kom­men durchgespielt.

Dar­an anknüp­fend sagen auch zahl­rei­che Exper­ten: Stress­tests geben zwar einen Ori­en­tie­rungs­rah­men, sind aber kein Garant für Ban­ken­sta­bi­li­tät in extre­me­ren Kri­sen­la­gen. Die Erfah­run­gen seit 2008 haben jedoch zur Wei­ter­ent­wick­lung der Model­le und zu schär­fe­ren Vor­ga­ben geführt – das Pro­blem der „Unter­schät­zung des Extre­men“ bleibt aber sys­tem­im­ma­nent bestehen.

Fazit:

Stress­tests sind nütz­lich, um Ver­wund­bar­kei­ten zu iden­ti­fi­zie­ren – sie soll­ten aber nie als rei­ne „Ent­war­nung“ inter­pre­tiert wer­den. Die Fähig­keit, mit wirk­li­chen Sys­tem­schocks umzu­ge­hen, ist wei­ter­hin schwer pro­gnos­ti­zier­bar. Der Kom­men­tar der BaFin soll­te daher ent­spre­chend ein­ge­ord­net werden.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen /​ Updates

Stress­test offen­bart ‘Pro­fi­ta­bi­li­täts-Lücke’ der Landesbanken