Bei einem Treffen zur Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt, an dem u.a. der hessische Ministerpräsident Rhein sowie Christian Sewing von der Deutschen Bank und Bettina Orlopp von der Commerzbank teilnahmen, wurde ein Policy Paper der Taskforce Finanzplatz an die Landesregierung übergeben[1]Finanzplatzkabinett berät über Zukunft des Standorts Frankfurt. Das Dokument enthält Forderungen zur Stärkung des Finanzplatzes und soll in die Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl einfließen. Der Ministerpräsident erklärte, dass Frankfurt mit einer einheitlichen Stimme spreche und sich auf Bundes- und EU-Ebene für bessere Rahmenbedingungen einsetzen wolle, um regulatorische Hürden abzubauen und die Stärken des Standorts auszubauen[2]BESCHLUSS DES FINANZPLATZKABINETTS VOM 12. FEBRUAR 2025.
Laut dem Policy Paper “Finanzplatz Deutschland – unsere Zukunft gemeinsam sichern” ist Deutschland hinsichtlich der Standortbedingungen für die Finanzindustrie nur begrenzt wettbewerbsfähig. Eine Überarbeitung der arbeits- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen wird als notwendig erachtet, um Arbeitsbedingungen zu verbessern und mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Die Anpassung der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeitende in der Finanzindustrie ist entscheidend. Vorschläge umfassen Pilotprojekte für innovative Arbeitszeitmodelle, die Erweiterung der Regelungen zur Überlassung von Mitarbeitenden für spezialisierte Projekte sowie staatliche Anreize zur Förderung internationaler Fachkräfte.
Ein Maßnahmenpaket zur Steuervereinfachung wurde empfohlen, um Bürokratie abzubauen und Unternehmen zu entlasten. Wichtige Punkte sind die Vereinfachung der Anrechnung von Quellensteuern und Änderungen im Umsatzsteuerrecht zur Unterstützung von Verwaltungsleistungen. Zudem sind Maßnahmen zur Entbürokratisierung erforderlich, um die Standortattraktivität zu erhöhen. Dazu gehören die Harmonisierung der Börsenzulassungsanforderungen und die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen.
Die Regulierung in Deutschland und der EU sorgt zwar für ein stabiles Finanzsystem, könnte aber durch hohe Bürokratie und strenge Anforderungen Wettbewerbsnachteile schaffen. Daher ist es wichtig, überzogene regulatorische Anforderungen, insbesondere bei internationalen Standards, zu vermeiden und einen risikoorientierten Ansatz zur Entlastung der Finanzindustrie zu fördern.
Trotz starker Gründer gibt es in Deutschland ein schwaches Umfeld für Innovation. Maßnahmen zur Förderung umfassen die Unterstützung neuer Technologien im Finanzsektor und den Aufbau regionaler Innovationscluster für Start-ups. Die Mobilisierung privaten Kapitals ist entscheidend für die Altersvorsorge und Infrastruktur. Hierbei sind eine Neuausrichtung des Rentensystems zur Förderung privater und betrieblicher Altersvorsorge sowie die Belebung des Verbriefungsmarktes zur Integration von Krediten in den Kapitalmarkt von Bedeutung.
Darüber hinaus sollte sich Deutschland als führender Standort für nachhaltige Finanzen positionieren. Geplante Maßnahmen umfassen die Unterstützung der EU-Initiativen zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie die Entwicklung eines starken narrativen Fokus auf Nachhaltigkeit und Profitabilität. Eine stärkere Vernetzung zwischen Hochschulen und der Finanzindustrie ist ebenfalls nötig, um finanzielle Bildung zu fördern und die intellektuelle Infrastruktur auszubauen.
Um die Bedeutung der Finanzindustrie für die Wirtschaft zu stärken, sind regelmäßige Austauschformate und eine zentrale Koordinationsstelle für Standortmarketing erforderlich. Eine nationale Finanzplatzstrategie soll zudem die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Deutschland als attraktiven und innovativen Finanzstandort zu positionieren, um sowohl nationale als auch internationale Herausforderungen zu bewältigen.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) hatten ihre Teilnahme an dem hochrangig besetzten Treffen des Finanzplatzkabinetts in Frankfurt abgesagt[3]Top-Lobbyisten von Sparkassen und Volksbanken bleiben Treffen fern.
Die Gründe:
- Fokus auf Frankfurt: Sie halten den alleinigen Fokus auf Frankfurt für falsch. In einem gemeinsamen Schreiben an Ministerpräsident Boris Rhein argumentieren sie, dass “eine Strategie zur Stärkung des deutschen Finanzsektors nicht auf eine einzelne Metropolregion zugeschnitten sein” kann.
- Ausrichtung auf Großbanken: Die Verbände kritisieren, dass die Finanzmarktpolitik nicht einseitig auf kapitalmarktorientierte Institute ausgerichtet sein sollte.
- Implizite Unterstützung für die Commerzbank: In Finanzkreisen wurde die mit der Veranstaltung verbundene implizite Unterstützung für die Commerzbank als Störfaktor genannt.
Allerdings waren einige Institute aus dem Sparkassen- und Genossenschaftssektor bei dem Treffen vertreten, wie die Landesbank Hessen-Thüringen, die Frankfurter Sparkasse und die Frankfurter Volksbank.
References