Von Ralf Keuper
Wer sich über Jahre oder Jahrzehnte an bestimmte Abläufe, Begriffe und Kategorien gewöhnt hat, kann sich nur schwer davon trennen und sein Denkmuster der veränderten Realität anpassen. Auf dieses Dilemma wies Alfred Herrhausen in seinem Beitrag Denkmuster und Realität hin (Vgl. dazu: Denkmuster und Realitäten im Banking der Digitalmoderne (Alfred Herrhausen)). Statt sich den neuen Realitäten zu stellen, wird die Zeit darauf verwendet, an den Symptomen zu kurieren. Die Ursachen werden ausgeblendet. Es werde, so Herrhausen, nicht zu Ende gedacht; es wird allzu oft auf halber Strecke Halt gemacht. Im Banking führt das dazu, dass der Glaube überwiegt, die sog. digitale Transformation reiche aus, um das eigene Geschäft wie gewohnt fortführen zu können – nur eben digitaler.
In dieser Haltung werden die Banken von Beratern und Medienvertreten bestätigt. An den Denkmustern, die sich über Jahrzehnte gebildet und in den Köpfen, Abläufen und Geschäftsmodellen verfestigt haben, wird kaum gerüttelt. Wenn es gar nicht mehr anders geht, sucht man den Kontakt mit einem oder mehreren Fintech-Startups. Dass sich damit die fehlende Digitale Souveränität nicht zurückgewinnen lässt, wird weder thematisiert noch problematisiert.
Paradigmenwechsel im Banking
Es ist ein in der Geschichte häufig zu beobachtendes Phänomen, dass ein neues Paradigma, eine neue Sicht auf die Welt, von den etablierten Kreisen, die ein verständliches Interesse am Status Quo haben, so lange wie möglich bekämpft bzw. ignoriert wird (Vgl. dazu: New Banking wissenschaftshistorisch betrachtet). Es wird an alten Vorstellungen und Begriffen festgehalten, obwohl sich abzeichnet, dass sie nicht mehr ausreichen, um den Ver…