Medien vergisst man, wenn sie funktionieren, und sie werden auffällig, wenn etwas nicht klappt. So hatte man in den letzten Jahrzehnten einige Gelegenheiten, auf die Wirksamkeit eines der wohl prominentesten Mediensysteme aufmerksam zu werden. Es handelte sich – etwas euphemistisch gesagt – um Störungen im Weltformat, die Sie alle kennen und die man mit Daten benennen kann: 1987, 1990, 1994, 1998, 2000 und schließlich der Kollaps der Jahre 2007 und 2008 – all diese Finanzkrisen, die nach den Berechnungen der Ökonomen nur alle paar Milliarden Jahre hätten passieren dürfen, haben nicht nur die fatale Effizienz der modernen Finanzökonomie vorgeführt. Sie lassen sich auch als epistemologische Glücksfälle begreifen und zeigen, wie sich in Krisen, d.h. im Rauschen des Systems seine Kanäle, seine Funktionselemente bemerkbar machten. Darum soll es im Folgenden gehen: Wie lässt sich moderne Finanzökonomie als ein Mediensystem begreifen? Wie lässt es sich datieren? Wie wirken hier heterogene Elemente zusammen? Wie also lässt sich eine Geschichte der Finanzen als Mediengeschichte erfassen? …
Quelle / Link: Finanzialisierungsprozesse und ihre Medien (Joseph Vogl)