Von Ralf Keuper

Die Bank- und Wirt­schafts­ge­schich­te ent­hält erstaun­li­cher­wei­se noch eini­ge wei­ße Fle­cken. Um so einen Fall han­delt es sich bei dem Zeit­raum von 1875–1914. Wäh­rend die­ser Peri­ode wur­den im dama­li­gen Deut­schen Kai­ser­reich Wei­chen­stel­lun­gen voll­zo­gen, die bis heu­te nach­wir­ken. An vor­ders­ter Stel­le steht dabei die Grün­dung der ers­ten Zen­tral­bank in Deutsch­land. Mat­thi­as Wüh­le nimmt mit sei­nem Buch Geld- und Wäh­rungs­po­li­tik der Reichs­bank 1875–1914. Der Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess der deut­schen Geld­ver­fas­sung den längst fäl­li­gen Lücken­schluss vor.

Als das Deut­sche Kai­ser­reich 1871 gegrün­det wur­de, befand sich die deut­sche Wirt­schaft bereits in einem Auf­hol­pro­zess. Die Indus­tria­li­sie­rung schritt rasch vor­an. Im Aus­land zog die Nach­fra­ge nach deut­schen Waren spür­bar an. Auf der Welt­aus­stel­lung in Lon­don im Jahr 1862 sorg­ten Erzeug­nis­se aus Chem­nitz für eine Erschüt­te­rung der bri­ti­schen Domi­nanz im Maschi­nen­bau. Die dyna­mi­sche wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung mit ihrem Kapi­tal­be­darf und die Bevöl­ke­rungs­zu­nah­me – in Kom­bi­na­ti­on mit der Reichs­ei­ni­gung – waren also güns­ti­ge Vor­aus­set­zun­gen für die Grün­dung der ers­ten deut­schen Zen­tral­bank sowie für die Ein­füh­rung einer ein­heit­li­chen Wäh­rung. Jedoch, so ein­fach und plau­si­bel, wie sich das aus der zeit­li­chen Distanz dar­stellt, war es bei wei­tem nicht. Zunächst muss­ten die zahl­rei­chen regio­na­len Wäh­run­gen vom Markt genom­men und das Münz­re­gal refor­miert werden.

Bestre­bun­gen zur Ein­füh­rung einer ein­heit­li­chen Wäh­rung bzw. einer koor­di­nier­ten Wäh­rungs­po­li­tik gab es schon vor 1875, dem Grün­dungs­jahr der Reichs­bank. B…

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