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Neue For­schung der Uni Witten/​Herdecke zeigt, dass Bit­co­in Mining kurz­fris­tig den Aus­bau von erneu­er­ba­ren Ener­gien beschleu­ni­gen könn­te, lang­fris­tig jedoch die Ener­gie­wen­de ver­zö­gert und erheb­li­che Umwelt­be­las­tun­gen verursacht.

Bit­co­in-Mining wird zuneh­mend als ein mög­li­cher Trei­ber der Ener­gie­wen­de dis­ku­tiert – und das obwohl es enor­me Men­gen Ener­gie ver­braucht und erheb­li­che Men­gen Elek­tro­schrott pro­du­ziert. Die Idee: Über­schüs­si­ge erneu­er­ba­re Ener­gie könn­te für Mining-Pro­zes­se genutzt wer­den; dadurch könn­ten der Aus­bau nach­hal­ti­ger Ener­gie­er­zeu­gung geför­dert und Strom­net­ze sta­bi­li­siert wer­den. Eine aktu­el­le Stu­die von Maxi­mi­li­an Gill, Dr. Jona Stin­ner und Prof. Dr. Mar­cel Tyrell vom Lehr­stuhl für Ban­king and Finan­ce an der Uni­ver­si­tät Witten/​Herdecke (UW/​H) stellt die­ses Ver­spre­chen in Fra­ge. Sie zeigt, dass Bit­co­in-Mining lang­fris­tig den Über­gang zu einer nach­hal­ti­gen Ener­gie­ver­sor­gung brem­sen könnte.

Was ist Bitcoin-Mining?

Bit­co­in ist die ers­te und bekann­tes­te Kryp­to­wäh­rung. Sie funk­tio­niert ohne eine zen­tra­le Stel­le wie eine Bank und ermög­licht es Men­schen, Geld digi­tal zu sen­den und zu emp­fan­gen. Das soge­nann­te Mining ist der Pro­zess, durch den Trans­ak­tio­nen im Netz­werk vali­diert und neue Bit­co­ins geschaf­fen wer­den. Miner nut­zen leis­tungs­star­ke Com­pu­ter, um mit­ein­an­der zu kon­kur­rie­ren und neue Bit­co­ins zu ver­die­nen. Die­se wer­den an den­je­ni­gen ver­ge­ben, der als Ers­ter einen neu­en Block zur Block­chain hin­zu­fügt – einem digi­ta­len Regis­ter, in dem alle Bit­co­in-Trans­ak­tio­nen sicher und unver­än­der­lich gespei­chert wer­den. Die Erträ­ge aus die­sem Wett­be­werb sind hoch – aktu­ell rund 52 Mil­lio­nen US-Dol­lar pro Tag. Da der Pro­zess spe­zia­li­sier­te Hard­ware und enor­me Ener­gie­men­gen erfor­dert, ist die Öko­bi­lanz jedoch pro­ble­ma­tisch: Der Ener­gie­ver­brauch des Bit­co­in-Sys­tems ent­spricht etwa dem eines Lands wie Polen und die jähr­lich anfal­len­de Men­ge an Elek­tro­schrott ist ver­gleich­bar mit dem Niveau der Niederlande.

Befür­wor­ter des Bit­co­in-Minings argu­men­tie­ren, dass über­schüs­si­ge erneu­er­ba­re Ener­gie, die wegen wet­ter­be­ding­ter Schwan­kun­gen nicht oder nur zu nied­ri­gen Prei­sen ins Strom­netz ein­ge­speist wer­den kann, für das Mining genutzt wer­den könn­te. Dadurch könn­ten die Betrei­ber der Erzeu­gungs­an­la­gen mehr Geld ver­die­nen, was wie­der­um mehr Inves­ti­tio­nen in erneu­er­ba­re Ener­gien anre­gen wür­de. Da die über­schüs­si­ge Ener­gie emis­si­ons­frei erzeugt wird, wür­de das Mining kei­ne gro­ßen CO₂-Emis­sio­nen verursachen.

Die aktu­el­le For­schung der UW/​H‑Wissenschaftler zeigt jedoch, dass die Nut­zung über­schüs­si­ger erneu­er­ba­rer Ener­gie den CO₂-Aus­stoß des Bit­co­in-Sys­tems zwar redu­ziert, gleich­zei­tig jedoch zu einer Zunah­me des Elek­tro­schrotts führt. Grund dafür ist, dass sin­ken­de Ener­gie­kos­ten zu einem Anstieg der betrie­be­nen Mining-Hard­ware füh­ren. Unter plau­si­blen Bedin­gun­gen , zum Bei­spiel bei gerin­gen Prei­sen der Über­schuss­ener­gie und einem gro­ßen Anteil an erneu­er­ba­rer Ener­gie im Bit­co­in-Sys­tem, könn­ten die nega­ti­ven Umwelt­aus­wir­kun­gen ins­ge­samt sogar zunehmen.

Lang­fris­ti­ge Her­aus­for­de­run­gen für eine nach­hal­ti­ge Energiewende

Die Stu­die kommt zu einem ernüch­tern­den Fazit: Bit­co­in-Mining kann zwar kurz­fris­tig den Aus­bau erneu­er­ba­rer Ener­gien för­dern, erschwert aber auf lan­ge Sicht den Über­gang zu einer nach­hal­ti­gen Ener­gie­wirt­schaft. Der Grund: Bit­co­in-Mining ist pro­fi­ta­bler und ver­rin­gert die öko­no­mi­schen Anrei­ze, in Spei­cher­tech­no­lo­gien und Netz­in­fra­struk­tur zu inves­tie­ren – bei­des essen­zi­ell für eine nach­hal­ti­ge Energiewende.

Maxi­mi­li­an Gill erklärt: „Erzeu­ger von erneu­er­ba­rer Ener­gie haben bei Über­schuss­ener­gie meh­re­re Optio­nen: Sie kön­nen in Netz­in­fra­struk­tur inves­tie­ren, um Ener­gie zu trans­por­tie­ren, oder in Spei­cher­tech­no­lo­gien, um bei­spiels­wei­se Solar­ener­gie abends nutz­bar zu machen. Alter­na­tiv kön­nen sie die Ener­gie direkt für Bit­co­in-Mining nut­zen und dadurch kurz­fris­tig Ein­nah­men gene­rie­ren. Das ist attrak­tiv und min­dert den Druck, in lang­fris­tig not­wen­di­ge Infra­struk­tur zu inves­tie­ren, die für eine Abkehr von fos­si­len Ener­gien unver­zicht­bar ist.“

Die For­schungs­er­geb­nis­se zei­gen, dass das Ver­spre­chen, Bit­co­in kön­ne die Ener­gie­wen­de vor­an­brin­gen, zu kurz greift. „Lang­fris­tig könn­te Bit­co­in-Mining das eigent­li­che Ziel der Ener­gie­wen­de – den Umstieg auf erneu­er­ba­re Ener­gien – ver­lang­sa­men“, betont Gill.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: Die gan­ze Stu­die der Uni­ver­si­tät Witten/​Herdecke fin­den Sie hier: Eco­no­mic Limits of Bitcoin’s Envi­ron­men­tal Pro­mi­ses: Pathway or Pit­fall for the Green Trans­for­ma­ti­on? <br> by Jona Stin­ner, Mar­cel Tyrell, Maxi­mi­li­an Gill :: SSRN

Quel­le: IDW