Dr. Ste­fan Hirsch­mann, Ste­phan Hen­kel, Hol­ger Heu­schen (v.l.n.r.)

Im Gespräch mit Bank­stil erläu­tern Dr. Ste­fan Hirsch­mann, Ste­phan Hen­kel und Hol­ger Heu­schen (Foto), die zusam­men die Geschäfts­lei­tung der VÖB-Ser­vice GmbH bil­den, wie Ban­ken der Regu­lie­rungs­flut Herr wer­den kön­nen, wel­che Vor­tei­le digi­ta­le Pro­zes­se bie­ten und was die vor­dring­li­chen Auf­ga­ben in der Bank­dienst­leis­tung der nächs­ten Jah­re sein werden. 

  • Mei­ne Her­ren, was genau macht die VÖB-Ser­vice GmbH?

Hen­kel: Wir sind ein Anbie­ter von Spe­zi­al­lö­sun­gen für die Kre­dit­wirt­schaft. Das Ange­bot glie­dert sich in die vier Leis­tungs­fel­der Ban­ken­soft­ware, Bil­dung, Infor­ma­ti­ons­diens­te und Bera­tung. Die Kern­kom­pe­ten­zen umfas­sen spe­zi­el­le bank­fach­li­che und regu­la­to­ri­sche The­men und Fra­ge­stel­lun­gen, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf Regu­lie­rung, Risi­ko- und Ver­si­che­rungs­ma­nage­ment, Com­pli­ance, För­der- und Kre­dit­ge­schäft sowie Digi­ta­li­sie­rung. Mit der Aca­de­my of Finan­ce betrei­ben wir eine der größ­ten kre­dit­wirt­schaft­li­chen Aka­de­mien in Deutsch­land, die zudem Bil­dungs­ein­rich­tung der Hyp­Zert GmbH für ange­stell­te sowie frei­be­ruf­lich täti­ge Immo­bi­li­en­gut­ach­ter ist. 

Wir beschäf­ti­gen rund 100 Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter an den Stand­or­ten Bonn, Ber­lin, Frank­furt am Main und Ham­burg. Unse­re Exper­ten ent­wi­ckeln Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen in enger Zusam­men­ar­beit mit unse­ren Kun­den und Part­ner­un­ter­neh­men. Wir wol­len mit unse­rer täg­li­chen Arbeit dazu bei­tra­gen, dass unse­re Kun­den ihre spe­zi­fi­schen betriebs­wirt­schaft­li­chen und regu­la­to­ri­schen Anfor­de­run­gen erfül­len kön­nen. Dies ist unser Geschäftszweck.

  • Wer sind Ihre Kunden?

Hen­kel: Als Toch­ter­ge­sell­schaft des Bun­des­ver­ban­des Öffent­li­cher Ban­ken Deutsch­lands e.V. (VÖB) bie­ten wir den Ver­bands­mit­glie­dern indi­vi­du­el­le und pass­ge­naue Lösun­gen an, um die Insti­tu­te zu ent­las­ten. Wir nen­nen uns des­halb Manu­fak­tur für Spe­zi­al­lö­sun­gen in der Kre­dit­wirt­schaft. Ich fin­de, dass trifft es ganz gut, zumal alle Dienst­leis­tun­gen grund­sätz­lich auch Drit­ten zur Ver­fü­gung ste­hen. Neben den öffent­li­chen Ban­ken arbei­ten wir inten­siv mit Spar­kas­sen, pri­va­ten Ban­ken oder kre­dit­ge­nos­sen­schaft­li­chen Insti­tu­ten zusam­men. Hin­zu kom­men Kun­den aus der Immo­bi­li­en­wirt­schaft und der Asse­ku­ranz, aus Bera­tungs­ge­sell­schaf­ten sowie öffent­li­chen Einrichtungen.

  • Eines der bekann­ten Pro­duk­te von VÖB-Ser­vice ist RADAR. Könn­ten Sie das Leis­tungs­spek­trum und Geschäfts­mo­dell näher erläutern?

Hirsch­mann: RADAR ist ein web­ba­sier­ter Daten­dienst, der den Kun­den einen Über­blick über alle kre­dit­wirt­schaft­lich rele­van­ten Regu­lie­rungs­vor­ha­ben bie­tet. Es ist das Basis­werk­zeug für die regu­la­to­ri­sche Com­pli­ance gemäß MaRisk AT 4.4.2 und mit gro­ßem Abstand Markt­füh­rer in die­sem Seg­ment. Der Kun­de hat mit RADAR Zugriff auf wesent­li­che Infor­ma­tio­nen über die neu­es­ten Ent­wür­fe zu Rechts­nor­men im Finanz­be­reich und Ände­run­gen im Nor­men­ge­bungs­pro­zess. Mitt­ler­wei­le sind die über 3.000 RADAR-Nor­men mit ca. 15.000 Doku­men­ten im Gesamt­um­fang von mehr als einer hal­ben Mil­li­on Druck­sei­ten unter­legt. Auf DIN A4-Sei­ten aus­ge­druckt lie­ße sich damit eine Stre­cke von fast 150 Kilo­me­tern aus­le­gen. Sie kön­nen aber auf alle Funk­tio­nen und Inhal­te jeder­zeit über eine App zugreifen. 

  • Die regu­la­to­ri­sche Com­pli­ance ist aller­dings kom­pli­zier­ter. Mit der Erfas­sung und Beschrei­bung der ein­zel­nen Norm ist die Arbeit aber noch nicht getan, oder?

Hirsch­mann: Das ist rich­tig. Über das regu­la­to­ri­sche Work­flow-Cen­ter erfolgt die Bewer­tung von Rele­vanz und Wesent­lich­keit einer Norm insti­tuts­spe­zi­fisch durch ver­schie­de­ne Abtei­lun­gen in der Bank, denen die Norm durch die ver­ant­wort­li­che Com­pli­ance-Funk­ti­on zuge­spielt wird. Es kön­nen dadurch Infor­ma­tio­nen zum Umset­zungs­grad abge­ru­fen sowie die Bil­dung von Nor­men­clus­tern zur Bün­de­lung zusam­men­hän­gen­der regu­la­to­ri­scher Anfor­de­run­gen bewerk­stel­ligt wer­den. Gewähr­leis­tet wird über das Pro­ze­de­re die prü­fungs­fä­hi­ge Abla­ge aller erfass­ten Infor­ma­tio­nen durch His­to­ri­sie­rung sowie die Ein­bin­dung stan­dar­di­sier­ter Reports für unter­schied­li­che Inter­es­sens­grup­pen. Was theo­re­tisch und kom­pli­ziert klingt, ver­ein­facht in der Pra­xis das insti­tuts­ei­ge­ne Com­pli­ance-Manage­ment in erheb­li­chem Maße und stei­gert die Effek­ti­vi­tät. Hier liegt der Mehrwert.

  • Wel­che Unter­stüt­zung, fach­li­cher und tech­ni­scher Art, bie­ten Sie den Ban­ken auf ihrem Weg zur digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on an?

Heu­schen: Das ist ein äußerst brei­tes Spek­trum. Her­vor­he­ben möch­te ich hier neben RADAR die Kre­dit­sach­be­ar­bei­tungs­soft­ware BeDarV, die alle Sta­tio­nen im Work­flow einer För­der­mit­tel­kre­dit­sach­be­ar­bei­tung beleg­los gestal­tet. Mit unse­rem Exper­ten­sys­tem Legal Data­ba­se Infor­ma­ti­on Sys­tem (LeDIS) sind wir im Kon­text der regu­la­to­ri­schen Anfor­de­run­gen an den Han­del und das Clea­ring von Deri­va­ten Markt­füh­rer. LeDIS ver­bin­det die Funk­tio­nen einer struk­tu­rier­ten und revi­si­ons­si­che­ren Ver­trags- und Gut­ach­ten-Daten­bank in den Berei­chen Net­ting, Col­la­te­ral, Repo sowie CCP mit einer auto­ma­ti­sier­ten Prü­fung der Net­ting- und Besi­che­rungs­fä­hig­keit von Deri­vat­ge­schäf­ten. Die­se Anwen­dun­gen nut­zen vie­le gro­ße Insti­tu­te aus allen kre­dit­wirt­schaft­li­chen Sek­to­ren aus Deutsch­land, Öster­reich und der Schweiz. Wir stel­len mit LeDIS und BeDarV bereits seit nahe­zu 20 Jah­ren „Tools“ aus dem Legal­Tech bzw. rein digi­ta­li­sier­ten Anwen­dungs­be­rei­chen zur Verfügung.
Mit der ITGov Suite bie­ten wir dar­über hin­aus ein modu­la­res Infor­ma­ti­ons­sys­tem und Pro­zess­mo­dell zur Abbil­dung der bank­in­ter­nen IT-Gover­nan­ce. Wei­te­re digi­ta­le Lösun­gen betref­fen das Manage­ment von OpRisk und Rep­Risk, die Immo­bi­li­en­be­wer­tung und ‑ana­ly­se.

  • Eigent­lich sind dies alles klas­si­sche Merk­ma­le eines Digitalisierungsdienstleisters?

Heu­schen: Ich wür­de sagen: Ja und Nein. Für uns ist dabei die Digi­ta­li­sie­rung kein Selbst­zweck. Die Zusam­men­hän­ge in der digi­ta­len Welt sind eben­so kom­plex wie viel­fäl­tig und unter­lie­gen zudem einer fort­wäh­ren­den Dyna­mik unter- sowie zuein­an­der. Eine zen­tra­le Rol­le in der Digi­ta­li­sie­rung spielt für uns die Kom­bi­na­ti­on mit dem hoch­spe­zia­li­sier­ten Fach­wis­sen unse­rer Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter. Mit Pro­duk­ten wie RADAR, LeDIS, BeDarV oder auch spe­zi­el­len Lehr­gän­gen der Aca­de­my of Finan­ce erhal­ten unse­re Kun­den wei­ter­hin auch einen „hand­fes­ten“ Bera­tungs-Sup­port auf dem Weg in ein digi­ta­les Zeitalter. 

Die Digi­ta­li­sie­rung bie­tet uns durch die vie­len neu­en tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten neue Rah­men­be­din­gun­gen für ein effi­zi­en­tes und ver­netz­tes Arbei­ten, auch an ver­teil­ten Stand­or­ten. Dadurch, kom­bi­niert mit agi­len Arbeits­for­men, gewin­nen alle Betei­lig­ten mehr Raum für Inno­va­tio­nen, für bes­se­re Markt­po­si­tio­nie­run­gen und zukünf­ti­ge Produktinnovationen. 

Für uns ist die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on aber nicht Selbst­zweck, sie darf nicht der allei­ne Trei­ber für Ver­än­de­run­gen sein. Ich wür­de die­se The­ma­tik ger­ne ein wenig „ent­mys­ti­fi­zie­ren“, denn DIE digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on gibt es nicht, Ver­än­de­run­gen müs­sen dau­er­haft und auf allen Ebe­nen statt­fin­den. Den­noch ist es wich­tig, eine digi­ta­le Denk­wei­se in den Ver­än­de­rungs­pro­zess ein­zu­brin­gen, denn gera­de die neu­en tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten wer­den die bis­he­ri­gen Arbeits­wei­sen nach­hal­tig verändern.

  • Die deut­sche Ban­ken­auf­sicht will sich künf­tig ver­stärkt den The­men Block­chain, Big Data und Künst­li­che Intel­li­genz zuwen­den. Gibt es in Ihrem Haus eben­falls Über­le­gun­gen und Aktio­nen in die­se Richtung?

Hen­kel: Im Rah­men einer digi­ta­len Kam­pa­gne haben wir bereits diver­se Kon­zep­te ent­wi­ckelt, wel­che die Ban­ken im Zuge der fort­schrei­ten­den Digi­ta­li­sie­rung unter­stüt­zen sol­len. Dabei exis­tiert ein umfas­sen­des Pro­gramm für den revi­si­ons­si­che­ren Doku­men­ten­aus­tausch auf Basis eines geschlos­se­nen Block­chain-Sys­tems, das die Ver­trags­er­stel­lung, ‑ver­hand­lung und ‑ver­wal­tung aus einer Hand ermög­licht. Aus die­sem Modul sind bereits ers­te Bestand­tei­le, etwa der Ver­trags­ge­ne­ra­tor im Rah­men einer neu­en LeDIS-Ver­si­on, aus­ge­lie­fert wor­den. Die­se Eigen­ent­wick­lun­gen kön­nen durch Block­chain-Kom­po­nen­ten erwei­tert wer­den. Dar­über hin­aus beschäf­tigt sich eine abtei­lungs­über­grei­fen­de Pro­jekt­grup­pe – übri­gens im Rah­men eines öffent­lich geför­der­ten Pro­jekts – mit dem Ein­satz von Künst­li­cher Intel­li­genz, um unse­re Pro­duk­te in den Berei­chen Regu­la­to­rik und Com­pli­ance zu ver­bes­sern. Da sind wir bereits tief in den Reg­Tech-Bereich vorgedrungen.

Heu­schen: Und mehr noch: Wir ver­su­chen, die Digi­ta­li­sie­rung auch mit dem The­men­kom­plex Nach­hal­tig­keit in einen har­mo­ni­schen Ein­klang zu brin­gen. Das ist ein wei­tes Uni­ver­sum, aber viel­leicht so viel: Jüngst haben wir erst­mals eine Ent­spre­chens­er­klä­rung zum Deut­schen Nach­hal­tig­keits­ko­dex (DNK) vor­ge­legt. Das Bekennt­nis zum DNK ist Teil einer umfas­sen­den Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie, die unse­re Offen­heit für Nach­hal­tig­keits­the­men und lang­fris­ti­ge Ver­än­de­rungs­be­reit­schaft zei­gen soll.

Hirsch­mann: Das alles wird ver­wo­ben mit einem neu­en Außen­auf­tritt und einer Kom­mu­ni­ka­ti­ons­of­fen­si­ve, die wir im Herbst die­ses Jah­res star­ten wer­den. Das soll ein gro­ßer Big Bang wer­den – und der­zeit stop­fen wir das Kanonenrohr.

  • Mei­ne Her­ren, vie­len Dank für die­ses Gespräch.