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Spar­kas­sen und Genos­sen­schafts­ban­ken gal­ten jahr­zehn­te­lang als Sta­bi­li­täts­an­ker des deut­schen Finanz­sys­tems. Doch ihre tra­di­tio­nel­len Stär­ken – Regio­na­li­tät, Bür­ger­nä­he und föde­ra­le Struk­tu­ren – wer­den in der digi­ta­len Ära zuneh­mend zu exis­ten­zi­el­len Schwä­chen. Ein Essay über den schlei­chen­den Abstieg einer gan­zen Ban­ken­grup­pe und mög­li­che Aus­we­ge aus der Plattformfalle.


In den Geschäfts­stel­len deut­scher Spar­kas­sen und Volks­ban­ken herrscht noch immer eine Atmo­sphä­re ver­trau­ter Soli­di­tät. Hier kennt man sich, hier spricht man die­sel­be Spra­che, hier funk­tio­niert Ban­king noch nach den bewähr­ten Regeln mensch­li­cher Nähe. Doch hin­ter der Fas­sa­de regio­na­ler Ver­wur­ze­lung voll­zieht sich ein dra­ma­ti­scher Wan­del: Die jahr­hun­der­te­al­ten Prin­zi­pi­en, die die­se Ban­ken­grup­pen einst stark mach­ten, wer­den zu den Fes­seln ihres eige­nen Niedergangs.

Die alte Logik: Ein Sys­tem aus einer ande­ren Zeit

Das Fun­da­ment des deut­schen Spar­kas­sen- und Genos­sen­schafts­we­sens ruht auf zwei Säu­len, die in einer ana­lo­gen Welt per­fekt funk­tio­nier­ten: dem Regio­nal­prin­zip und der Sub­si­dia­ri­tät. Regio­na­le Abgren­zung schütz­te vor Kon­kur­renz, loka­le Auto­no­mie ermög­lich­te fle­xi­ble Ent­schei­dun­gen bei gleich­zei­ti­ger Nut­zung gemein­sa­mer Infra­struk­tu­ren. Die­ses Sys­tem schuf Ver­trau­en, Sta­bi­li­tät und eine bemer­kens­wer­te Kri­sen­re­sis­tenz – solan­ge die Welt noch in geo­gra­fi­schen Gren­zen dachte.

Doch das Inter­net kennt kei­ne Spar­kas­sen­gren­zen. In einer Ära, in der Kun­den bin­nen Minu­ten Kon­di­tio­nen von Ber­lin bis Mün­chen ver­glei­chen und ihre Bank­ge­schäf­te über Smart­phone-Apps abwi­ckeln, wird das einst schüt­zen­de Regio­nal­prin­zip zur selbst­auf­er­leg­ten Beschrän­kung. Wäh­rend digi­ta­le New­co­mer wie N26, Sca­lable oder Revo­lut ihre Ser­vices ska­lie­ren und opti­mie­ren, frag­men­tie­ren sich die tra­di­tio­nel­len Ban­ken in hun­der­te klein­tei­li­ge Ein­hei­ten, die weder die Daten­ba­sis noch die Ent­wick­lungs­ge­schwin­dig­keit für ech­te Inno­va­ti­on besitzen.

Der fata­le Wider­spruch der Digitalisierung

Die Ant­wort der Ver­bün­de auf die­se Her­aus­for­de­rung offen­bart ihre struk­tu­rel­le Hilf­lo­sig­keit. Fusio­nen sol­len Grö­ßen­vor­tei­le schaf­fen, zen­tra­le IT-Platt­for­men die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on vor­an­trei­ben. Doch die­ser Pro­zess führt zwangs­läu­fig in ein Para­do­xon: Je mehr sich die Ban­ken zen­tra­li­sie­ren, des­to mehr ver­lie­ren sie jene Bür­ger­nä­he, die ihren wich­tigs­ten Wett­be­werbs­vor­teil aus­macht. Je stär­ker sie sich der Platt­form­lo­gik unter­wer­fen, des­to wei­ter ent­fer­nen sie sich von ihrem eige­nen Wesenskern.

Das Ergeb­nis ist eine Halb­her­zig­keit, die bei­den Wel­ten nicht gerecht wird. Eine Spar­kas­sen-App kann im direk­ten Ver­gleich mit den schlan­ken, intui­ti­ven Lösun­gen der Fin­Tech-Kon­kur­renz nur bestehen, wenn sie zen­tral ent­wi­ckelt und opti­miert wird. Doch damit wird sie aus­tausch­bar – und die loka­le Spar­kas­se wird zur rei­nen Ver­triebs­stel­le eines anony­men Finanzkonzerns.

Die Illu­si­on der Kontrolle

Beson­ders ver­häng­nis­voll er…